Babson, Marian
die
Mahlzeit schon fast beendet, als auf einmal an der Hintertür Lärm zu hören war.
»Herein«, rief Lorinda, da kam auch schon Macho in den Raum gestürmt und hielt
Roscoe in seinem Arm. Mit dem Fuß stieß er die Tür zu, dann schaute er
vorsichtshalber auch noch über seine Schulter.
»Du solltest
keine Tür unverschlossen lassen«, sagte er unwirsch. »Das ist gefährlich.«
»Das ist
völlig ungefährlich.« Sie wollte nicht zugeben, dass sie nur vergessen hatte
abzuschließen. Macho war auch so nervös genug. »Was ist los mit dir?«
»Was mit mir
los ist? Ich werde dir sagen, was mit mir los ist! Jemand hat einen Kranz an
meine Tür gehängt, aber ich bin noch nicht tot.« Roscoe jaulte aus Protest, da
sein Herrchen ihn viel zu fest an sich drückte. »Er kriegt mich noch nicht.«
»Macho, das
ist ein Weihnachtskranz. Wir haben alle einen bekommen, der ist ein kleines
Geschenk von Dorian.« Dann erst wurde ihr bewusst, was er gesagt hatte. »
Wer kriegt dich noch nicht?«
»Miaaaauuuu ...« Roscoe
hatte endgültig genug und wand sich aus Machos Griff, sprang auf den Boden und
begab sich zielstrebig in die Ecke, in der Hätt-ich's und Bloß-gewusst vor
ihren Näpfen saßen und ihre Fischsuppe genossen. Er beging den Fehler, seine
Nase in die Schale von Hätt-ich's zu stecken, und bekam ihre Krallen an seinem
Ohr zu spüren. Bloß-gewusst knurrte warnend, und ein kurzer Kampf entbrannte.
Es machte ihnen nichts aus, ihr Trockenfutter mit ihm zu teilen, aber bei einer
cremigen Fischsuppe kannten sie kein Pardon.
Macho nahm
Roscoe wieder hoch und redete besänftigend auf ihn ein. Beide schnupperten sie
sehnsüchtig.
»Hast du schon
zu Mittag gegessen?«, fragte Lorinda. Oder wenigstens gefrühstückt? Macho
wirkte noch hagerer und unglücklicher als vor ein paar Tagen, als sie ihn das
letzte Mal gesehen hatte.
Ȁhm ...
nein«, gab er zu. »Ich wollte eigentlich, aber dann wurde ich abgelenkt, weil
jemand gegen die Haustür hämmerte. Als ich aufmachte, hing da der Kranz, aber
es war niemand zu sehen. Ich schnappte mir Roscoe und kam her, um ... um ...«
Anscheinend hatte er vergessen, warum er hergekommen war.
»Setz dich«,
sagte sie. »Ich mache noch eine Portion Suppe warm. Im Kühlschrank ist noch
genug.« Und wenn Macho gegessen hatte und zur Ruhe gekommen war, würde er ihr
vielleicht erzählen, worüber er sich so aufregte.
Roscoe
streckte sich, um an dem Teller zu schnuppern, den Lorinda auf den Tisch
stellte, und wich enttäuscht zurück, als er feststellte, dass der leer war.
»Keine Sorge«,
tröstete sie ihn. »Die Suppe ist schnell warm.« Für ihn stellte sie einen
leeren Napf auf den Boden, den Hätt-ich's und Bloß-gewusst prompt inspizieren
kamen. »Wenn ihr wollt, bekommt ihr auch noch was. Es ist genug für alle da.«
Die Katzen
protestierten, da Macho zuerst Suppe bekam, dann setzten sie sich ungeduldig
vor ihre Näpfe und warteten, bis der servierte Nachschlag genügend abgekühlt
war. Vermutlich beneideten sie Macho um dessen Fähigkeit, auf jeden Löffel so
lange zu pusten, bis die Suppe kühl genug war.
»Ach, da fällt
mir was ein ...« Lorinda legte das zum Trocknen weggelegte Haarband vor Macho
auf den Tisch. »Ich schätze, Bloß-gewusst muss sich bei dir entschuldigen.«
»War der
kleine Satansbraten wieder am Werk?«, entgegnete Macho amüsiert, dessen Laune
sich mit jedem Löffel Suppe besserte. Er nahm das Haarband hoch und stutzte.
»Bei mir muss sich niemand entschuldigen, weil das gar nicht mir gehört. Das
hier ist mit Silberfäden durchwirkt, was für meinen Geschmack zu übertrieben
ist.«
»Und von wem
...? Oh nein!« Sie sah entsetzt zu Bloß-gewusst. »Sag nicht, du hast es
Plantagenet Sutton geklaut!«
»Damit kannst
du eine gute Kritik für dein nächstes Buch vergessen«, meinte Macho gut
gelaunt.
»Wohl eher für
die nächsten fünf Bücher«, gab sie betrübt zurück.
»Er mag
sowieso keine Katzen. Und keine Hunde. Und auch keine kleinen Kinder. Obwohl er
in dem Punkt gar nicht so falsch liegen dürfte, wenn ich mir Clarice ansehe.«
Macho grübelte einen Moment lang. »Vielleicht hat er gar nicht gemerkt, dass es
verschwunden ist. Um Himmels willen, sag ihm bloß niemals, dass die Katze das
Haarband gestohlen hat. Wenn du es nach Coffers Court bringst und in der
Empfangshalle fallen lässt, wird er glauben, er hat es da verloren.«
»Es muss sich
gelöst haben«, überlegte Lorinda. »Wie sollte Bloß-gewusst sonst daran gekommen
sein?«
Sie
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