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Eukalyptus immer lästiger wurde. Sobald Melchior in meiner Nähe war, musste ich den Affen wie ein wildes Tier wegsperren, um zu vermeiden, dass er Melchior angriff. In den Wintergarten konnten wir ihn auch nicht sperren, weil er die Vögel jagte und die Fische weg fing. Wir hatten es schwer mit ihm. Es war nicht besonders lustig, wenn sich unsere Schlafzimmertür wie von Geisterhand öffnete, und wir wie zu Salzsäulen erstarrt, unseren Liebesreigen unterbrechen mussten, nur weil der Affe die Türen aufschließen konnte.
Aber viel schlimmer war, wenn sich Eukalyptus an den Sicherheitsanlagen zu schaffen machte und das Anwesen mehrmals am Tag zum Aufheulen brachte, und kurze Zeit später der Sicherheitsdienst das Haus umstellte. Das haben die guten Leute zweimal hinter einander gemacht, beim dritten Mal waren die Affen, wie selbstverständlich, von einem Affenalarm ausgegangen. „Aber was wäre in einem Ernstfall gewesen?“, fragte ich mich. Bedauerlich, aber meine Sehnsucht hielt sich in Grenzen, was ich natürlich vor allem Melchior zu verdanken hatte, der mich im Verlauf der Jahre auch weiterhin stetig aufs Neue überraschte und mich hinreißend verwöhnte.
K apitel 13
Zu meinem 30. Geburtstag schenkte er mir mein Traumauto. Einen knallgelben gebrauchten Porsche Carrera 85 Baujahr. Melchior konnte zwar nicht so recht verstehen, dass ich die alte Knatterkiste, wie er sagte, wahnsinnig niedlich fand, aber er teilte meine Freude.
Auch noch, als ich ein paar Tage später mit dem Abschleppwagen vorgefahren kam. Ich hatte einen Getriebeschaden verursacht, weil ich versehentlich die Gänge verwechselt hatte. Na ja, das kann ja mal passieren, hat te er gesagt und mir feixend auf die Schulter geklopft.
Ich war froh, dass Melchior so gelassen reagierte . Deswegen habe ich mich auch ohne Einwände dazu bereit erklärt, mit ihm gemeinsam den längst überfälligen Besuch bei seinen Eltern abzustatten. Eine Zeit lang hatte ich mich versucht davor zu drücken. Das war nicht schwer, da Melchior ebenfalls keinen sonderlichen Wert darauf legte, obwohl ihn seine Mutter schon seit einem Jahr in den Ohren lag. Melchiors Eltern hatten sich vor ein paar Jahren zur Ruhe gesetzt und wohnten nicht mehr in dem Haus in dem sich das Juweliergeschäft befand, sondern hatten sich in der Lüneburger Heide einen Altersruhesitz gekauft.
Nun war es soweit . Die Osterfeiertage standen bevor und Melchior gab den Drängen seiner Mutter nach.
„ Wie ist deine Mutter eigentlich so?“, wollte ich wissen, um ein geeignetes Gastgeschenk für sie auszuwählen.
„ Na ja, wie Mütter eben so sind“, war seine lapidare Antwort.
Melchiors Mutter war 6 9 Jahre alt, und so stellte ich mir natürlich eine gemütliche ältere Dame vor, die sich den ganzen Tag um unser leibliches Wohl sorgte und deren Konversation sich auf Krankheiten, Kochrezepte, Strickmuster und das sachgemäße Einwecken von Obst und Gemüse beschränkte. Eine liebenswerte Oma eben, mit grauen Löckchen, bequemen Lammfellpantoffeln und adretter Schürze. Deswegen suchte ich nach einem Geschenk, das meiner imaginären Vorstellung von einer Bilderbuchoma entsprach und entschied mich für ein exklusives Kochbuch mit dem wohlklingenden Titel Großmamas Kochlöffel . Eine Sonderedition, in Ledereinband und goldener Schriftprägung auf dem Buchdeckel. Ich wickelte das Prachtexemplar in ein dezentes Geschenkpapier und verzierte mein Geschenk liebevoll mit verschiedenfarbenen Geschenkbändern. Ich war mir ganz sicher, die richtige Auswahl getroffen zu haben, so dass ich es als überflüssig erachtete Melchior davon zu berichten.
Aber als wir vor der Einfahrt des Landhauses standen und zusahen, wie das Tor elektrisch seine Pforten öffnete und ich das feudale Anwesen betrachtete, das hinter zwei wuchtigen Blautannen hervorleuchtete , und dessen Garten mehr an eine Parkanlage als an einen Gemüsegarten erinnerte, kamen mir die ersten Bedenken.
Meine Unsicherheit verstärkte sich zunehmend, als die Haustür sich öffnete und uns eine Hausangestellte in einer weißen Schürze und einer dunkelblauen Bluse gegenüberstand. Sie sah aus wie die Verkäuferin aus der Dalmeyer Werbung. Nur fehlte ihr das ergebene Lächeln, mit dem die Dalmeyer Dame den leckeren graumelierten Knackfrosch anlächelt, während sie die Kaffeetüte gewissenhaft zusammenfaltet. Eine Szene, die mich immer wieder sehr tief berührte und jeder alt gedienten Emanze einen wohlgefälligen Stoßseufzer entlocken
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