Back to Blood
Lage zu sondieren.
Zufällig drehte sich einer um und sagte, »Hey, Jonathan, da hinten ist einer. Der ist gerade die Leiter hochgeklettert.« Und tatsächlich stand da schwer atmend dieser dünne, drahtige, patschnasse, abgerissene kleine Mann … obdachlos, dachten sie alle. Er war die Leiter am Heck hochgeklettert, die sie benutzten, wenn sie schwimmen wollten. Er stand tropfend auf dem Achterdeck und schaute sie regungslos an. Dann ging er langsam auf sie zu, vorsichtig, nach Luft schnappend, bis Jona than in seiner Eigenschaft als Bootseigner und Kapitän ihn an schrie, »Hey, stehen bleiben, was soll das, was machst du da?« Der Kerl blieb stehen, begann mit beiden Händen, die Handflächen nach oben, zu gestikulieren, und brabbelte, zwischendrin immer wieder nach Luft schnappend, irgendwelches Zeug in einer Sprache, die sie für Spanisch hielten. Jonathan schrie, »Verschwinde, hau ab, verpiss dich!«, und andere unfreundliche Sachen. Daraufhin fing der Landstreicher, für den sie ihn alle hielten, an zu laufen, schwankend, stolpernd, schlingernd, aber nicht von ihnen weg, sondern genau auf sie zu. Die Mädchen fingen an zu kreischen. Der Landstreicher sah aus wie eine nasse Ratte. Haare klebten ihm im Gesicht. Die Augen waren weit aufgerissen. Der Mund stand weit offen, vielleicht nur deshalb, weil er nicht genug Luft bekam. Man konnte seine Zähne sehen. Er sah irgendwie gestört aus. Die Männer brüllten ihn an und fuchtelten mit den Armen herum — kreuz und quer, wie Schiedsrichter beim Football, die anzeigen, dass ein Field Goal ungültig ist. Der Landstreicher bewegt sich weiter auf sie zu und ist nur noch ein paar Meter von ihnen entfernt und die Mädchen kreischen und machen einen Höllenlärm und die Männer brüllen jetzt nicht mehr, sondern kreischen auch schon fast und fuchteln mit den Armen in der Luft herum und der Landstreicher rennt los, rennt zum Vordermast und klettert hoch, bis zur Spitze.
»Moment«, sagte Sergeant McCorkle. »Noch mal von vorn. Der Kerl steht also da hinten auf dem Deck, und dann läuft er den ganzen Weg über das Deck bis hierher. Haben Sie nicht versucht ihn aufzuhalten? Hat irgendwer versucht ihn aufzuhalten?«
Jonathan wich seinem Blick aus, atmete tief ein und sagte: »Na ja, der … der hat wie ein Psycho ausgesehen, echt irre. Vielleicht hatte er ja eine Waffe dabei oder so, einen Revolver, ein Messer. Konnte man ja nicht wissen.«
»Verstehe«, sagte der Sergeant. »Er hat wie ein Psycho ausgesehen und hatte vielleicht eine Waffe dabei, aber das konnten Sie ja nicht wissen, und Sie haben nicht versucht ihn aufzuhalten, keiner hat versucht ihn aufzuhalten.« Er sagte das nicht als Frage, sondern er rezitierte es … auf die trockene höhnische Art, die Cops so mögen.
»Äääh … das stimmt«, sagte der große Jugendliche Müßiggänger.
»Wie ist er den Mast hochgeklettert?«, fragte der Sergeant. »Sie sagten, er war außer Atem.«
»Mit diesem Seil hier, das hängt immer am Mast runter. An der Spitze ist ein Flaschenzug. Und mit einer Sitzschale. Man setzt sich unten auf den Sitz, und dann zieht einen ein anderer bis zur Spitze hoch.«
Sergeant McCorkle zeigte nach oben. »Und wer hat ihn hochgezogen?«
»Na ja, er selbst — wenn es sein muss, kann man sich selbst an dem Seil hochziehen.«
»Das dauert aber seine Zeit, oder?«, sagte der Sergeant. »Haben Sie versucht ihn aufzuhalten? Hat irgendwer versucht ihn aufzuhalten?«
»Nun ja, wie gesagt, er sah …«
»… wie ein Psycho aus«, sagte McCorkle und beendete den Satz für ihn. »Und er hatte möglicherweise irgendwo eine Waffe versteckt.« Der Sergeant nickte in spöttischer CopManier, als hätte er verstanden. Dann schaute er zu Nestor und hob auf ganz bestimmte Art die Augenbrauen, was so viel bedeutete wie, »Das ist vielleicht ein Haufen Weicheier, was?«
Ah, welche Glückseligkeit! Zu diesem Zeitpunkt kam dieser Blick für Nestor der Verleihung der Medal of Honor gleich! Der Sergeant hatte ihn als Mitglied der tapferen Polizistenbruderschaft anerkannt! — und nicht nur als einen Probezeitpenner, der zu nichts weiter taugte, als ihm im Weg rumzustehen.
Das Funkgerät des Sergeants knackte … »Der Typ behauptet, ein Anti-Castro-Dissident zu sein … Brücke voller Kubaner, die Asyl für ihn fordern. Im Moment unwichtig. Im Moment ist nur wichtig, dass ihr den Burschen da oben runterholt. Die acht Fahrspuren auf dem Causeway sind total verstopft. Nichts geht mehr. Wie sieht euer
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