Baccara Exklusiv Band 23
flatterhaften, verwöhnten Mutter einen Brief nach dem anderen zu schreiben und sie darin zu bitten, sie nach Hause zu holen. Doch die vergnügungssüchtige Chris hatte sich über diese Briefe nur amüsiert und einer Freundin beim Essen in Paris gesagt: "Sie wird sich schon anpassen."
Aber sie sollte sich täuschen. Cathy freundete sich mit dem Sohn des Hausmeisters an und wurde von der Schule verwiesen, weil sie ausgerissen war, um mit ihm zu spielen.
Während Cathy sich die glanzvolle Zukunft ihrer Tochter vor Augen hielt, war sie nicht gewillt, darüber nachzudenken, dass es ihr selbst nie gelungen war, sich in der High Society zu Hause zu fühlen oder sich mit oberflächlichen Menschen zu befreunden.
Als Sadie nicht aufhörte, Schlürfgeräusche zu machen, nahm sie das Kind entschlossen an die Hand und ging mit ihm zu den Holzstühlen, die auf der Veranda standen.
"Schätzchen, du machst die Geräusche wirklich gut nach, aber ich habe jetzt wirklich keine Lust darüber nachzudenken, ob Geister ihre Nahrung essen oder einsaugen. Ich … ich muss dir etwas Schönes erzählen."
Als Sadie Cathys einschmeichelndes Lächeln bemerkte, ließ sie die Hand der Mutter los.
Mit gespielter Gelassenheit setzte sich Cathy und zog Sadies kleinen Stuhl zu sich heran. "Komm, setz dich zu mir …"
Doch anstatt zu gehorchen, stapfte Sadie ans andere Ende der Veranda, hockte sich hin wie ihr indianischer Freund Juanito und begann die Blütenblätter einer Ringelblume abzuzupfen. "Ich muss dir auch etwas Schönes erzählen", meinte das kleine Mädchen verdrossen und ließ die Blütenblätter in den Korb fallen.
Cathy beobachtete, wie ihre Tochter die Blumen zerpflückte, und ihr Herz krampfte sich zusammen. Spürte das Kind etwa, dass sie wieder über Maurice reden wollte?
"Hör doch auf damit!", entfuhr es ihr.
Daraufhin zerriss Sadie die Blüten mit noch größerem Eifer. "Pita braucht die Blütenblätter, um damit eine Spur vom Friedhof nach Hause zu streuen, damit Lupe den Heimweg findet."
Cathy schluckte. Es schien ihr ratsam, behutsamer vorzugehen. "Sag du mir zuerst, was du erzählen möchtest, Schätzchen."
Sadie hielt in der Bewegung inne, sie sah nachdenklich aus, und im Gegensatz zu sonst wirkte sie ruhig und besonnen. Nach längerem Schweigen begann sie zu sprechen, ihre Stimme war kaum zu hören. "Pita sagt, dass Lupe mir dieses Jahr vielleicht meinen richtigen Daddy mitbringt, wenn sie kommt."
Sadie verstummte, und das war auch gut so, denn Cathy hätte keine weitere Silbe mehr ertragen können. Sie sprach so gut wie nie mit dem Mädchen über Rafe, doch der Kummer des Kindes war so groß, dass sie es nicht übers Herz brachte, einfach darüber hinwegzugehen.
"Nein!", rief Cathy verzweifelt, sprang auf und lief zu Sadie. "Mein armes Schätzchen, es tut mir so Leid für dich." Sie sank vor dem Kind auf die Knie und zog es in ihre Arme, dabei fiel Sadies spitzer Hexenhut zu Boden.
Zärtlich strich Cathy dem Mädchen einige goldblonde Haarsträhnen aus dem Gesicht. "Meine Gordita, er wird nie kommen."
Sadie war ganz ruhig und aufmerksam. "Woher weißt du das?"
"Ich … ich weiß es eben."
Lange hielten sie sich schweigend umarmt und schauten in die Dunkelheit, bis plötzlich der Wind den Hut ergriff und ihn fortrollte.
"Mein Hut!", schrie Sadie und befreite sich aus der Umarmung ihrer Mutter.
Rasch hastete sie hinter dem schwarzen Hut her, hob ihn auf und drückte ihn sich unbeholfen wieder auf den Kopf.
"Sadie, glaub mir, dein Vater wird nie wieder …"
Der Blick von Sadies leuchtend blauen Augen schien ins Leere zu gehen. "Mommy, warum hat der liebe Gott meinen Daddy sterben lassen?" Traurig verzog sie das Gesicht, das unter dem großen, dunklen Hut noch kleiner und blasser wirkte.
Cathy hätte alles getan, um ihrem Kind Kummer zu ersparen, doch was sollte sie machen? Schließlich hatte sie diese Situation heraufbeschworen. "Sadie, ich weiß auch nicht, warum das alles so gekommen ist. Das ist nun einmal so im Leben."
"Dann erzähl mir von meinem Daddy, beschreib mir genau, wie groß und stark er war", bat sie leise. "Erzähl mir, wie er dich mit seinem texanischen Akzent begrüßt und 'Howdy, Ma'am' gesagt hat." Mit kindlichem Eifer spielte sie einen texanischen Rancher und übertrieb natürlich stark, aber es fiel Sadie sehr leicht, andere Sprachen und Akzente nachzuahmen, sie besaß zudem großes schauspielerisches Talent. Eine ihrer leichtesten Übungen war es, Maurice nachzumachen, was sie
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