Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)
herrlich duftete. Die Nachbarn, die diesen Duft vernahmen, waren sicherlich neidisch, sofern sie nicht selbst gerade grillten.
Plötzlich erhob sich Carla, spuckte den Grashalm aus und drehte sich zu ihren Freunden um.
„Wir alle verfügen über eine seltsame , aber sehr nützliche Gabe. Wir können uns gegenseitig mühelos die Gedanken auslesen. Ihr müsst noch nicht einmal in der jeweiligen Nähe sein, um dies zu tun. Selbst Entfernungen von mehreren Meilen können wir mittlerweile überbrücken, ohne Schwierigkeiten dabei zu haben. Mit ein wenig Übung können wir uns vermutlich in die Gehirne völlig fremder Menschen bohren, ohne dass diese es mitbekommen. Wir haben mittlerweile vermutlich alle gelernt, wie wir feststellen, dass wir gerade belauscht werden. Für uns ist dies äußerst praktisch, denn Lauschangriffe Fremder müssen wir dadurch nicht fürchten.“ Carla legte eine rhetorische Pause ein, wurde aber unterbrochen.
„Ja, Carla, das stimmt. Aber was willst du uns damit sagen? Es ist nichts, was wir noch nicht wissen“, fragte Sally. „Oder folgt das, was du uns sagen willst, jetzt im Anschluss?“ Sally stellte fest, dass sie ihre Freundin Carla beim Reden auf unhöfliche, trotzige Weise unterbrochen hatte. Sofort tat es ihr leid, aber sie gab sich nicht die Blöße, sich zu entschuldigen.
„Wenn ich nicht wüsste, dass es dir leid tut, wäre ich jetzt sauer auf dich“, antwortete Carla. „Du weißt, ich kann auch deine Gedanken lesen. Jetzt habe ich den Faden verloren.“
„Das tut mir leid. Entschuldigung“, sagte Sally g eknickt und mit gerötetem Gesicht. Sie hatte schlichtweg nicht darauf geachtet, dass sie soeben belauscht worden war.
„Glaubt Ihr auch, dass wir die Einzigen auf der Welt sind, die über diese Fähigkeiten verfügen?“
„Ich habe bisher noch nie gehört, dass ein anderer Mensch so etwas oder ähnliche Dinge beherrscht“, antwortete Franklyn aus seiner liegenden Position heraus. „Warum machst du dir plötzlich Gedanken darüber?“
„Ich frage mich, warum ausgerechnet wir damit ausg estattet wurden. Warum ist es nicht der Nachbar, oder ein Mensch aus einem völlig anderen Land?“
„Das ist ganz einfach“, antwortete Sally. „Wenn es j emand anderes könnte, würde sich ein anderer Mensch die Frage stellen, warum er es kann. Es wäre die gleiche Situation, nur eine andere Person.“
John steckte sich gerade etwas Fleisch auf seine Gabel. Er wollte es zum Mund führen, als er die Gabel plötzlich fallen ließ. Es fiel zu seinem Ärger seinem Hund direkt vor die Schnauze und landete im Gras. Nach einer Sekunde hatte dieser es bereits aufgefressen. Seine Freunde mussten unweigerlich über ihn lachen, doch er selbst verfügte momentan nicht über genügend Humor, um mitzulachen. Schließlich war es ein leckeres, fettfreies Stück seines Steaks gewesen, das soeben im Rachen eines hungrigen Hundes verschwunden war.
„Ich habe die Gabel nicht freiwillig fallen lassen. J emand hat mich gezwungen, meine Hand zu öffnen“, rechtfertigte er sich.
„Aber sicher“, sagte Franklyn ironisch und grinsend. „Wir sind in der Lage, deine Hand zu bewegen. Wir haben gelernt, Gedanken zu lesen, aber jemanden dazu zu bewegen, etwas zu tun, was er nicht will… ich glaube, du traust uns ein wenig zu viel zu.“
„Franklyn, es war ganz sicher so. Ich lasse doch nicht freiwillig das beste Stück meines Steaks in den Schmutz fallen, um den Hund damit zu füttern. Du weißt selbst, wie gern ich Fleisch esse.“
Erneut mussten seine Freunde lachen. Sie schüttelten sich vor lauter Heiterkeit , was John gar nicht gefiel. Als Carla sein verdutztes Gesicht sah, fiel ihr fast selbst die Gabel aus der Hand, so heftig kicherte sie.
Sarah hingegen verging gerade das Lachen, denn sie hatte genau in dem Moment, als John die Gabel fallen hatte, daran gedacht, dass der leckere Fleischbrocken dem Hund doch wesentlich besser schmecken könnte. In ihren Gedanken hatte sich Johns Hand geöffnet und hatte auf diese Art und Weise Don Camillo erfreut. Dass es tatsächlich funktioniert hatte, schockierte sie jetzt.
„Sarah, du guckst ziemlich seltsam. Steckst du etwa dahinter? Hast du mich dazu gezwungen, die Gabel fallen zu lassen?“
„Nein, ähm, ich habe nichts damit zu tun“, antwortete sie stotternd. Ihr Gesicht verfärbte sich spontan intensiv rot. Schnell wandte sie sich ab, damit John es nicht entdeckte. Sie blickte unter den Tisch, streichelte Don Camillo und redete mit
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