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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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gesehen, und Holly sah dich auch, als du mit der Bestie durch den Schnee gerollt bist, während diese feigen Hunde herumsprangen wie verängstigte Kinder.«
    »Ich habe genug von deiner Magie«, sagte Leo scharf. »Kann ein Mann nicht eine Stunde allein sein, nicht einmal mit einem Schneeleoparden auf dem Berg? Und was diese tapferen Männer betrifft ...«
    In diesem Augenblick trat Oros herein, verneigte sich tief und flüsterte Ayesha etwas zu.
    »Was diese ›tapferen Männer‹ betrifft«, sagte Ayesha eisig, »so werde ich mich bald mit ihnen befassen.« Sie warf einen Schleier über ihren Kopf, denn sie erschien nie unverschleiert vor den Menschen der Bergstämme, und verließ den Raum.
    »Wo geht sie hin, Horace?« fragte Leo. »Zu einer ihrer Zeremonien im Tempel?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Doch wenn sie im Tempel sein sollte, so nur, um am Begräbnis dieses Häuptlings teilzunehmen.«
    »So?« sagte er scharf und eilte ihr hinkend nach.
    Eine Minute oder so später hielt ich es für besser, ihm zu folgen. In der Apsis sah ich eine seltsame Szene. Ayesha saß vor der Statue. Vor ihr knieten der muskulöse, rothaarige Häuptling und fünf seiner Männer, die noch ihre Jagdspeere in den Händen hielten. Sie blickten ängstlich zu Ayesha auf, die mit vor Wut funkelnden Augen auf sie herabstarrte. Etwas seitlich von ihr stand Leo, mit finsterer Miene, die Arme vor der Brust verschränkt. Er hatte, wie ich später erfuhr, bereits versucht, zugunsten seiner Jagdgefährten zu sprechen, und war von Ayesha zornig zum Schweigen gebracht worden. Im Hintergrund standen zwölf oder mehr Tempelwächter, große, kräftige Priester die mit Schwertern bewaffnet waren.
    Ayesha befragte die Männer jetzt mit vor Wut bebender Stimme, wie es dazu kommen konnte, daß der Leopard, dessen blutiges Fell ihr zu Füßen lag, Leo angriff. Der Häuptling antwortete, daß sie das Tier bis zu seiner Höhle zwischen zwei Felsen verfolgt hätten, daß einer von ihnen in die Höhle eingedrungen wäre und es verwundet hätte, worauf der Leopard herausgesprungen und ihn niedergerissen hätte; dann hätte Lord Leo ihn angegriffen, damit der Mann entkommen konnte, und auch er sei niedergerissen worden, habe den Leoparden jedoch nach kurzem Kampf mit seinem Jagdmesser töten können. Das sei alles.
    »Nein, das ist nicht alles!« sagte Ayesha eisig. »Ihr vergeßt, Feiglinge, die ihr seid, daß ihr euch in sicherem Abstand gehalten und meinen Herrn der Wut dieser Bestie ausgeliefert habt! Gut. Treibt sie auf den Berg hinauf, damit sie dort den Fängen der Raubtiere zum Opfer fallen, und laßt bekanntgeben, daß jeder, der ihnen Nahrung oder Obdach gibt, des Todes ist!«
    Ohne um Gnade zu bitten, ohne ein Wort des Einwandes, erhoben sich der Häuptling und seine fünf Jäger, verbeugten sich und wandten sich zum Gehen.
    »Bleibt noch einen Moment, Freunde!« sagte Leo. »Häuptling, gib mir deinen Arm! Mein verletztes Bein ist etwas steif geworden; ich kann nicht so schnell gehen. Ich werde die Jagd mit euch gemeinsam beenden.«
    »Was hast du vor?« fragte Ayesha erregt. »Bist du verrückt?«
    »Ich weiß nicht, ob ich verrückt bin«, antwortete er, »aber ich weiß, daß du böse und ungerecht bist. Ich will dir sagen, daß es keine tapfereren Männer auf Erden gibt als diese hier. Er ...« – Leo deutete auf den Jäger, den der Leopard angefallen hatte – »drang an meiner Stelle in die Höhle des Leoparden ein, denn ich hatte befohlen, daß wir ihn angreifen würden, und wurde niedergerissen. Da du alles siehst, hättest du auch dies sehen können. Dann griff das Tier mich an, und diese Männer, meine Freunde, sprangen um uns herum und warteten auf eine Gelegenheit, es töten zu können, ohne auch mich mit dem Speer zu durchbohren, doch es bot sich keine, da der Leopard und ich, miteinander verschlungen, über- und untereinander rollten. Deshalb packte einer von ihnen das Tier mit den bloßen Händen; du siehst die Spuren der Fänge an seinem Arm. Wenn sie also auf den Berghängen sterben sollen, dann werde ich, der an allem schuld ist, mit ihnen sterben.«
    Während die Jäger ihn mit Dankbarkeit und Bewunderung ansahen, dachte Ayesha eine Weile nach und sagte dann mit einem überlegenen Lächeln: »Wenn ich das alles gewußt hätte, Leo, mein Herr, könntest du mich zu recht böse und ungerecht heißen; doch ich wußte nur soviel, als ich sah, und auf Grund ihrer eigenen Aussagen habe ich sie verurteilt. Meine Diener,

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