Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Babylon: Thriller

Babylon: Thriller

Titel: Babylon: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. J. McIntosh
Vom Netzwerk:
der Türkei fragte ich mich für einen kurzen Moment, ob er die Wahrheit sagte, doch er sah aus wie ein Kind, das im Begriff ist, sich auf einen Berg Weihnachtsgeschenke zu stürzen. Ich war völlig perplex.
    »Das ist unglaublich. Wo?«
    Er hob beschwichtigend die Hand. »Setzen Sie sich. Ich erzähle Ihnen alles. Aber erst will ich Ihnen zeigen, wie ich es herausbekommen habe. Sie erinnern sich gewiss noch an einen Vers Nahums: ›Die Königin wird entkleidet und weggeführt, während ihre Mägde wie girrende Tauben schluchzen und sich auf den Busen schlagen.‹
    Nahums Worte sind sehr klug; diese Zeilen haben mehr als nur eine Bedeutung. Bezieht sich das auf die historische assyrische Königin oder benutzt er diese Bezeichnung als Metapher für Ninive als Frau? Die Anspielung auf die Entkleidung ist ein Hinweis. Im alten Assyrien war es Prostituierten bei Todesstrafe verboten, Kopfbedeckungen zu tragen. Dieses Kleidungsstück war ausschließlich unberührten und verheirateten Frauen vorbehalten. Und die Verehrung der Ischtar wurde mit Prostitution gleichgesetzt. Daher ist die entkleidete Königin eine Anspielung auf die assyrische Göttin Ischtar. Nahum benutzt sie, um die Göttin zu tadeln.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass diese Zeilen von Ischtar handeln?«
    Er war zu erregt, um lange sitzen zu bleiben, daher stand er auf und begann im Raum auf und ab zu gehen. »Der Vers spricht von einer Königin, die an einen geheimen Ort gebracht wird, während ihre Mägde wie girrende Tauben schluchzen. Die Tauben sind ein weiterer Hinweise auf Ischtar; ihr wurden häufig Tauben zugeordnet. Nahum wies seine Helfer an, nach Ischtars Ruheplatz zu suchen. Das konnte eigentlich nur ihr Tempel sein.«
    »Und was haben Sie gefunden – einen Tempel?«
    Sein Gesicht strahlte. »Einen höchst bemerkenswerten sogar.«
    »Das ist erstaunlich. Aber er kann nicht mehr ganz heil sein.« Ich dachte an die Maya-Tempel, die immer noch von Zeit zu Zeit im dichten Dschungel Mexikos entdeckt werden. So etwas wäre hier unmöglich. Sämtliche historischen Gebäude waren bekannt.
    Tomas ging durch den Raum und hob die Bibel hoch. »Sie hätten recht, wenn sich der Tempel über der Erde befände.«
    »Und wie haben Sie ihn gefunden? Was enthält er?«
    Er blätterte einige Seiten um. »Das wollte ich Ihnen gerade verraten. Ah! Da ist es. Lesen Sie noch mal Nahums Text. In Kapitel 2 beschreibt er die Schlacht, und plötzlich werden wir in Vers zehn abgelenkt. Er passt überhaupt nicht dorthin. ›Raubt Silber, raubt Gold! Denn unermesslich ist der Vorrat, die Fülle von Kostbarkeiten jeder Art.‹«
    »Sie meinen demnach, Nahum wollte, dass der Vers über die Plünderung sofort ins Auge fiel«, erwiderte ich.
    »Richtig. Wo ist der Tempel? Wenden wir uns einer anderen Passage zu: ›Wo ist nun das Versteck der Löwen und die Lagerstätte der jungen Löwen, wo der Löwe, die Löwin umherstreifte und das Löwenjunge, von niemand aufgeschreckt?‹«
    Er achtete darauf, dass ich alles genau mitbekam. Kindliche Begeisterung stand in seinem Gesicht geschrieben. »Der Löwe ist ein Hinweis mit doppelter Bedeutung. Er symbolisierte den König von Assyrien, ist aber auch eng mit der Göttin verhaftet. Daher der Verweis auf die Löwin. Nahum verleiht damit seinem Hinweis, den Tempel der Ischtar zu suchen, Nachdruck.
    Das ist der Ort, wo der Löwe sich unbehelligt aufhalten kann. Daher ist er versteckt. Und ein paar Zeilen später erwähnt er eine Höhle. Nahum verrät uns, dass der Tempel sich in einer ungewöhnlichen Umgebung befindet. Die Rede ist von einem geheimen Ort in der Nähe einer Höhle oder sogar in ihr.«
    Die Aussicht auf einen solchen Fund hellte meine bislang unverändert düstere Stimmung auf. »Das ist ja fabelhaft. Sind Sie sich ganz sicher mit Ihrer Deutung? Ich habe noch nie gehört, dass die Mesopotamier unterirdische Tempel angelegt haben sollen.«
    »Von einigen wissen wir, obgleich die eigentlichen Tempelbauten längst verfallen sind. Ein solcher Ort insbesondere, dem Mondgott Sin geweiht, befindet sich in einer Höhle mit dem Namen Sweetha D’Gannawe, was so viel heißt wie ›Schlafstätte der Räuber‹.«
    Ich ließ mir durch den Kopf gehen, was er soeben erzählt hatte. Assurbanipal wusste, dass sein Königreich vor dem Zusammenbruch stand. Wenn der König etwas besaß, das er für außerordentlich wertvoll hielt, dann leuchtete ein, dass er dafür ein Versteck suchte, das so gut wie unmöglich zu finden war.
    Tomas hob

Weitere Kostenlose Bücher