BACCARA EXKLUSIV Band 61
freimachte, die mit Paige und Haven zu tun hatten. Er durfte sich nicht ablenken lassen, damit er sich vollkommen auf die vor ihm liegende Aufgabe konzentrieren konnte.
Er schloss die Augen und lenkte seine gesamte Aufmerksamkeit nach innen, um sich jedes Muskels seines Körpers genau bewusst zu werden. Seine Sinne waren aufs Äußerste geweckt, er fühlte das Haar auf seinen Armen und hörte das Echo seines regelmäßigen Herzschlags.
Er nickte zufrieden, öffnete die Augen, sah noch einmal auf seine Uhr und bewegte sich dann lautlos auf Lagerhaus 8 zu.
Haven stand in der Tür des kleinen Raums, in dem Paige noch immer friedlich schlief und nichts von den Gefahren ahnte, in denen sie schwebten. Marian stand dicht hinter Haven. Sie blickten in den Hauptraum des Lagerhauses, der notdürftig von Leuchtstofflampen erleuchtet wurde, die mit Ketten an der Decke festgemacht waren. Wuchtige Kartons waren unterschiedlich hoch links und rechts an den Wänden gestapelt. Sie wirkten wie gefährliche Wachtposten.
Im trüben Licht der Lampen stand Gerald. Er hatte das Gesicht dem großen Eingangstor zugewandt, das etwa 30 Meter entfernt auf der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes lag.
Haven schauderte es, als sie Gerald sah. Schon als sie ihm vor ein paar Stunden das erste Mal begegnet war, hatte sie eisige Furcht und abgrundtiefen Hass verspürt.
Dieser Mann würde Paige und sie, ohne mit der Wimper zu zucken, töten. Jetzt stand er ungerührt da und wartete auf Carl.
Irgendwo im Schatten hielt sich ein zweiter Mann verborgen. Sie hatte ihn kurz erblickt, als sie sich auf Marians Befehl hin in die Türöffnung gestellt hatte. Carl würde zwar Gerald sehen, aber nicht den zweiten Gegner, der nur darauf wartete, ihn aus dem Hinterhalt zu überfallen.
Haven fühlte sich innerlich wie zerrissen. Auf der einen Seite sehnte sie Carl herbei, damit er diesem Schrecken ein für alle Mal ein Ende machte und Paige und sie in Sicherheit brachte.
Aber etwas in ihr wünschte sich ebenso stark, dass sich die Tür, die Gerald nicht aus den Augen ließ, niemals öffnen würde. Dass Carl sich nicht zeigte und sich damit in Lebensgefahr begab.
Am liebsten hätte sie laut geschrien, hätte Carl gewarnt, dass er wegbleiben sollte.
Im nächsten Moment wollte sie, dass er in seiner ganzen Größe erschien, ihr kraftvoller Märchenprinz, der sie und Paige aus der Gefahr befreien würde und sie aus der Dunkelheit in die Welt des Lichts und der Wärme zurückbrachte.
„Mitternacht“, ertönte Marians Stimme hinter ihr. Der Tonfall war unverändert freundlich. „Dein Liebster sollte jetzt jede Sekunde erscheinen. Denk an die Instruktionen, Haven. Du musst hier ganz still stehen bleiben, damit er dich sehen kann.“ Sie nahm die Pistole aus ihrem Beutel und drückte sie ihr in die Taille. „Du weißt, was das hier ist. Ein Ton von dir …“
Haven nickte und starrte auf die große Tür. Und dann stockte ihr beinahe der Atem, als sie sich öffnete und Carls Silhouette sichtbar wurde. Seine hoch aufgerichtete Gestalt zeichnete sich scharf gegen den Sternenhimmel ab.
„Guten Abend, Mr. Shannon“, sagte Gerald. „Kommen Sie doch bitte herein, schließen Sie die Tür, und heben Sie dann beide Hände hoch.“
Carl folgte den Anweisungen, während er gleichzeitig mit den Augen den Raum überflog und versuchte, möglichst viele Informationen über die Gegenstände zu speichern, die sich darin befanden. Er zwang sich, über Haven hinwegzusehen, damit die Emotionen nicht wieder geweckt wurden, die er mühsam unterdrückt hatte, um sich ganz auf seinen Gegner konzentrieren zu können.
„Haben Sie die Liste?“
„Ja.“
„Dann kommen Sie bitte langsam näher.“ Seine Pistole in der einen Hand, wies Gerald mit der anderen kurz nach hinten. „Sie sehen sicher, wohin Marian ihre Waffe gerichtet hat. Das Leben Ihrer Freundin und ihrer Tochter liegt also in Ihrer Hand.“
Plötzlich wurde Carl von einer Welle intensiver Erinnerungen übermannt, und er sah eine andere Frau und ihr Kind vor sich. Eine Frau und ein Kind, denen er ebenfalls versprochen hatte, sie zu beschützen, und die umgekommen waren, weil er sein Versprechen nicht gehalten hatte.
Er schüttelte den Kopf und machte sich fast gewaltsam von den Schreckensbildern frei, die ihn zu lähmen drohten, zwang sie zurück auf den Grund seines Unterbewusstseins. Dann bewegte er sich Schritt für Schritt vorwärts. Er ging dabei leicht nach rechts, statt direkt auf seinen Widersacher
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