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Babylon: Thriller

Babylon: Thriller

Titel: Babylon: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. J. McIntosh
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»Erzählen Sie mir nichts von Samuel. Ich war es schließlich, auf den er sich verlassen konnte. Sie waren für ihn nichts anderes als ein Stein des Anstoßes. Er tat den Leuten leid, weil er sich mit Ihnen herumschlagen musste. Das hat Laurel mir in New York erzählt.«
    Hatte sie das wirklich gesagt oder sog er sich das aus den Fingern? Die Scham, die ich plötzlich empfand, verriet mir, was ich wissen wollte.
    Seine Männer schoben sich zwischen uns. Tomas wandte sich zum Gehen und machte damit klar, dass unser lautstarker Disput beendet war. Er hatte sich besser unter Kontrolle als ich. Es schien, als hätte die Stadt ihn irgendwie verändert. Oder es war die freudige Genugtuung, einen Gegner besiegt zu haben. »Ich bin für den Rest des Tages außer Haus«, sagte er beiläufig, während er die Treppe hinunterging. »Meine Männer kümmern sich um Sie, während ich unterwegs bin.«
    Er brauchte mir nicht zu drohen, was geschehen würde, wenn ich zu fliehen versuchte.
    Vom Nachmittag war nicht mehr viel übrig. Ich stemmte mich hoch, zog meinen Sessel bis zur Brüstung und saß dort, während das allabendliche Farbenspiel den Himmel pink und violett erstrahlen ließ, bis er schließlich grau wurde und sich verdunkelte. Ich war froh, dass man mich alleine gelassen hatte. Trübe Gedanken suchten mich heim und erinnerten mich qualvoll an mein mehrfaches Versagen. Der Verkehrsunfall hatte meinen Absturz ausgelöst. Obgleich ich ihn wie durch ein Wunder überlebt hatte, glaubte ich nicht, dass ich mich jemals davon erholen würde.
    Mit der hereinbrechenden Nacht wanderten meine Gedanken zu Samuel. Ich erinnerte mich an eine Eisenbahnfahrt, die wir nach einem seiner langen Auslandsaufenthalte unternommen hatten, um Freunde in der Nähe von Utica zu besuchen. Fast während der ganzen Fahrt hatte ich dagesessen, meine Nase am Fenster platt gedrückt und die Landschaft draußen betrachtet. Wir rollten vorbei an Getreidefeldern, die sich im hellen Sonnenschein golden färbten; an schon seit langem nicht mehr benutzten Wasserläufen, deren Oberflächen mit saftig grünen Wasserpflanzen bedeckt waren; an Weinranken, die sich an Telegrafenmasten hochwanden; an Straßen, die ins Nichts führten; an Wäldern; an Rotwild, das äsend durch das Gras an den Flussufern wanderte. Ich hatte mir an diesem Tag vorgestellt, ich sei der letzte Mensch, der noch auf dem Planeten existierte und miterlebte, wie die Erde wieder die Herrschaft über sich selbst übernahm.
    Irgendwann überquerten wir eine weitläufige Sumpflandschaft, die mit kerzengerade aufragenden Binsen überwuchert war. Es waren idyllische Tage, die ich mit ihm in meiner Jugend verbracht hatte. Was war geschehen, dass sie so schrecklich hatten enden müssen? Durch welchen Fehler, welchen Bruch, war eine Persönlichkeit entstanden, die jedem Unglück brachte, der mir wert und teuer war?
    Während der nächsten sechs Tage erholte ich mich langsam, aber sicher. Mein Gehörsinn kehrte nach und nach zurück. Die Brandwunde an meinem Arm schmerzte kaum noch. Meine Erinnerung an die Schießerei auf dem Friedhof verblasste wie ein böser Traum. Ich kam körperlich wieder zu Kräften. Emotional schwankte ich zwischen Selbstvorwürfen wegen Laurels Tod und einer tiefen Depression, eine der schlimmsten Stimmungen, die ich je durchlebt hatte.
    In meinem Gefängnis gab es kein Fernsehen und kein Radio. Die Terrasse wurde schnell zu meinem Refugium. Wenigstens hier war ich zum Glück von der übrigen Welt abgeschnitten. Der einzige Lichtblick, so winzig er auch war, ergab sich aus der Tatsache, dass ich ein Gefühl der Zuneigung für diese Stadt entwickelte. Völlig untypisch für mich war, dass ich morgens schon sehr früh aufstand, um miterleben zu können, wie die kastenförmigen Gebäude von den ersten Sonnenstrahlen getroffen wurden und allmählich Gestalt annahmen. Sosehr ich eigentlich Nachtmensch war, nahm ich ländliche Verhaltensweisen an, indem ich sozusagen mit der Sonne aufstand und zu Bett ging, so dass ich von den Stromschwankungen, die sich durch ein Flackern der Beleuchtung bemerkbar machten, oder den totalen Stromausfällen kaum etwas mitbekam. Im Stadtzentrum von Bagdad gab es zahlreiche Hochhäuser, von denen ich jedoch nur sehr wenig sehen konnte. Daher vermutete ich, dass das Haus, in dem ich mich aufhielt, in einem der Vororte stand.
    Natürlich brachte sich auch hier immer wieder der Krieg in Erinnerung. Häufig waren am Himmel Militärhubschrauber zu sehen, die

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