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Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Titel: Babel Gesamtausgabe - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
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haben.«
    Zustimmend nickte Auguste, aber Judith wollte sich nicht so leicht abspeisen lassen.
    »Was habt ihr denn alle?«, rief sie verärgert. »Das ist doch albern. Du kannst unsere Hilfe brauchen. Was immer Auguste getan hat, liegt schon viele Jahre zurück und …«
    »Lass gut sein«, erwiderte Auguste. Er schien kein Interesse daran zu haben, dass Babel Judith die Kurzfassung der alten Geschichte mitteilte. Wahrscheinlich wollte er ihr die zensierte Variante vorsichtig unter vier Augen beibringen.
    Ja, wenn er ihr die Hände auf die Schultern legen kann und seine Lippen ihren Hals berühren, damit sie gar nicht erst zuhört, was er ihr erzählt.
    Diese Konzentrationsschwäche bei schönen Männern liegt wohl in der Familie, was?
    »Ihr geht jetzt besser«, sagte Babel, aber Judith schüttelte ungehalten den Kopf.
    »So funktioniert das nicht, Babel.«
    »Doch, genau so. Vergiss nicht, dass das meine Stadt ist. Ich weiß es zu schätzen, dass du deine Hilfe anbietest, aber das hier ist nicht dein Territorium.«
    Judiths Blick brannte sich in ihren, aber Babel hielt ihm stand. Die Deckenlampe begann zu wackeln, und im Regal kippte ein Buch zur Seite, als sich ihre Magie instinktiv gegen Judith stemmte, um sie zum Gehen zu bewegen.
    Ein paar Sekunden blieb ihre Schwester noch stehen, wo sie war, dann verließ sie mit erhobenem Kinn das Zimmer. Auch sie hatte Sam eine Botschaft auf den Weg zu geben. »Halt dich von meinem Freund fern«, zischte sie, bevor Auguste sie davon abhalten konnte.
    Babel wartete, bis sich die Haustür hinter ihnen geschlossen hatte, dann ging sie ebenfalls aus dem Zimmer. Sam saß auf dem unteren Ende der Treppe, die Ellbogen auf die Knie gestützt. Einen Moment lang sahen sie sich nur an. Sie lehnte sich an das Treppengeländer und legte das Kinn auf die Hände, die den Handlauf umschlossen.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte sie.
    »Gut genug, um mit dir zu kommen.«
    »Sicher?«
    Er nickte, und als sie ihn immer noch zweifelnd musterte, fügte er hinzu: »Das sind nur blaue Flecken, Babel. Daran stirbt man nicht.«
    »Du weißt, dass ich es verstehen würde, wenn du nicht mitkommen willst, ich meine, wegen dem, was damals …« Sie atmete tief durch.
    »Ich falle nicht Ohnmacht, wenn ich einen Zombie sehe.«
    »Mein Gott, musst du immer alles so kompliziert machen? Du weißt doch, worauf ich hinauswill.«
    Langsam erhob er sich und legte ihr die Hand an die Wange. »Ja, ich weiß, was du meinst, aber der Gedanke, dass da draußen eine Seele gezwungen ist, in einem toten Körper dahinzuvegetieren, treibt mich in den Wahnsinn. Niemand verdient so ein Schicksal.«
    Sie seufzte. »Okay. Dann lass uns gehen und den Nekromanten zur Strecke bringen.«
    Nachdem sie die Rüstung aus dem Keller und etwas Salz aus der Küche geholt hatte, das sie in einem kleinen Plastikbeutel in der Jacke verstaute, machten sie sich mit Sams Wagen auf den Weg.

20
    Der Ort, den Judith beschrieben hatte, lag am anderen Ende der Stadt, ein Stück außerhalb. Der Berufsverkehr hatte bereits eingesetzt und ließ sie nur langsam durch die vollgestopften Straßen kommen.
    Während der Fahrt redeten sie kaum. Babel wusste nicht, was sie sagen sollte, irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sich mit Sam ohnehin alles ergeben würde, wie es eben sein sollte.
    Je weiter sie sich vom Stadtzentrum entfernten, desto trostloser wurde die Gegend. Wie in jeder Stadt steckte das Geld dort, wo die Touristen waren. Das letzte Wohngebiet vor dem Steinbruch war eine Ansammlung unsanierter Altbauten mit bröckelnden Fassaden und graffitibesprühten Türen. An der Endhaltestelle der Straßenbahn saßen ein paar Jugendliche, die kein Ziel zu haben schienen, außer ihren Nachmittag irgendwie herumzukriegen.
    Rings um den stillgelegten Steinbruch waren Wiesen angelegt worden, begrünte Schuttflächen, die im Winter ganz passable Schlittenbahnen abgeben mussten.
    »Spürst du was?«, fragte Sam, als sie daran vorüberfuhren.
    »Du meinst außer einer Depression, wenn ich das hier so sehe?« Sie schüttelte den Kopf.
    Als sie auch das letzte Wohnhaus hinter sich gelassen hatten, konnten sie vor sich schon das ehemalige Fabrikgelände sehen, ein riesiger gelber Klotz gegen den grauen Himmel. Eine Kulisse aus einem Tim-Burton-Film mit dunklen Fensteraugen und halb eingefallenem Dach.
    Vor dem Gelände parkten sie. Es war lediglich von einem einfachen Bauzaun geschützt. Wahrscheinlich nahm man an, dass so weit draußen niemand ein halb

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