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AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Was halten Sie davon?«
    »Ich überlege es mir«, sagte Mark ausweichend.
    »Tun Sie das.« Petri bewegte einen Moment unschlüssig die Hände und gab sich dann einen spürbaren Ruck. »Ich denke, es wird allmählich Zeit, wieder in die Praxis zu gehen. Meine Patienten warten.«
    »Möchten Sie etwas trinken?« fragte Marks Vater.
    Zu Marks Überraschung hob Petri die Schultern und sagte: »Warum nicht? Auf eine Minute kommt es nicht an. Aber wirklich nur einen Moment.«
    Petri verabscheute Alkohol, das wußte Mark. Wenn er sich in den letzten Jahren nicht radikal geändert hatte, dann konnte es für diesen kurzen Dialog zwischen ihm und seinem Vater eigentlich nur einen Grund geben: Die beiden hatten noch etwas miteinander zu besprechen. Etwas, das wahrscheinlich nicht für Marks Ohren bestimmt war.
    Während sein Vater zur Bar ging und zwei Cognacgläser füllte, glitt Marks Blick suchend durch das Zimmer und blieb schließlich wieder an dem Aktendeckel auf dem Schreibtisch hängen, und dann wußte er es.
    »Sie haben von Löbach gehört?« fragte er.
    In den beiden Cognacgläsern in den Händen seines Vaters fand ein winziges Erdbeben statt, und er wurde genauso blaß, wie Mark es vorhin gewesen sein mußte. Mark hätte Petri gar nicht mehr ansehen müssen, um zu wissen, daß er ins Schwarze getroffen hatte.
    »Löbach? Nein. Was ist mit ihm?«
    »Er ist tot«, antwortete Mark. »Selbstmord. Hat mein Vater Ihnen noch nichts erzählt?«
    Den Ausdruck auf Petris Gesicht als Entsetzen zu bezeichnen, wäre untertrieben gewesen, dachte Mark. Willkommen im Club. Sein Vater und er waren ganz eindeutig nicht die einzigen, die Geheimnisse hatten.
    »Selbst... mord?« krächzte Petri.
    »Die Polizei geht bisher davon aus«, sagte Marks Vater hastig. Er hatte sich wieder gefangen und war zwar noch blaß, zitterte aber nicht mehr. Doch die Bewegung, mit der er Petri das Cognacglas reichte, war viel zu heftig. Einige Tropfen der goldbraunen Flüssigkeit spritzten auf Petris Jacke. Er bemerkte es nicht einmal.
    »Ich wollte es Ihnen noch erzählen, aber nicht so... so u ndiplomatisch. « Er warf Mark einen ärgerlichen Blick zu. »Doktor Petri und Löbach sind seit dreißig Jahren befreundet, Mark.«
    »Oh«, sagte Mark betroffen. »Das... das habe ich nicht gewußt. Es tut mir leid.« Das war ehrlich gemeint. Mark war bestürzt. Er hatte einen Schuß ins Blaue abgeben, aber Petri nicht verletzen wollen.
    »Es gibt eine Menge Dinge, die du nicht weißt«, sagte sein Vater kühl. »Vielleicht fragst du mich das nächste Mal erst, ehe du redest.«
    »Selbstmord?« murmelte Petri verstört. Den kurzen Disput zwischen Mark und seinem Vater hatte er gar nicht mitbekommen. »Aber das... das kann doch gar nicht sein.«
    »Es ist bisher auch nur eine Theorie«, sagte Marks Vater. »Und ich glaube auch nicht daran. Wahrscheinlich war es ein Unfall.«
    Ja, dachte Mark, er hat sich ausgezogen, das Wort AZRAEL an die Wand geschrieben und sich dann vom Balkon gestürzt. Natürlich war es ein Unfall. Was soll es sonst gewesen sein? Die Worte lagen ihm auf der Zunge, aber dann blickte er wieder in Petris Gesicht und brachte es einfach nicht fertig, sie auszusprechen.
    »Es tut mir leid, daß Sie es so erfahren mußten«, sagte sein Vater.
    »Das ist... schon in Ordnung«, antwortete Petri. Er fand seine Fassung jetzt wieder, aber das war nur äußerlich. Mark bedauerte seine Worte zutiefst. Er hätte viel darum gegeben, sie zurückzunehmen. Seltsam, wie schwer es war, jemanden zu verletzen, wenn man es wollte - und wie leicht, wenn man es nicht wollte.
    »Ich muß jetzt wirklich gehen, fürchte ich.« Petri stellte das Glas auf den Schreibtisch zurück, ohne seinen Inhalt angerührt zu haben. »Wie gesagt: Meine Patienten warten. Ich komme am Abend dann noch einmal vorbei und sehe nach Marianne.«
    Er ging überhastet. Marks Vater begleitete ihn bis zur Tür, aber nicht hinunter zum Ausgang, sondern w artete nur, bis Petris Schritte auf der Treppe verklungen waren, ehe er sich mit einem Ruck wieder zu Mark herumdrehte. Seine Augen blitzten.
    »Bravo!« sagte er. »Das war wirklich eine Meisterleistung. Stellst du dir so dein Leben als Erwachsener vor, daß du her umlaufen und Leute vor den Kopf stoßen kannst, wie es dir beliebt?«
    »Ich wollte es nicht«, verteidigte sich Mark. »Ich wußte nicht, daß —«
    »Du weißt eine ganze Menge nicht«, unterbrach ihn sein Vater. Er hob nicht einmal die Stimme, aber das mußte er auch nicht. Er

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