Babylon: Thriller
melden? Ich kümmere mich so bald wie möglich darum.«
»Klar. Ich finde es toll, dass du mir hilfst.«
»Ich bin da, wann immer du mich brauchst – das weißt du.«
»Oh, da ist noch etwas anderes, ein anderer Name – Hanna Jaffrey. Sie studierte an der Universität von Pennsylvania. Könntest du auch sie mal überprüfen?«
»Sonst noch jemand? Man könnte fast meinen, die ganze Welt sei hinter dir her.«
Siebzehn
Nachdem ich mich von Corinne verabschiedet und den Chip aus seinem Versteck geholt hatte, hielt ich ein Taxi an und erreichte schon bald die Gegend am westlichen Ende der 34. Straße, die Tomas erwähnt hatte. Es war eine trostlose Umgebung, ein dunkler Fleck im glitzernden Labyrinth Manhattans.
Ich bat den Chauffeur, langsamer zu fahren. Links von mir erstreckte sich das weitläufige Gelände des West Side Güterbahnhofs. Gegenüber stand eine Kirche mit roter Klinkerfassade, romanischem Torbogen aus weißem Kalkstein, darüber ein gotisches Fenster, das mit Zementblöcken geschlossen worden war. Das war kein Firmengebäude, aber ich bat den Fahrer, trotzdem für einen Moment anzuhalten – ich konnte von hier aus den Hudson River sehen, also mussten wir schon ganz in der Nähe sein. Auf einem Schild neben dem Eingang war zu lesen:
ST. MICHAEL’S CHURCH
Gottesdienste nach römisch-katholischer Tradition
seit 1857
Eine Jesus-Statue stand vor der Kirche. In voller Lebensgröße, eingeschlossen in transparentes Plastikmaterial wie in einen durchsichtigen Sarg, stand die Figur auf einem Podest und blickte auf die Passanten herab. Sie bestand aus Gips, hatte eine Hand ausgestreckt, während die andere ein großes vergoldetes Gitterwerk berührte, das teilweise von einem goldenen Kreuz und einem weißen menschlichen Herz bedeckt wurde. Über dem Plastikkasten waren in großen römischen Lettern die Worte zu lesen: »Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.«
Mir kam es vor, als wäre der Text für mich geschrieben worden.
Im nächsten Block fand ich es, ein unauffälliges, etwa fünf Stockwerke hohes Gebäude mit schlichter Stuckfassade. Auf Straßenniveau hatte es eine mit weißen Kalkstreifen verunstaltete, blaue Brettertür, die offensichtlich seit Jahren nicht benutzt worden war, und ein Stück weiter eine gewellte Metallplatte, so groß wie ein Garagentor. Daneben entdeckte ich an der Hauswand ein schlichtes Messingschild, in das die fünf Planetensymbole eingraviert waren.
Der Fahrer machte sich bemerkbar. »Wenn wir weiterfahren, kommen wir zur Schnellstraße. Was wollen Sie tun?«
»Ich habe genug gesehen. Bringen Sie mich zum Port Authority.«
Er knurrte etwas, das ich für Zustimmung hielt, wendete und gab Gas.
Er setzte mich am Port Authority Busbahnhof ab, wo die fliegenden Händler noch immer ihre Waren anboten – antiquarische Bücher, Damenhandtaschen, Duftöle. Einer von ihnen zog den Korken aus einer Flasche und hielt sie mir hin. Der Duft von Jasmin drang bis zu mir und mischte sich mit dem Abgasgestank der Straße.
Ein Obdachloser näherte sich mir mit bettelnd ausgestreckter Hand. Er trug eine löcherige Trainingshose, Nike-Turnschuhe und auf dem Kopf eine Baseballmütze, unter der sich Dreadlocks hervorkräuselten. Seine blassen Augen fixierten mich. Sein Lächeln enthüllte die fauligen Zahnstümpfe eines Crystal-Meth-Süchtigen. Ich gab ihm ein paar Vierteldollarmünzen. Er tippt dankend gegen seinen Mützenschirm, während ich weiterging.
Das letzte Mal, dass Busreisen als etwas Vornehmes betrachtet wurden, muss zwischen den beiden Weltkriegen gewesen sein. Egal in welcher Stadt man ist, alle Busbahnhöfe vermitteln einen traurigen, vernachlässigten Eindruck. Und Port Authority stellte in dieser Hinsicht alle anderen in den Schatten. Eine Haut aus schlammfarbenen Keramikfliesen bedeckte den Fußboden, die Wände und die massiven quadratischen Stützpfeiler. Es schien, als habe die Verwaltung sich verschworen, das Licht so trübe und abweisend wie möglich zu halten. Die Ausnahme bildete ein riesiges Kunstwerk aus glänzendem Aluminium und vielfarbigen Glasfacetten an der südlichen Wand. Es hing dort wie ein wunderschönes Kind, das man in einer öffentlichen Toilette vergessen hatte.
Ich ging zum Fahrkartenschalter und dachte, dass ich vielleicht mein Geld sparen könnte, wenn ich Samuels Kreditkarte ausprobierte. Die Angestellte empfing mich mit einem abweisenden Blick. »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
Das war
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