Baccara Exklusiv Band 23
konnte. Als Rafe sie in Maurice' Armen entdeckt hatte, musste er natürlich das Schlimmste denken.
Gern hätte Cathy geglaubt, dass Rafe nur deshalb so verletzt war, weil er dachte, sie hätte ihn verraten, sie im Grunde aber immer noch liebte. Wäre er so verletzlich, wenn er sie nicht ebenso sehr lieben würde wie sie ihn? Vielleicht hatte er einfach Angst davor, dass sein Vertrauen und seine Liebe wieder enttäuscht wurden.
Cathy kannte dieses Gefühl der Unsicherheit aus eigener Erfahrung nur zu gut. Seit Ihrem achten Lebensjahr hatte man ihr eingetrichtert, sie würde nur wegen Armis Geld gemocht und sei selber völlig uninteressant.
Vielleicht hätte sie vor sechseinhalb Jahren auf Rafe hören und ihm auch von Sadie erzählen sollen. Doch sie war zu reich und verwöhnt gewesen, besaß zu wenig Selbstvertrauen, um Rafe vertrauen oder seine Bedürfnisse verstehen zu können. Aber das hieß nicht, dass sie nicht mittlerweile erwachsen geworden war und aus ihren Fehlern gelernt hatte.
Wahrscheinlich war er nie hinter ihrem Geld her gewesen. Jede Nacht, wenn er in ihr Zimmer kam, um sie zu trösten, erschauerte er bereits, wenn sie ihn nur leicht berührte. Rafe wollte sie, doch er unterdrückte seine Gefühle und quälte damit sie beide.
Cathy wurde klar, dass es zwischen ihnen mehr Gemeinsamkeiten gab, als sie geahnt hatte. Sie hatten beide eine unglückliche Jugend hinter sich und wussten, was es bedeutete, allein zu sein.
Cathy wollte Rafe aus dieser Hölle befreien und auch selbst nicht länger dort eingesperrt sein. Es musste einen Weg geben, ihn dazu zu bringen, ihr wieder zu vertrauen.
Aber welchen?
Zwei Tage später, die Kinder waren gerade in die Schule gefahren, kam Cathy eine Idee.
Beim Aufräumen hatte sie die Schublade eines Sideboards im Wohnzimmer geöffnet, um Juanitos Malstifte wegzupacken, und darin Rafes Handschellen und den dazugehörigen Schlüssel entdeckt.
Cathy nahm die Handschellen heraus und spielte nachdenklich damit, so wie Sadie es getan hatte, bevor sie ihre Eltern aneinander gefesselt hatte.
Damit sie sich nicht wieder verlieren sollten.
Kindliche Logik.
Cathy lächelte und wollte die Handschellen wieder fortlegen, als ihr ein verrückter Gedanke kam.
Mit nervösem Kichern steckte sie die Handschellen in die Tasche und schloss die Schublade.
Sie hatte einen Plan.
Am nächsten Morgen schob Rafe, nachdem er sein Rührei gegessen hatte, den Teller beiseite und begann Juanitos Mathematikaufgaben zu korrigieren. Juanito schien ein mathematisches Wunderkind zu sein, denn obwohl er gerade in der ersten Klasse war, durfte er bereits die Mathematikstunden des sechsten Schuljahrs besuchen.
Cathy lächelte, als sie der abenteuerlichen Unterhaltung lauschte, die Rafe und Juanito führten. Der Junge sprach gebrochenes Englisch, und Rafe kratzte die paar spanischen Worte zusammen, die er kannte. Von der Straße ertönte ein Hupen, und Old Yeller, Rafes Wachhund, rannte bellend hinaus.
"Kinder! Euer Bus."
"Bus", wiederholte Juanito, nahm seine Hefte und steckte sie in den Ranzen.
Sadie lief auf Cathy zu und lächelte verschwörerisch. "Heute?"
Als Cathy nickte und sie küsste, öffnete sie verstohlen die Hand und zeigte ihrer Mutter Rafes Wagenschlüssel und den Schlüssel für die Handschellen. Cathy drückte ihre Tochter an sich und schob sie dann zu Juanito.
"Diesmal wirst du ihn nicht verlieren, Mommy."
Sadie hüpfte zu Rafe und umarmte ihn, ehe sie mit Juanito zur Straße rannte.
Nun waren die beiden Erwachsenen allein in der Küche. Sofort breitete sich eine gespannte Atmosphäre aus.
Cathy schenkte Rafe Kaffee nach und setzte sich ihm gegenüber vor ihren leeren Teller.
Die Stille wurde unerträglich und zerrte mit jeder Sekunde mehr an ihren Nerven.
Rafe raschelte mit der Zeitung und duckte sich tiefer hinter das Blatt, als wolle er sich verstecken.
Cathy hämmerte mit der Gabel auf ihrem Teller herum.
Rafe blätterte ungehalten in der Zeitung.
Die Terrassentür knarrte, als Old Yeller zurückkam und sich hechelnd dagegen stemmte.
Erneut wirbelte eine Seite herum. Rafe las ebenso wenig, wie Cathy aß.
Noch nie war ihr Rafes Gegenwart so bewusst gewesen wie in diesem Moment, als der kühle Herbstwind durch das halb geöffnete Fenster über der Spüle hereinwehte. Die gelben Gardinen, die sie in Austin gekauft hatte, flatterten unruhig auf und ab, die Luft roch süßlich nach Zedern.
Es wäre genau der richtige Morgen gewesen, um sich zu lieben, wenn
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