Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
Ich bin sogar zum Arzt gegangen, um sicherzugehen, dass ich nicht an Alzheimer oder so was erkrankt bin.«
Beinahe hätte Babel sie gefragt, warum sie nicht angerufen hatte, aber dann dachte sie daran, wie sie selbst eine solche Sache angegangen wäre, und schwieg. Sie standen sich nicht besonders nah. Das war schon immer so gewesen, am besten verstanden sie sich mit ein paar Städten zwischen sich.
»Auguste hat es schließlich gemerkt«, fuhr Judith fort. »Genau wie du hat er sensible Antennen dafür, wann sich ihm auf den anderen Ebenen etwas nähert. Vor allem auf der Totenebene.«
Kein Wunder bei seinem Hobby.
Die besondere Fähigkeit der Nekromanten lag nicht nur darin, die Toten erneut ins Fleisch zu zwingen, sondern vor allem im Umgang mit ihnen. Genau wie Babel es getan hatte, wechselten sie auf die andere Ebene, um die Toten zu befragen oder sie auf einen Lebenden zu hetzen.
War der Tote erst einmal mit dem Opfer verbunden, begab er sich nicht mehr aus dessen Umgebung. Er war immer um ihn, wie ein kühler Wind, der einem über die Haut streift.
Auf die Dauer führte das bei dem Lebenden zu Verwirrung und emotionaler Unausgeglichenheit, denn der Tote entzog ihm die Energie. Das Opfer erkrankte im übertragenen Sinne an Unterkühlung. Wurde es den Toten nicht wieder los, starb es daran. Und genau diese Fähigkeiten machten die Nekromanten so gefährlich.
Die Ombres standen in dem Ruf, sich dieser Methode oft und gern zu bedienen.
Die meisten Hexen hatten panische Angst davor, dass ein Nekromant sie verfluchte, denn im Gegensatz zu den Dämonen waren Tote nicht so leicht zu erkennen. Der Nekromant setzte darauf, dass sein Opfer viel zu spät merkte, was mit ihm los war, denn die Symptome dafür waren nicht besonders stark. Das war auch ein Grund, warum ihnen die meisten Hexen aus dem Weg gingen.
»Bist du sicher, dass dein Auguste nichts damit zu tun hat?«, fragte Babel und gab sich gar nicht erst Mühe, ihre Zweifel zu verbergen, aber Judith schüttelte energisch den Kopf.
»Er war es nicht.«
»Wie hast du ihn kennengelernt?«
Auf dem Friedhof?
Ungeduldig zog Judith die Augenbrauen zusammen. »Glaub mir, er hat nichts damit zu tun. Ich hab ihn Monate vorher getroffen. Zufällig. Bei einem Bäcker, um genau zu sein. Ich bin in den Laden gegangen, er war schon da, und vorher war ich noch nie dort. Du siehst, es ist unmöglich, dass er das eingefädelt haben kann.«
Babel dachte darüber nach – es gab genug Möglichkeiten, die Judiths Aussage widerlegt hätten. »Tut mir leid, aber ich krieg das nicht in meinen Kopf. Wie konntest du dich mit einem Ombre einlassen?«
»Mein Gott, Babel, ich hätte nicht gedacht, dass du so intolerant bist, nur weil er schwarz ist.«
»Nun mach mal halblang! Du weißt ganz genau, dass es mir völlig gleichgültig ist, ob dein Kerl schwarz, grün oder blau ist. Dass er ein Nekromant ist, dagegen nicht. Solche Kerle sind gefährlich, und ehrlich gesagt fällt es mir ein bisschen schwer, daran zu glauben, dass du jahrelang keine Probleme mit Nekromanten hast, und dann lernst du plötzlich einen kennen, und schon verflucht dich ein anderer. Klingeln da bei dir nicht alle Alarmglocken?«
»Und du hast natürlich eine blütenreine Weste, nicht wahr? Dir ist es selbstverständlich noch nie passiert, dass du dich in jemanden verliebt hast, der eine etwas zweifelhafte Vergangenheit hat.« Ein gehässiger Ausdruck schlich sich auf ihr Gesicht. »Oh, warte, da war doch jemand … Wie hieß er gleich? Ach ja. Sam. Das Dämonenkind. Der ist natürlich nicht gefährlich.«
»Das kannst du nicht vergleichen …«
»Kann ich nicht?«
Widerwillig verschränkte Babel die Arme. »Das ist doch verrückt. Selbst wenn es nicht darum ginge, dass er ein Nekromant ist, bleibt er trotzdem ein Hexer. Du hältst es doch keine vierundzwanzig Stunden mit mir unter einem Dach aus, und ich bin deine Schwester. Das Erste, was du in deiner Stadt gemacht hast, war, so eine arme kleine Studentin zu vertreiben, die ein bisschen magischen Firlefanz betreibt, damit dein Revier sauber bleibt! Und dann tust du dich nicht nur mit einem Hexer zusammen, nein, du suchst dir auch noch die übelste Sorte aus. Einen, der den Tod wie ein Parfum trägt!«
Und da war es wieder, dieses Zwinkern, das Judith immer dann zeigte, wenn sie genau wusste, dass sie einen Fehler begangen hatte, aber der Versuchung einfach nicht widerstehen konnte.
Entschuldigend hob sie die Hände und legte den Kopf schief. »Komm
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