Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
sie mit einem misstrauischen Blick musterte.
»Was machen wir jetzt?«, fragte er nach einer Weile.
»Wenn da draußen wirklich ein Nekromant rumläuft, werde ich ihn aufhalten.Es gibt Dinge, die kann man nicht einfach hinnehmen. Einen Toten zurückzuzwingen und die Totenruhe zu stören, zum Beispiel.«
Sie stand auf, und gemeinsam verließen sie die Kellerräume. Als sie das Licht ausschaltete, konnte sie noch die Anwesenheit der Toten um sich herum spüren, obwohl sie sie nicht mehr sah.
Babel entsorgte das beschmierte Notizbuch und stellte die Schüssel in die Badewanne, um sie einzuweichen. Nachdem sie ihre Hände gesäubert hatte, zog sie die Visitenkarte aus der Hosentasche, die sie in Sonjas Wohnung gefunden hatten, und hielt sie Tom entgegen.
»Ich werde mich mal in dem Club umsehen. Vielleicht gibt es da irgendeine Spur.«
»Na prima, Recherche in einem Privatclub. Da musst du erst mal reinkommen.«
»Oh, ich hab da so meine Methoden.«
»Hast du auch ein passendes Outfit?«
»Klar.«
Er hakte den Zeigefinger in die Gürtelschlaufe ihrer Jeans und zog Babel an sich heran. »Vielleicht solltest du mir das vorher mal zeigen. Damit ich einschätzen kann, ob es auch wirklich seinen Zweck erfüllt. Ich nehme an, ein kurzer Rock ist da auch Bestandteil.«
»Definitiv.« Sie schob die Hände in die Taschen auf der Rückseite seiner Hose.
Toms spielerischer Ton konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Ritual ihn erschüttert hatte, ebenso wie die Erkenntnis, die sie daraus gewonnen hatten. Es war einfach seine Art, damit umzugehen.
»Da fällt mir ein: Dein Hund ist nicht hier.« Auffordernd wackelte sie mit den Augenbrauen, während er irritiert auf sie herabsah.
»Sollte ich mir Sorgen machen, dass du Sex mit meiner Dogge assoziierst?«
Sie lachte. »Das klingt irgendwie zweideutig, du weißt schon, mach mir die Dogge …«
Kopfschüttelnd drängte er sie über den Flur ins Schlafzimmer, wo sie die Tatsache, dass irgendwo da draußen ein Nekromant einen Zombie erschaffen hatte, noch ein wenig länger ignorieren konnten.
8
Der Nachmittag ging träge zu Ende. Das Ritual hatte Babel erschöpft und ihre Glieder bleischwer werden lassen. Während Tom und sie im Bett nebeneinanderlagen, krochen lange Schatten zitternd über die Wände, und in der Luft lag noch die letzte Wärme des Tages.
»Was hältst du davon, wenn wir uns aus der Küche etwas zu essen holen und den Rest des Abends im Bett verbringen?«, fragte sie nach einer Weile.
Tom öffnete ein Auge. »Muss ich mich dafür bewegen?«
Sie lachte. »Nein, Romeo, ich mach das schon.« Gerade als sie aufstehen wollte, klingelte es an der Tür.
Erschöpft hob Tom den Kopf vom Kissen. »Hast du den Zauber um das Haus nicht aktiviert?«
»Doch.« Sie setzte sich auf.
Entweder stand jemand davor, der ganz genau wusste, dass sie hier wohnte, oder der durch den Ablenkungszauber sehen konnte. Aber Clarissa würde sicher nicht klingeln, wenn sie beschloss, Babel anzugreifen.
Das Klingeln wollte einfach nicht aufhören, und diese Penetranz ließ Babel ahnen, wer sie da besuchte. Wütend stand sie auf. Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
»Brauchst du Hilfe?«, fragte Tom und stützte sich auf die Ellbogen, aber Babel schüttelte nur genervt den Kopf.
Sie griff nach der Trainingshose und dem alten T-Shirt, die auf der Kommode lagen, zog beides über und rannte die Treppe hinunter. Noch bevor sie die Tür erreichte, drang auch schon das magische Muster ihrer Schwester hindurch und erfasste Babel wie ein warmer Wind.
Als sie die Haustür öffnete, hielt Judith den Finger noch immer auf der Klingel. Mit ihrem kurzen Haar, einem modischen Bob, den rot glänzenden Lippen und dem Hosenanzug, dessen Farbe irgendwo zwischen grün und blau schwankte, sah sie aus wie ein Filmstar aus den Vierzigern – und für einen kurzen Augenblick war Babel von ihrer Schönheit fasziniert.
Doch dann erfasste sie plötzlich ein zweites magisches Muster, und sie bemerkte den Mann, der ein paar Schritte hinter Judith stand und nun vorsichtig näher kam. In dem Moment, in dem sie erkannte, was er war, trat Babel ins Haus zurück und schlug die Tür zu.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals, schlagartig war ihr Mund ausgetrocknet, und die Tapete im Flur färbte sich tiefschwarz.
»Babel, das ist doch albern«, drang Judiths Stimme herein. »Mach auf!«
»Ich denke nicht dran! Verschwindet!«
Als sie sich umdrehte, stand Tom mit verschränkten Armen im Durchgang zur
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