Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)
mehr auf direktes Ansprechen. Carla und Clarence saßen reglos am Wohnzimmertisch und sahen sich gegenseitig an.
Nachdem Clarence sein Gewehr vorgeführt hatte, loggte sie sich in sein Gehirn ein und befahl ihm, langsam von hundert bis null rückwärts zu zählen. Wenn er bei null angekommen war, sollte er den Abzug betätigen. Sie befahl ihm, den Lauf des Gewehres direkt unter sein Kinn in Richtung Gehirn zu halten. Mit der linken Hand hielt er das Ende des Laufs fest, mit dem rechten Daumen befand er sich direkt vor dem Abzug. Da sich momentan keine weitere Person im Wohnzimmer befand, konnte ihn niemand davon abhalten.
Carla verließ nun das Wohnzimmer und auch das Haus. Sie verabschiedete sich nicht, sondern ging zielstrebig nach Hause. Noch bevor sie aus ihrem traumartigen Zustand erwachte, erschütterte ein gewaltiger Knall das Haus der Nachbarn. Opa Clarence krachte ohne Kopfoberhälfte auf den Fußboden. Den Knall hatte er nicht mehr gehört. Bevor der Schall an seinen Ohren ankam, befand sich sein Gehirn an der Zimmerdecke des Wohnzimmers. Es war ein grauenhafter Anblick. Sofort lief eine große Menge Blut aus der verbleibenden Kopfhälfte auf den Fußboden und bildete dort eine dunkle, warme Pfütze.
Opa Clarences Tat verstand niemand. Sie hatten ihn immer für einen lebenslustigen Mann gehalten. Dass er sich das Leben genommen hatte, war sicher die Folge seines Alters.
Vernetzung
Nach einem Tag, der prall gefüllt mit unangenehmen Erlebnissen war, folgte die Nacht, die sicher wieder böse Überraschungen mitbrachte. Meist waren es Albträume, die ihnen die Nachtruhe vermiesten. Schweißausbrüche aus unerklärlichen Gründen und verkrampfte Muskeln gehörten ebenfalls dazu. Doch heute sollte es eine Steigerung geben.
John , Carla, Franklyn, Sally, Sarah und Don Camillo wurden komplett untereinander vernetzt. Sie wurden nicht mit Kabeln verbunden, sondern über ihre besondere Gabe, die mithilfe von Gehirnwellen ein Theater der ganz besonderen Art schaffte. Ihre Hirnwellen waren in der jetzt folgenden Nacht allesamt in einem virtuellen Raum vereinigt. Jeder konnte auf jeden zugreifen. In der Mitte des Raums stand so etwas wie ein Server. Dieser Server sah allerdings nicht aus wie ein PC, sondern wie ein azurblau leuchtender Wackelpudding. Er schickte keine Dateien von A nach B, sondern unvorstellbar grausame Bilder in Form von realistischen Erlebnissen, die er in die Gehirne seiner Opfer projizierte. Dieses blau leuchtende Wesen war in der Lage, realistische Erlebnisse vor das geistige Auge des Opfers zu zaubern. Diese Erlebnisse waren dabei so täuschend echt, dass die Freunde glaubten, die suggerierte Geschichte tatsächlich zu erleben.
Nun wurde ihnen alles vorgespielt, was sie in den letzten Tagen erlebt hatten. Dabei schlüpften sie jeweils in die Rolle des Opfers, das das Erlebnis tatsächlich durchlebt hatte. Wie Marionetten konnten sie sich nicht dagegen wehren, die jeweilige Geschichte zu erleben. Die Fäden zog die azurblaue Gewalt. Sie lernten vorgetäuschte Charakterzüge der Anderen kennen, die das bisher aufgebaute Bild der Person völlig verzerrten. Die Bereitschaft zur Gewalt und Skrupellosigkeit führte zur gegenseitigen Verabscheuung.
Als erstes erschien Franklyn auf der geistigen Leinwand. Sie konnten allerdings nicht ihn sehen, sondern nur das, was er mit seinen Augen wahrnahm. Doch jeder wusste sofort, wen er momentan erlebte. So fühlte sich jeder Zuschauer, als wäre er oder sie in Franklyn. Er wollte sich anfangs seiner Fähigkeit entledigen, doch als er einen Pöbler in der Stadt quälte und dabei große Lust empfand, änderte sich seine Einstellung zu seiner Gabe. Er zwang ihn dazu, mit dem Gesicht gegen einen Laternenpfahl zu rennen. Dabei wurde sein Nasenbein gebrochen. Blut lief über das Gesicht des Pöblers. Franklyn trat ihm anschließend in die Weichteile, erzeugte grausame Schmerzen, zwang ihn dazu, sich mit Scherben die Pulsadern aufzuschlitzen und holte schließlich noch ein paar Jugendliche, die Springerstiefel trugen, hinzu, die ihn im Finale schließlich zertrampelten. Franklyn genoss das Quälen in vollen Zügen.
Sie sahen und fühlten, wie Franklyn genüsslich ein en Bahnfahrer dazu zwang, sein tonnenschweres Fahrzeug gegen einen Lieferwagen donnern zu lassen. In diesem Traum hatte der Lastwagen Sprengstoffe anstatt Gasflaschen geladen. Die Explosion war noch wesentlich heftiger, als sie durch die Gasflaschen gewesen war. Häuser stürzten ein, hunderte
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