Baccara Collection 186
Zwillingsschwestern.
„Ich glaube nicht”, erwiderte Cherry Pye, „dass Sie schon alt genug sind, dass ich Ihnen das erklären sollte, Miss Mays.”
„Oh, vielen Dank, das haben Sie wirklich reizend ausgedrückt, Miss Pye”, stammelte die Mays-Schwester.
Als Mathis sich zu ihnen umdrehte, richtete sich die Aufmerksamkeit der Damen schlagartig auf seinen alten Freund Beano. „Was machen Sie denn beruflich, Mr. Jones?” erkundigte sich Miss Cherry Pye.
„Ich bin Koch”, erwiderte er.
„Ein Koch! Wie wunderbar!” Sie kam einen Schritt näher. „Sind Sie ein guter Koch?”
„Mit meinem Chili habe ich drei Jahre hintereinander den ersten Preis im Wettbewerb ,Schärfstes Rezept im scharfen Westen’ gewonnen”, sagte er in aller Bescheidenheit.
Miss Pye strahlte und leckte sich genüsslich über die Lippen.
„Ich muss gestehen, Mr. Jones, dass der Koch im Stratford eine Schande für seinen Berufsstand ist. Eigentlich sollten wir Andre hinauswerfen, aber zurzeit können wir uns keinen besseren leisten.” Die Rothaarige hakte Beano unter. „Verraten Sie mir Ihre Spezialität?”
„Original Cherry-Pie, Kirschkuchen, was denn sonst?” gab Beano Jones schlagfertig zurück.
Miss Cherry Pye kicherte wie ein junges Mädchen.
Bevor Mathis endlich die Aufzüge erreichte, bekam er noch mit, wie William - genannt Beano - Jones von den drei alten Damen des Stratford umschwärmt wurde. Und der alte Schwerenöter fühlte sich sichtlich wohl in der Runde. Er genoss jeden Moment.
Das war auch gut so, weil Mathis seinerseits mit Desiree Stratford alle Hände voll zu tun hatte - im wahrsten Sinn des Wortes. Als er den Knopf drückte, öffneten sich langsam die Türen.
„Dritter Stock”, sagte Desiree pikiert, nachdem sie den Aufzug betreten hatten.
Mathis drückte den entsprechenden Knopf. Sobald sich die Türen im Zeitlupentempo geschlossen hatten, ließ er den Arm seiner Begleiterin los.
Desiree schwieg eisern und versuchte offenbar, Zeit zu gewinnen. Ihre Wangen waren leicht gerötet, und sie hielt sich kerzengerade. Es war leicht zu erkennen, dass sie sich zwar beherrschte, aber in ihr brodelte es. Sie war wütend.
Damit hatte Mathis jedoch gerechnet, als George Huxley vorgeschlagen hatte, er sollte sich als ihr Exmann beziehungsweise ihr in Scheidung lebender Ehemann ausgeben.
Huxley war der Meinung gewesen, dass Mathis auf diese Weise am unauffälligsten in der Nähe von Desiree sein könnte.
Mathis hatte den Botschafter davor gewarnt, dass Desiree nicht begeistert sein würde, doch Huxley hatte versichert, das wäre der ganzen Sache sogar dienlich. Ihre Wut würde Desiree ablenken, und Mathis könnte ihren Zorn durchaus ertragen, wenn es half, ihre Sicherheit zu gewährleisten.
„War das wirklich nötig?” fragte Desiree schließlich.
„Ja”, erwiderte er knapp.
„Und wieso?” erkundigte sie sich verdrossen.
Es war am einfachsten, sich an die Wahrheit zu halten. „George und ich waren der Meinung, dass wir auf diese Weise völlig unverfänglich zusammen sein könnten, ohne den geringsten Verdacht zu erregen.”
„Ich meine nicht diese alberne Geschichte, dass wir angeblich verheiratet sind”, erwiderte die Lady aus Boston pikiert.
„Was meinen Sie dann?” fragte Mathis erstaunt.
„Den Kuss.”
„Ach, das.”
Desiree Stratford schaffte es tatsächlich, ihn von oben herab zu betrachten, obwohl er erheblich größer war als sie. „Genau, das.”
Mathis hatte ursprünglich gar nicht vorgehabt, sie zu küssen. Das hatte nicht zu seinem Plan gehört, sondern war eine rein impulsive Handlung gewesen. Dabei gab er nur selten einem Impuls nach, weil ihn das in seinem gefährlichen Job sehr leicht das Leben kosten konnte. Eine Ohrfeige gehörte da noch zu den harmloseren Nebenwirkungen.
„Es ergab sich aus der Situation heraus”, erklärte er beiläufig.
Miss Stratford richtete den Blick auf seine Cowboystiefel. „Das mag durchaus sein.”
Er konnte nicht widerstehen, sie noch etwas zu provozieren. „Ich hatte den Eindruck, dass es den Damen gefiel.”
„Aber nur den Damen”, betonte sie.
„Das tut weh.” Mathis öffnete die Jacke und schob die Hand in die Hosentasche. „Hören Sie, Miss Stratford, ich bin für diesen Auftrag engagiert worden, weil ich Spezialist bin. Ich gebe zu, dass es sich nicht um einen meiner üblichen Aufträge handelt. Darum muss ich gelegentlich improvisieren.”
„Nur gelegentlich?” fragte sie.
Er ging nicht näher darauf ein. „Ich bin
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