Babel 2 - Dämonenfieber
ihnen der schwere Geruch nach Parfüm, Zigaretten und Alkohol entgegen. Der Geräuschpegel sprang schlagartig an, und die Lichter brannten auf der Retina. Plötzlich standen sie mitten im Getümmel, das von draußen nicht zu erahnen gewesen war.
Neugierig sah sie sich um, während Menschen an ihnen vorbeidrängten und ihr Lachen in den Ohren dröhnte. Vor ihnen lag ein langer, breiter Flur, der am hinteren Ende um eine Ecke führte. Der Fußboden war mit schwarz-weißen Fliesen ausgelegt, und die Wände schimmerten feucht silbrig. Rechts und links gingen Türen ab, die keine Schlösser besaßen, nur Klinken. Der Gang war mit kühlem lilafarbenem Licht ausgeleuchtet, und aus den Lautsprechern drang schnelle Musik, deren Bässe sich auf Babel übertrugen.
Junge Frauen mit Tabletts eilten hin und her, und obwohl ihre Kostüme eng anlagen, hätten sie auch in einem schickeren Restaurant arbeiten können. Ihre Outfits waren zwar sexy, aber nicht vulgär. Ihr Lächeln wackelte keine Sekunde.
Forschende Blicke streiften Babel und Sam, manches einladende Lächeln wurde in ihre Richtung gesandt, und hin und wieder streiften fremde Hände ihre Arme.
Welche Leidenschaften sie wohl bei dir vermuten?
Babels Neugier drängte sie dazu, sich der ersten Tür zu nahem, worüber Sam lächelte. Er machte eine Handbewegung, die wohl heißen sollte: Nur zu.
Leicht und leise schlugen ihre Finger auf die Klinkenspitze, bevor sie die Tür mit der Fußspitze aufschob und einen Blick hineinwarf. Der Raum sah aus wie eine Hotellounge. Schummriges Licht, kleine Tische und weiche Ledersofas, auf denen sich angeheiterte Leute tummelten. An einer Stange am anderen Ende des Raums tanzte eine gut trainierte Brünette mit nichts als einem Tanga zu einer Melodie, die vermutlich nur sie hörte, denn für die Musik aus den Lautsprechern bewegte sie sich zu langsam. Schwere Rauchwolken zogen durch die Luft, und auf den ersten Blick hätte man die Szenerie auch für eine Tabledancebar halten können.
»Willst du vielleicht erst mal was trinken?«, flüsterte Sam ihr ins Ohr, und erschrocken fuhr sie herum. Viel zu dicht stand er bei ihr, und das Adrenalin, das ihre magische Verbindung anzeigte, raste ihr durchs Blut.
»Nein«, antwortete sie hastig und ging weiter zur nächsten Tür, hinter der sich eine Tanzfläche verbarg. Paare zappelten im Stroboskoplicht, und ihre Körper glänzten vom Schweiß. Ihre Gesichter wirkten im Rhythmus der Musik selbstvergessen, und eine Weile betrachtete Babel diese Menschen, deren Körper so leicht wirkten, bevor sie erneut zurücktrat und weiterging.
Die ganze Zeit über tasteten ihre Energien nach anderen magischen Signaturen, aber da war nichts. Alles, was sie spüren konnte, war die wilde Aufregung, die jeden hier erfasst hatte. Aber um das zu merken, musste man keine Hexe sein. Sie konnte es an den fiebernden Blicken sehen, den lustvoll verzogenen Mündern.
In einem anderen Raum saßen ein paar ältere Männer beim Pokerspiel, dessen Einsätze sich daran ermessen ließen, dass mehrere Wachleute an den Wänden standen, die das Ganze mit stoischen Mienen beobachteten. Einer von ihnen grüßte Sam mit einem Nicken, bevor der Babel sanft am Ellbogen aus dem Raum zog.
»Das ist eine Privatrunde, die sollten wir nicht stören.«
Je weiter sie in das Gebäude vordrangen, desto freizügiger wurden die Szenerien. Der Club stellte sich als Labyrinth heraus, das sich hinter den Mauern ausbreitete. Wie auf den Elysischen Feldern gab es alles, was das Herz und auch das Blut begehrte. In abgedunkelten Räumen bewegten sich halbnackte Leiber, die in der Rauch verhangenen Luft kaum noch zu erkennen waren. In diesen Zimmern roch es nach Sex und Erschöpfung, und mit jedem neuen Raum, den sie betraten, verschwammen die Gesichter darin mehr zu einer zitternden, bebenden Menge, deren Seufzer und Schreie eine eigene Melodie bildeten.
Immer wieder begegneten sie Kellnerinnen, die von eleganten Rollwagen Speisen anboten. Ausgefallene Meeresfrüchte, ein Dutzend Süßspeisen – eine verlockender als die andere. Kirschen, Granatäpfel und Melonen verklebten den sinnesfrohen Besuchern Finger und Gaumen und versetzten sie zusammen mit exotischen Cocktails in einen Freudentaumel.
Während sich Babel die Räume anschaute, die sie einladen sollten, an den Vorgängen teilzunehmen, wurde ihr immer wärmer. Sie spürte Sams Anwesenheit dicht bei sich, und die Erinnerung spann sie ein – an Nächte, die sie gemeinsam geteilt und in
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