Back to Blood
Plan aus? Q,K,T ?«
Mehr brauchten sie nicht zu wissen. Für jeden Cop in Miami, besonders für einen wie Nestor oder den Sergeant, reichte das als Erklärung … für den Mann auf dem Mast. Zweifellos hatten ihn kubanische Schmuggler mit einem dieser hundertzehn Stundenkilometer schnellen Hochgeschwindigkeits boote, wie sie Zigarettenschmuggler benutzten, in die Biscayne Bay gebracht, hatten ihn in der Nähe des Ufers abgesetzt oder einfach ins Wasser geworfen, hatten dann kehrtgemacht und waren wieder nach Kuba zurückgerast. Für diese Dienstleistung hatte er wahrscheinlich eine Summe in der Größenordnung von $5 000 zahlen müssen … in einem Land, wo das durchschnittliche Monatseinkommen eines Arztes bei $300 lag. Er paddelt also jetzt in der Bucht herum, sieht die Leiter am Heck des Bootes und klettert hoch, möglicherweise in dem Glauben, es läge vor Anker, weil es sich nicht bewegt, und weil er glaubt, er könnte jetzt einfach an Land gehen oder das Boot würde ihn zumindest bis zu der Brücke bringen. Das reicht für einen Kubaner: den Fuß auf amerikanischen Boden oder ein Bauwerk zu setzen, das mit amerikanischem Boden verbunden ist, wie diese Brücke, dann wird ihm Asyl gewährt … Wenn er Kubaner ist … Keinem anderen Flüchtling wird dieses Privileg zuteil. Kubaner genießen Amerikas Meistbegünsti gungsstatus für Einwanderer. Wenn ein kubanischer Flüchtling seinen Fuß auf amerikanischen Boden (oder ein amerikanisches Bauwerk) setzt, wird er als »dry foot« klassifiziert und ist in Sicherheit. Greift man ihn jedoch im oder auf dem Wasser auf, dann wird er nach Kuba zurückgeschickt, es sei denn, er kann einen Ermittlungsbeamten der Küstenwache davon überzeugen, dass ihm bei einer Rückkehr »eine glaubhafte Gefährdung« droht, zum Beispiel Verfolgung durch die Kommunisten. Der Mann auf dem Mast ist zwar nicht mehr im Wasser — aber auf einem Boot. Als Nestor und der Sergeant das Boot betreten, befindet er sich also formal immer noch »im Wasser« und ist deshalb als »wet foot« zu klassifizieren. Wet Foots haben Pech gehabt. Die Küstenwache bringt sie nach Guantanamo, wo sie im Grunde wie ein unerwünschtes Haustier im Wald ausgesetzt werden.
Aber im Augenblick verschwendet die Führungsspitze der Polizei keinen Gedanken an diese Dinge. Es ist ihr nicht wichtig, ob der Mann ein Wet Foot, ein Dry Foot, ein kubanischer Ausländer oder ein verirrter Mongole ist. Ihr ist auschließlich wichtig, dass sie ihn von dem Mast runterbekommen — und zwar sofort — damit auf dem Causeway der Verkehr wieder normal fließen kann.
Der Sergeant wandte den Kopf zur Seite, und sein Blick konzentrierte sich … auf einen imaginären Punkt in der Ferne. Er verharrte scheinbar ewig in dieser Haltung. »Okay«, sagte er schließlich und schaute wieder Nestor an. »Was meinen Sie, können Sie auf den Mast da raufklettern, Camacho? Der Bursche spricht kein Englisch. Aber Sie können mit ihm reden. Sagen Sie ihm, uns liegt nichts daran, ihn festzunehmen und nach Kuba zurückzuschicken. Wir wollen ihn einfach da runterholen, damit er nicht abstürzt und sich den Hals bricht … oder oben bleibt und mir auf die Eier geht.« So weit stimmte das. Das Präsidium wies seine Beamten offen an, sich nicht in Angelegenheiten in Zusammenhang mit illegalen Einwanderern einzumischen. Das war ein Problem der Bundesbehörden — der Einwanderungs- und Zollbehörde, des FBI und der Küstenwache. Aber das hier war Nestor Camachos Problem beziehungsweise, es waren seine Probleme: Er musste einen zwanzig Meter hohen Vormast hochklettern … und er musste einen armseligen, dürren und panischen Kubaner dazu überreden, mit ihm von diesem verdammten Mast wieder herunterzuklettern.
»Also, was ist, Camacho, schaffen Sie das?«
Die ehrlichen Antworten waren »Nein« und »Nein«. Aber die einzig möglichen Antworten waren »Ja« und »Ja«. Er konnte sich ja schlecht hinstellen und sagen, »Tja, Sarge, um die Wahrheit zu sagen, ich spreche gar kein Spanisch — jedenfalls nicht gut genug, um irgendwem irgendwas auszureden.« Es ging ihm wie den meisten Kubanern der zweiten Generation. Er verstand zwar Spanisch, weil seine Eltern zu Hause nur Spanisch sprachen. Aber in der Schule sprachen praktisch alle Englisch — trotz des ganzen Geredes über Zweisprachigkeit. Es gab mehr spanische Fernseh- und Radiostationen als englische, aber die besten Sendungen waren auf Englisch. Die besten Filme, die besten Blogs (und Onlinepornos) und
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