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Azrael

Azrael

Titel: Azrael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Killough-Walden
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Wesens. Diesen Aspekt hatte er bisher nicht bedacht. Etwas Grausames drohte, sich in ihm zu regen. Etwas Bösartiges, Egoistisches, Hungriges.
    Während er ihr durch einen Torbogen folgte, nickte er fast unmerklich einem Vampir in der Uniform eines Platzanweisers zu, der ein Ehepaar mit Kindern höflich zu den Sitzen führte. Genauso unauffällig nickte auch der Vampir, Sekundenbruchteile respektvolle Glut in den Augen, um seinen König zu ehren.
    Im ganzen Stadion hatten sich auf Azraels Befehl Vampire verteilt, zum Schutz einer ganz besonderen Frau.
    Nun trat Az an Sophies Seite und nahm ihren Arm. »Hier entlang.« Er führte sie zu dem richtigen Aufzug, froh, dass sie den Weg nicht kannte und er einen Vorwand hatte, um sie zu berühren. Automatisch öffneten sich die Türen des Lifts.
    Zwei Etagen höher, in der Loge mit dem besten Ausblick, genoss seine Band das Eishockeyspiel. Sophie würde nicht erwarten, dort sämtliche Mitglieder von Valley of Shadow anzutreffen. Wahrscheinlich würde sie das umhauen, wenn er sie nicht warnte. Bei diesem Gedanken musste er lächeln. Der Schock wäre noch viel größer, wenn sie wüsste, dass sie alle Vampire waren. Das würde er ihr nicht erzählen.
    Einen nach dem anderen hatte er verwandelt, jeden aus speziellen Gründen. Natürlich hatten sie damals in keiner Band zusammen gespielt. Der Gitarrist Uro stammte aus Ägypten. Dort hatte Az ihn nur wenige Jahre nach seiner Ankunft auf dem Planeten kennengelernt. Uro war ein Prinz gewesen, wegen seiner ungewöhnlichen Größe und Schönheit erwählt, und Azraels erster Vampir. 1570 hatte er den Keyboarder Mikhail in Russland verwandelt. Den Bassgitarristen Rurik, einen Wikinger, hatte Az 918, vor der Jahrtausendwende, den Klauen der Sterblichkeit entrissen. 1687 war der Schlagzeuger Devran, ein Türke, zum Vampir geworden, während einem der zahlreichen russisch-türkischen Kriege, die im Lauf der Jahrhunderte stattgefunden hatten.
    Niemals kehrte Az den König hervor. Vielmehr genoss er die Achtung der Vampire als ihr Schöpfer. Und weil sein Blut in den Adern jedes Einzelnen floss, sahen sie in ihm ihren Gebieter. Wer Sophie war, wussten sie. Was sie nicht nur für Azrael, sondern für sie alle bedeutete. Ein König brauchte eine Königin. Und die meisten fanden, es wäre an der Zeit.
    Wie überaus kostbar Sophie war, der Sternenengel des Todesengels, wussten sie. Alle Untoten in Azraels Gefolge lebten notgedrungen in der Finsternis und hüteten ein großes Geheimnis. Sollten sie jemals das Glück haben, einem Geschöpf zu begegnen, das die Last dieses Geheimnisses von ihren Schultern nehmen und sie aus dem ewigen Dunkel holen konnte, würden sie bis zu ihrem Tod kämpfen, um dieses Wesen zu schützen.
    »Also, warum sind Sie hier, Az?«, wiederholte Sophie ihre Frage und gab ihm damit Gelegenheit, die Band zu erwähnen.
    »Ich schaue mir mit den Jungs das Spiel an. In der Zwischenzeit checkt Max mit der Sound-Crew das Heinz-Field-Stadion«, log er. »Da treten wir in ein paar Wochen auf, wegen des großen Publikums …«
    »Wegen der paar Fans?«, scherzte sie.
    »Genau.« Az grinste. »Die müssen wir unterbringen.«
    »Wow«, wisperte sie. Das gigantische Footballstadion fasste sechzigtausend Leute. Darin hatten die berühmtesten Bands der Geschichte gespielt, ohne es bis auf den letzten Platz zu füllen. Was Valley of Shadow jedoch ohne Zweifel gelingen würde. »Moment …« Plötzlich erstarrte sie vor Verblüffung. »Heißt das – die ganze Band sitzt da oben?« Ihre Stimme bebte.
    Die Antwort konnte er sich sparen, denn als die Aufzugtüren auseinanderglitten, standen sie auch schon in der Loge.

7
    Sophie musste sich zusammenreißen, damit sie nicht in den Lift zurückwich. So mühsam hatte sie gegen die Faszination, die der Rockstar und Erzengel auf sie ausübte, angekämpft, und dann war er wie aus dem Nichts aufgetaucht, ein paar tausend Meilen vom Ort der ersten Begegnung entfernt, und hatte alle ihre Anstrengungen zunichtegemacht. Jetzt präsentierte er ihr nicht nur seine bezwingenden Reize, sondern auch noch seine grandiose Band.
    Als die Jungs aufstanden und sich ihr zuwandten, konnte sie kaum atmen. In ihrem Rücken spürte sie die Hand Azraels, der sie in die Loge schob. Vielleicht wusste er, dass sie aus eigener Kraft kaum zu gehen vermochte. Ihre Füße schlurften über den Teppich. Aber irgendwie schaffte sie es.
    Heiliger Himmel, dachte sie halb benommen. Sogar ihre innere Stimme klang zu schrill. Sie

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