Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Babylon: Thriller

Babylon: Thriller

Titel: Babylon: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. J. McIntosh
Vom Netzwerk:
über uns kreisten wie zornige Wespen. Eines Tages loderte am Horizont eine Flammenzunge in den Himmel, gefolgt von einem lauten Donner, der ewig zu dauern schien. Das bereitete mir jedoch keine Sorgen. Wie eine Motte, die sich in ihren Kokon eingesponnen hat, fühlte ich mich vor den Unruhen draußen völlig sicher. Am nächsten Morgen stellte ich fest, dass die Möbel im Dachgarten mit einer Schmutzschicht bedeckt waren. Ich holte mir einen Lappen und wischte alles so gut es ging sauber. Es erschien so einfach, den Schrecken einer Bombe mit einer einfachen Handbewegung zu bannen. Vielleicht war das mein Versuch, so etwas wie Stabilität in mein Leben zurückzuholen.
    Einmal glaubte ich, Laurels Stimme zu hören. Ich ging schnell zur Brüstung. An einigen Stellen war die Straße so schmal, dass es aussah, als könnte man das gegenüberliegende Gebäude mit ausgestreckter Hand berühren. Ich sah drei Frauen, jede mit einem schwarzen Tschador bekleidet, im Spaziertempo die Straße hinunterschlendern. Ihr glockengleiches Lachen drang bis zu mir herauf. Eine streckte einen Fuß vor; eine silberne Kette zierte ihr Fußgelenk. Ihr Kopftuch rutschte zurück und entblößte glänzendes dunkles Haar. Sie schaute hoch, weil sie offenbar spürte, dass ich sie von oben beobachtete. Natürlich war es nicht Laurel. Meine Fantasie hatte mir nur einen üblen Streich gespielt.
    Ob es meine neue Verbundenheit mit der Stadt war, die Samuel geliebt hatte, mein Beinahe-Tod oder mein nüchternes Nachdenken über Laurel, auf jeden Fall war dies der Moment, als ich erste bewusste Schritte unternahm, mit Samuels Tod Frieden zu schließen. Es war nicht so, dass ich mir diesen Unfall verzieh, aber das ständige Leugnen hörte auf und ich war endlich bereit einzugestehen, dass ich ihn verursacht hatte.
    Nach unserer ersten Begegnung sah ich Tomas nur noch selten. Als ich ihn einmal fragte, weshalb er mir nicht einfach dabei behilflich war, das Land zu verlassen, wehrte er meine Frage mit einem Scherz ab und fragte: »Warum? Wird hier nicht angemessen für Sie gesorgt?« Und als ich verlangte, dass er mir Nahums Schrifttafel zeigte, oder wissen wollte, welche Fortschritte er bei ihrer Entschlüsselung gemacht habe, antwortete er nur vage und ausweichend. Ansonsten war er höflich und manchmal sogar um mein Wohl besorgt, blieb aber auf Distanz. Nur bei einer Gelegenheit öffnete er sich mir gegenüber ein wenig.
    Sehr spät an einem Abend hörte ich seine Schritte auf der Treppe zum Dachgarten. Er brachte Gläser und eine Karaffe eines sehr süßen Weins mit. Er setzte sich und schenkte unsere Gläser voll. Er schien aufgeräumter Laune zu sein. Ich hatte nicht geringste Ahnung, was diesen Stimmungsumschwung bewirkt haben konnte.
    »Sie haben eine ziemlich schwierige Zeit hinter sich, Madison«, sagte er. »Ich wüsste nicht, was ich an Ihrer Stelle hätte anders machen können, aber ich muss mich bei Ihnen für die Rolle, die Sie gespielt haben, bedanken.«
    Ich ließ beinahe das Weinglas fallen. Als Nächstes fragte er mich sicher, ob er bei meiner Hochzeit Trauzeuge sein dürfe. Ich hatte mich derart an seine feindselige, ablehnende Haltung gewöhnt, dass ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte.
    »Ich hoffe, Sie können ein wenig nachvollziehen, wie es ist, hier drüben um sein Überleben zu kämpfen«, fuhr er fort. »Während der letzten Monate habe ich mich oft gefragt, wie ich es überhaupt so lange habe schaffen können. Als die Invasion begann, war ich überzeugt, dass wir alle den Tod finden würden.«
    Ich erinnerte mich an das, was Ari mir von seiner Verlobten erzählt hatte. »Es muss die reinste Hölle gewesen sein, überhaupt aus Bagdad herauszukommen.«
    »Was die Flucht aus der Stadt betrifft, kann ich mich nicht mehr an allzu viel erinnern. Es war chaotisch, so viel weiß ich noch. Die Menschen waren in heller Panik. Sie stapelten Kisten und Matratzen auf die Autodächer und zwängten sich in alles, was vier Räder hatte und aus eigener Kraft fahren konnte. Sämtliche Hauptstraßen waren verstopft und auf den Bürgersteigen stritten die Plünderer sich um die Beutestücke. Ich beobachtete einen Mann, der alleine einen Kühlschrank hinter sich herschleifte, den er irgendwo gestohlen hatte. Als er umkippte, sprang die Tür auf. Er war mit Lebensmitteln gefüllt. Die Leute rafften alles zusammen, was ihnen in die Hände fiel – Plastikrohre, Schläuche, sogar Stromkabel, deren Kunststoffhülle sie entfernten, um den

Weitere Kostenlose Bücher