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Axis

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Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
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würden, zumal derlei Überwachungsgeräte zum größten Teil für den Einsatz im Krisengebiet requiriert worden seien, doch Turk hielt es für besser, möglicherweise überflüssige Vorkehrungen zu treffen, als sich zu verraten.
    Auf der Fahrt hatten sie über ihre Pläne gesprochen, das heißt Turk hatte über seine Pläne gesprochen, die Vierten waren weitaus weniger auskunftsfreudig gewesen. Turk und Lise wollten weiter nach Norden bis nach New Cumberland und von dort mit dem Bus über den Pharao-Pass zur Küste. Die Vierten würden weiterfahren bis – nun, bis wohin auch immer.
    Irgendwohin, wo sie sich um den Jungen kümmern konnten, hoffte Lise. Er war ein seltsames Kind. Seine Haare waren rostrot und kurz geschnitten – vermutlich von Mrs. Rebka mit einer Küchenschere –, seine Augen standen weit auseinander, was ihm etwas Vogelartiges verlieh, und die Pupillen waren golden gesprenkelt. Er hatte den ganzen Tag nur wenig gesprochen und schien irgendwelche Beschwerden zu haben, die Lise nicht so ganz verstand: Jedes Mal, wenn die Straße eine Kurve machte, reagierte er darauf entweder mit Stirnrunzeln und Stöhnen oder mit einem erleichterten Seufzen. Am späten Nachmittag hatte er Fieber bekommen – »schon wieder«, wie Mrs. Rebka sagte.
    Jetzt schlief Isaac auf dem Rücksitz des Jeeps, bei offenem Fenster, sodass etwas Gebirgsluft hereinkam. Die Sonne war verschwunden, und man hatte Lise gesagt, dass es in der Nacht unangenehm kalt werden könnte. Aber sie hatten Schlafsäcke mit extrem guter Wärmeisolierung, und wenn nötig konnte auch jemand im Auto schlafen. Obwohl kaum damit zu rechnen war, dass es regnete, hatte Turk eine Plane zwischen den Bäumen aufgespannt.
    Lise rührte den Eintopf um, während er Kaffee bereitete. »Das mit dem Flugzeug ist wirklich schade«, sagte sie.
    »Ich hätte es ohnehin verloren.«
    »Was machst du, wenn du wieder an der Küste bist?«
    »Kommt darauf an.«
    »Worauf?«
    »Auf so einiges.« Er sah sie mit leicht zusammengekniffenen Augen wie aus großer Entfernung an. »Wahrscheinlich fahre ich wieder zur See, falls sich nichts anderes ergibt.«
    »Oder wir gehen zurück in die Staaten.« Sie fragte sich, wie er das Wir wohl interpretieren würde. »Die Probleme, die du hattest, haben sich ja im Wesentlichen erledigt, oder?«
    »Die könnten schon noch mal aktuell werden.«
    »Dann machen wir eben was anderes.« Das Pronomen hing in der Luft wie eine noch unbeschädigte Piñata.
    »Müssen wir wohl.«
    Wir.
     
    Sie aßen zu Abend, während es um sie herum langsam dunkel wurde. Auf einem Baumstamm in einiger Entfernung unterhielt sich Diane Dupree angeregt mit der Marsianerin Sulean Moi, Turk kaute schweigend vor sich hin, und Anna Rebka bemühte sich, Isaac zum Essen zu bringen.
    Also nutzte Lise die Gelegenheit, um mit Dvali zu sprechen. Sie überließ Turk die Aufsicht über den Campingherd und setzte sich zu dem Wissenschaftler, der sie zwar missmutig, wie ein großer brauner Vogel, ansah, doch keine Einwände erhob. »Sie möchten über Ihren Vater reden?«, fragte er.
    Sie nickte.
    »Wir waren Freunde.« Es klang, als hätte er seine Worte einstudiert. »Wissen Sie, was ich am meisten an Ihrem Vater bewundert habe? Dass er seine Arbeit liebte ohne eine Spur von Engstirnigkeit. Er liebte sie, weil er sie in einem größeren Kontext sah. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Nein.« Ja – aber sie wollte es von ihm hören. »Nicht genau.«
    Dvali griff nach unten. »Was habe ich hier in meiner Hand?«
    »Erde? Blätter? Ein paar Käfer?«
    »Mutterboden, mineralische Rückstände, Schlick, zerfallende Biomasse. Bakterien, Pilzsporen – und zweifellos einige Insekten.« Er klopfte sich die Hand ab. »Wie auf der Erde, nur in den Details ein wenig variiert. Auf geologischer Ebene ist die Ähnlichkeit zwischen den beiden Planeten sogar noch augenfälliger: Granit ist Granit, Schiefer ist Schiefer, sie existieren hier nur in anderen Proportionen. Es gibt weniger Vulkanismus als auf der Erde, die Kontinentalplatten verschieben sich in einem anderen Tempo, die Sprungschicht zwischen dem Äquator und den Polen ist weniger steil. Doch das grundlegende Charakteristikum dieser Welt ist, dass sie der Erde so ähnlich ist.«
    »Weil die Hypothetischen sie für uns gebaut haben.«
    »Vielleicht nicht direkt für uns, aber ja, sie haben sie gebaut oder jedenfalls modifiziert, und dadurch wird unser Studium dieser Welt zu einer gänzlich neuen Disziplin. Es ist nicht einfach

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