Baccara Collection 186
Schwester, stellte Meg mit einem kurzen Seitenblick fest. Sie musste versuchen, Streit zu verhindern. „Frühstück, Nikki?” fragte sie und erhob sich.
Nikki ging zu der Anrichte, auf der die Kaffeemaschine stand. „Hab keinen Hunger. Ich trinke nur einen Kaffee.”
Linc wollte schon aufbrausen, aber Meg kam ihm zuvor.
„Gute Idee, das Coffein hält dich wach für das Programm, das wir uns für heute vorgenommen haben. Setz dich, ich schenke dir ein.”
Verblüfft gehorchte das Mädchen, und Meg reichte ihr eine Tasse des starken schwarzen Kaffees. Mit Geduld hatte sie auch bei ihren Brüdern immer die größten Erfolge erzielt. „Ich lass euch beide jetzt allein. Ich muss nämlich unter die Dusche. Oder braucht ihr noch etwas?”
„Danke, wir kommen allein zurecht”, meinte Linc. „Ich bin übrigens den ganzen Tag in Fort Worth und komme vermutlich erst nach dem Abendessen zurück.”
Meg nickte und konnte sich die Frage, wann genau sie ihn wieder sehen würde, nur mit Mühe verkneifen.
„Nimmst du Susanne mit?” wollte Nikki wissen.
„Nein, Dale. Wir gehen auf eine Auktion. Benimm dich bitte”, antwortete ihr Bruder. „Es kommt sehr ungelegen”, entschuldigte er sich dann bei Meg, „aber ich muss diese Stute unbedingt bekommen.”
„Keine Sorge, Linc”, beruhigte ihn Meg. „Wir werden uns schon vertragen. Am Vormittag wird gearbeitet, und wenn wir zügig vorankommen, können wir uns den Nachmittag frei nehmen.”
Linc lächelte, und Meg bekam Herzklopfen. „Na gut. Dann bis heute Abend.”
Enttäuscht ging Meg in ihr Zimmer hinauf. Sie hatte nicht damit gerechnet, ihn den ganzen Tag nicht zu Gesicht zu bekommen. Aber schließlich hatte sie versprochen, sich um Nikki zu kümmern. Damit würde sie alle Hände voll zu tun haben.
Sie arbeiteten bis in den Nachmittag hinein. Als Nikkis Konzentration nachließ, erlöste Meg sie von den Büchern. „Na endlich”, rief das Mädchen erleichtert und sprang auf.
„Hättest du nicht Lust, mir die Ranch zu zeigen?” bat Meg sie.
„Ich habe versprochen, eine Freundin anzurufen”, maulte Nikki.
„So?” Meg hob fragend die Augenbrauen. „Müsste die nicht eigentlich in der Schule sein?”
„Dann höre ich halt Musik.”
„Gut, aber zuerst gehen wir ein bisschen an die Luft.”
Mit einem lauten Seufzer ergab sich Nikki ihrem Schicksal.
Meg dagegen freute sich über die Aussicht, die Ranch zu erforschen. Schon als Kind hatte sie sie fasziniert, und daran hatten die Jahre nichts geändert, stellte sie fest, als sie Nikki über den Hof zu den Koppeln folgte. Dabei hatte sie damals nur die Stallungen betreten dürfen, wenn ihr Vater sich wie der einmal bei Joe Stoner um einen Job als Zureiter beworben hatte.
Die prachtvollen Pferde, die hier gezüchtet wurden, hatte sie bereits gestern gesehen. Als sie nun neben Nikki auf einem schattigen Schotterweg an weiß umzäunten Koppeln entlangspazierte, fühlte sich Meg wieder in ihre Kindheit zurückversetzt. Der Weg führte an zwei Scheunen vorüber, in denen Lincs Männer eifrig ihrer Arbeit nachgingen.
„Du hast es wirklich schön hier.”
„Hab ich als Kind auch immer gedacht”, brummte Nikki und blieb vor einem Weidenzaun stehen. „Inzwischen hasse ich die Ranch.”
Wie kann man so undankbar sein, dachte Meg und hätte dem Mädchen am liebsten auf der Stelle den Kopf zurechtgerückt. Sie hat alles, was ihr Herz begehrt, und hadert trotzdem mit ihrem Schicksal.
„Jeder andere würde dich um dein Zuhause beneiden.”
„Ach ja? Wer denn?” Nikki setzte sich auf den Zaun, und Meg tat es ihr nach. Die Weide war dicht und üppig grün, und überall roch es nach frisch gemähtem Gras. In einiger Entfernung grasten Pferde, ein friedliches Bild, an dem sich Meg nicht satt sehen konnte.
„Ich zum Beispiel.”
„Wir können gerne, tauschen. Sie wohnen hier, ich ziehe zu meinen Freunden in die Stadt.”
„Die können dich auch hier besuchen.”
„Nicht, solange mein Bruder mich so schikaniert. Er war für jeden Spaß zu haben, bevor …” Sie verstummte.
„Bevor deine Eltern verunglückt sind?” ergänzte Meg leise.
Nikki wandte sich rasch ab. Unter ihrer rauen Schale steckt doch ein weicher Kern, stellte Meg fest. „Linc leidet auch unter dem Tod eurer Eltern, weißt du.”
„Woher wollen Sie das wissen, Sie sind doch erst einen Tag bei uns.” Mit einem Satz sprang Nikki vom Zaun und rannte den Weg zurück, den sie gekommen waren. Meg eilte ihr nach und bekam sie am
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