Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)
werden.“
„So, so, das hast du also gewettet?“
„Ja, und er hat die Wette gewonnen, denn er hat sie herausgeholt, ohne ins Wasser zu springen. Das ist doch lustig, oder?“
„Ja, Liebes, das ist wirklich lustig.“ Aber stimmt es wirklich, dass du mit ihm gewettet hattest? , ging es ihr durch den Kopf.
„Ja, Mami, es stimmt.“ Sarah hatte d ie Gedanken ihrer Mutter belauscht und hörte, was sie gerade dachte.
„Ich bin aber fest davon überzeugt, dass du dahinter steckst. Wieso ärgerst du die Enten? Kannst du sie nicht einfach in Ruhe lassen? Sie haben dir nichts getan. Es sind schöne, kleine Wassertiere, an denen wir uns erfreuen sollten. Stattdessen quälst du sie. Das darfst du nicht. Und den Unsinn mit dem Hund kannst du Deinen Klassenkameraden erzählen, aber nicht mir. Ich glaube so etwas nicht. Hunde holen keine Enten aus dem Wasser.“
Sarah war enttäuscht, dass ihre Mutter ihr nicht glaubte. „Aber Mami, er hat wirklich mit mir gewettet. Er kann in meinem Kopf sprechen . Ich lüge nicht. Versuch doch auch mal, mit ihm zu reden. Er hört dir bestimmt zu. Sag ihm, dass er mit dem Schwanz wedeln soll.“
„Sarah, das ist Unsinn. Hunde konnten noch nie nachdenken. Unser Hund kann das auch nicht“, antwortete Sally und wurde langsam aber sicher sauer.
Sarah merkte, dass gerade der Punkt eingetreten war, an dem sie besser den Mund hielt.
War an der Geschichte vielleicht doch ein Funken Wahrheit? War Don Camillo ebenfalls in der Lage, sich in andere Tiere einzuloggen und deren Handeln zu manipulieren? Hatte er tatsächlich gelernt, sich hinterrücks in fremde Gedankenwelten einzuschleichen und Handlungen zu bewirken, die das Opfer gar nicht durchführen will?
Es vergingen ein paar Minuten des Schweigens. Die Erwachsenen genossen das Planschen der Enten am Ufer, Sarah schoss wie ein Golfer Steine ins Wasser und versuchte, sich selbst zu übertrumpfen. Der beste Schlag, der ihr gelang, beförderte den Kieselstein ungefähr zehn Meter ins Wasser. Eine beachtliche Leistung für eine Sechsjährige.
Sally versuchte währenddessen, möglichst unauffällig in Don Camillos Gedankenstrom einzudringen. Eigentlich hielt sie die Geschichte ihrer Tochter für Unsinn, aber man konnte ja nie wissen. Vielleicht war doch ein Funken Wahrheit daran. Sie konzentrierte sich, überspielte ihre Anstrengung aber geschickt, indem sie so tat, als wäre sie in ihrer Traumwelt versunken. Ihre Tochter sollte auf keinen Fall mitbekommen, dass sie deren Wunsch Folge leistete. Don Camillos Kopf war ihr Ziel, doch dieses wollte sich einfach nicht erreichen lassen. Merkte der Hund etwas von ihren Versuchen, in ihn einzudringen? Plötzlich schoss ihr durch den Kopf: Warum tust du das? Folge doch nicht den verrückten Fantasien einer Sechsjährigen. Unterlass diesen Unsinn. Wenn dich deine Freunde erwischen, wirst du ausgelacht. Dennoch wollte sie herausfinden, ob sie in der Lage war, einem Tier ihren Willen aufzuzwingen.
Plötzlich w edelte Don Camillo mit seinem Schwanz. Sally zuckte heftig zusammen. Vor lauter Schreck riss sie ihre Augen auf. Schlagartig erhöhte sich ihr Puls auf das Doppelte. „Er hat mit dem Schwanz gewedelt, verdammt“, sagte sie voller Enthusiasmus, aber ebenso stark erschreckt. Sofort wollte sie vertuschen, dass sie selbst dies bewirkt hatte. „Das war ich nicht“ stammelte sie sofort. Er freut sich bestimmt nur.“
„ Super, Mami, du hast es geschafft!“, jubelte Sarah. Trotz ihres Stein-Golfspiels bekam sie genau mit, was ihre Mutter soeben veranstaltet hatte. Fast machte es den Eindruck, als hätte sie das Golfspiel bloß zum Tarnen ihres Vorhabens benutzt. Sie wollte ihrer Mutter das Gefühl verschaffen, nicht beobachtet zu werden.
„Nein, Hunde wedeln schon mal unverhofft mit ihrem Schwanz. Vielleicht hat te er etwas entdeckt, was ihn erfreut hatte. Ich habe wirklich nichts getan.“
„Ach, so“, antwortete Sarah aus taktischen Gründen. Vielleicht würde ihre Mutter es noch einmal ausprobieren. Sie sollte nicht merken, dass ihre Tochter sie beobachtete.
Sally wollte nicht glauben, was sie gesehen hatte, also probierte sie tatsächlich nach einer Weile erneut, den Hund zu einer Bewegung zu zwingen. Diesmal konzentrierte sie sich darauf, dass er mit der vorderen, rechten Pfote sein Ohr kratzen sollte. Auch diesmal dauerte es wieder eine Weile, doch er gehorchte ihren Befehlen. Ob der Hund merkte, dass er manipuliert wurde? Vielleicht war es ihm aber auch
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