Back to Blood
kleiner Fabriken … Das Museum of the Instant war eine Bruchbude … und zu klein für die hineindrängenden Insider der Miami Basel … In dem einzigen halbwegs passablen Ausstellungsraum stapelten sich an einer Wand Hunderte abgefahrener schwarzer Reifen. An einem schiefen, rohen Holzpfosten hing ein Schild:
EINGEBORENENMÜLL DES TAGES
— Sammlung des Museum of the Instant —
Aus der Lautsprecheranlage dröhnte ein Rhythmus-Track, » BOOM chilla BOOM chilla BOOM chilla BOOM chilla … « Hinter dem Haufen schmutziger schwarzer Reifen tritt eine große, weibliche, schwarz gekleidete Gestalt hervor. Sie hat kalkweiße Haut … und lange schwarze Haare, die wallend auf die gepolsterten und plissierten Schultern einer akademischen Robe fallen, wie sie Studenten bei der Abschlussfeier tragen. Die Robe ist weit geschnitten. Sie fällt schwer auf den Boden. Die Gestalt lächelt nicht.
Sie steht regungslos da, macht keinen Pieps, dreißig Sekunden lang. Wahrscheinlich ist das Heidi Schlossel.
Sie hebt ihre Hände, führt sie hinter dem Nacken zusammen und löst einen Verschluss.
Die Robe fällt plötzlich und vollkommen von ihren Schultern, plomp. Als ob sie eine Tonne schwer wäre.
Sie stand jetzt splitterfasernackt vor einem großen Haufen aus schwerem schwarzem Stoff … starr, aufrecht. Ihr Gesicht war ausdruckslos … Sie sah aus wie ein Untoter aus einem Horrorfilm … ohne eine einzige Naht.
Magdalena flüsterte Norman zu, »Lass uns gehen — sofort!« Sie nickte zu Maurice. Norman schüttelte nur den Kopf … Nein.
Die nackte Frau schien für diese Rolle, was immer sie auch darstellen sollte, fünfzehn Jahre zu alt und fünfzehn Pfund zu schwer zu sein. Mit der toten Stimme der Untoten begann sie zu sprechen. »Männer haben mich gefickt … sie haben mich gefickt, haben mich gefickt, durchgefickt, ins Knie gefickt —« … und so ging es weiter, das Ich-war-ein-verfickter-Zombie-Gedicht — bis sie plötzlich einen Daumen und zwei Finger in ihre Vagina einführte, eine Wurst herauszog, sozusagen lebendig wurde und schrie »Ent-fickt!« — worauf sie eine zweite, mit der ersten verbundene Wurst herauszog — »Ent-fickt!« — und dann noch eine und noch eine — »Ent-fickt!« und »Ent-fickt!« und »Ent-fickt!« und »Ent-fickt!«. Magdalena konnte nicht fassen, wie viele Würste die Frau in ihrer Vagina untergebracht hatte.
Maurice’ Hand krampfte sich um seine Genitalien. Aber anstatt sie mit der Hand zu reiben, bewegte er … um nicht aufzufallen … unter der Hand seinen Körper hin und her.
Magdalena stieß Norman an und flüsterte laut, »Maurice!« Norman achtete nicht auf sie. Er starrte auf Heidi Schlossel und ihre nächste Wurst. Magdalena war es inzwischen egal, ob man sie hörte. »Herrgott noch mal, Norman! Schau dir Maurice an!«
Norman warf ihr einen bösen Blick zu … schaute aber dann doch zu Maurice. Erst starrte er ihn nur an … kalkulierend … kalkulierend … stieß dann einen tiefen, selbstverleugnenden Seufzer aus und legte … sanft … einen Arm um Maurice’ Schultern … neigte den Kopf zu ihm und sagte wie zu einem Kind … »Maurice, wir müssen jetzt gehen.«
Wie ein gehorsames Kind, das weiß, dass es seine Eltern enttäuscht hat, ließ Maurice sich aus dem Museum of the Instant führen.
Maurice war schweigsam … und reumütig … aber Norman ärgerte sich. Er schüttelte den Kopf, ohne Magdalena und Maurice anzuschauen.
»Was ist los, Norman?«, fragte Magdalena.
»Da soll noch eine große After-Party ganz in der Nähe steigen. In der Galerie Linger in Wynward, wo immer das ist.« Er schüttelte weiter den Kopf. »Aber das können wir jetzt wohl vergessen.«
Später fragte Magdalena herum und erfuhr, dass bei Linger, einer großen Galerie, eine »Privatsammlung« fotorealistischer pornografischer Gemälde, was immer das bedeuten sollte, fotorealistisch, und Skulpturen homosexueller Orgien gezeigt wurden.
Warum beschäftigte sich die sogenannte avantgardistische Kunst so viel mit Pornografie?, fragte sich Magdalena. Was um alles in der Welt war der Grund dafür? … Und wer ärgerte sich mehr darüber, das alles nicht sehen zu können, der Patient … oder der Arzt?
Aber jetzt, am letzten Abend, war alles so, als wäre nichts gewesen. Alle drei, Maurice, Norman und sie selbst, stürzten sich vor dem Dinner in die nächste Runde aus Partys und Empfängen … und das Dinner am letzten Abend war wirklich etwas Besonderes. Michael du Glasse und seine Frau,
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