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Titel: B00BOAFYL0 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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Aufmerksamkeit zu erregen. Für Journalisten ist Schweigen nur selten Gold.
    Bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen ich um 6.42 Uhr in den Zug nach New York stieg, sah ich mir voller Verwunderung die Horden deprimierter Business-Pendler an (die alle offenbar lieber woanders gewesen wären), wie sie sich eifrig in das Wall Street Journal vertieften, um Nebensächlichkeiten über Unternehmen zu erfahren, die zum Zeitpunkt der Drucklegung vermutlich gar nicht mehr existierten. Tatsächlich ist schwer zu unterscheiden, ob sie deprimiert wirken, weil sie die Zeitung lesen, oder ob vielleicht depressive Menschen dazu neigen, Zeitung zu lesen, oder ob Menschen, die außerhalb ihres genetischen Habitats leben, sowohl Zeitung lesen als auch schläfrig und deprimiert wirken. Während ich jedoch zu Beginn meiner Karriere diese Fokussierung auf reine Nebengeräusche als intellektuellen Affront empfunden hätte, da ich solche Informationen als statistisch zu wenig signifikant für sinnvolle Schlussfolgerungen abgelehnt hätte, empfinde ich sie heute als sehr befriedigend. Inzwischen freue ich mich, wenn ich eine solche Menge aberwitziger Entscheidungsträger sehe, die nach der Zeitungslektüre in ihren Börsenorders zu Überreaktionen neigen. Mit anderen Worten: Heute betrachte ich die Tatsache, dass Menschen dieses Zeug lesen, als Versicherung dafür, dass ich meine Laufbahn im unterhaltsamen Optionshandelsgeschäft fortsetzen kann, indem ich gegen die Narren des Zufalls wette. (Sie brauchen schon ein gehöriges Maß an Selbsterkenntnis, um zu erkennen, dass die vielleicht dreißig Stunden, die Sie im letzten Monat mit der »Analyse« der Nachrichten verbracht haben, sich weder auf Ihre Prognosefähigkeit im letzten Monat noch auf Ihr aktuelles Weltwissen ausgewirkt haben. Dieses Problem ähnelt unserer Schwäche bei der Korrektur früherer Fehler Wie bei einer Mitgliedschaft im Fitnessclub – nach einem guten Vorsatz für das neue Jahr – glauben die Menschen häufig, dass die nächsten Meldungen ihr Verständnis der Dinge wirklich nachhaltig verbessern werden.)

Wiedersehen mit Shiller
    Viele Gedanken zum negativen Wert von Informationen für die Gesellschaft im Allgemeinen stammen von Robert Shiller. Seine Abhandlung aus dem Jahr 1981 war möglicherweise die erste mathematisch formulierte Untersuchung der Art und Weise, wie die Gesellschaft mit Informationen umgeht – und zwar nicht nur an den Finanzmärkten, sondern generell. Shiller machte sich mit seinen Ausführungen zur Volatilität der Märkte 1981 einen Namen. Seine Schlussfolgerung lautete: Wenn ein Aktienkurs der geschätzte Wert einer »Größe« (zum Beispiel der diskontierten Cashflows eines Unternehmens) ist, unterliegen die Börsenkurse gegenüber den physisch greifbaren Ausprägungen dieser »Größe« (als Beispiel nannte er Dividenden) großen Schwankungen. Die Kurse zeigen größere Ausschläge als die Fundamentaldaten, die sie angeblich repräsentieren. Bisweilen erleben sie klare Überreaktionen in Form von übermäßigen Kurssteigerungen (wenn Kurse bei positiven Nachrichten in Schwindel erregende Höhen schnellen oder ohne ersichtlichen Grund steigen). Bei anderen Gelegenheiten fallen sie zu tief. Das Volatilitätsgefälle zwischen Kursen und Informationen hat laut Shiller zur Folge, dass das Konzept der »rationalen Erwartungen« in irgendeiner Hinsicht nicht zutrifft. (Die Kurse spiegeln den langfristigen Wert eines Wertpapiers nicht rational wider, weil sie in jeder Richtung Übertreibungen unterliegen.) Die Märkte mussten sich irren. Shiller erklärte, dass die Märkte nicht so effizient seien, wie die Finanztheorie es uns glauben machen will (auf einem effizienten Markt sollten sich die Preise so an alle verfügbaren Informationen anpassen, dass dies für uns Menschen völlig unvorhersehbar ist und eine Gewinnerzielung unmöglich macht). Diese Schlussfolgerungen ließen bei den religiösen Orden der Hochfinanz den Ruf nach der Vernichtung dieses Ungläubigen laut werden, weil er so ketzerische Reden schwang. Interessanterweise handelt es sich aufgrund eines seltsamen Zufalls um den gleichen Shiller, auf dem George Will im letzten Kapitel herumhackte.
    Der größte Kritiker Shillers war Robert C. Merton. Dessen Angriffe stützten sich auf rein methodenbezogene Argumente (Shillers Analyse war sehr grob; beispielsweise wies seine Verwendung von Dividenden anstelle von Gewinnen spürbare Schwächen auf). Merton verteidigte auch die offizielle

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