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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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nicht treffen — auf einen Kaffee, zum Frühstück … egal? «
    »Wann?«
    »Sofort!«
    »Muss das unbedingt gleich sein? Es ist halb sechs. Ich bin erst um zwei ins Bett.«
    »Bitte, Nestor, und wenn da-ha-ha-aa-has das Letzte ist, was du für mich tust. Ich brau-au-au-auche dich je-ee-ee-etzt.« Ihre Worte zerflossen in Tränen, selbst kurze Worte wie das und jetzt . »Ich kann nicht mehr schla-ha-ha-afen. Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich hab solche Angst, Nestor! Bitte, hi-ii-ii-lf mir!«
    Was sich in der gesamten Menschheitsgeschichte erwiesen hat: Ein starker Mann ist nur selten stark genug, um die Tränen einer Frau mit einem Achselzucken abzutun … Dazu kam Nestors Stolz auf seine eigene Kraft und — darf er das überhaupt denken? — seinen Heldenmut als Beschützer — der Mann auf dem Mast, der sich jeden Augenblick in den Tod gestürzt hätte … Hernandez, der jeden Augenblick von dem Monster in dem Crackhaus erwürgt worden wäre … die Tränen einer um einen Beschützer flehenden Frau … Er knickte ein.
    »Also … wo?«, fragte er. Sie hatten beide Mitbewohner in Wohnungen, die zu klein waren, um sich ungestört unterhalten zu können. Okay, also auf einen Morgenkaffee, aber welcher Laden hatte so früh schon geöffnet? »Wir könnten uns bei Ricky’s treffen«, sagte Nestor.
    Magdalena war überrascht. Etwa Ricky’s in Hialeah? «
    ::::::Genau den meine ich:::::: dachte Nestor. Es war einfach so, dass er in der Sekunde, als er das Wort »Ricky’s« aussprach, den Ambrosiaduft der pastelitos roch … und sofort einen Bärenhunger verspürte … was ihn wiederum davon überzeugte, dass er ohne Ricky’s keine Chance hatte, wach zu bleiben. Er sagte aber nur, »Ich kenne sonst keinen Laden, der um halb sechs aufhat, und wenn ich nicht bald was zu essen kriege, dann musst du mit einem Zombie sprechen.«
    Also bei Ricky’s, in einer Dreiviertelstunde, um Viertel nach sechs. Unwillkürlich stieß er einen tiefen Seufzer aus … gefolgt von einem tiefen Stöhnen … Was tat er da?

Nestor musste zwei Blocks von Ricky’s entfernt parken, und die zwei Blocks zu Fuß entfachten seinen Groll auf Hialeah aufs Neue. In seinen Augen hatten nicht nur seine Eltern, sondern auch seine Nachbarn — er sah Mr. Ruiz vor sich, wie er mit den Fingern schnippte, als hätte er etwas vergessen, und dann ins Haus zurückging, nur um El Traidor Nestor Camacho nicht über den Weg zu laufen — ganz Hialeah hatte ihn nach jener Rettungsaktion wie eine Peinlichkeit, wie eine Ratte behandelt ::::::jawohl, ich habe den Mann gerettet! Ich habe nie daran gedacht, den Mann auf dem Mast zu verhaften … Die Einzigen, die mir eine faire Chance gegeben haben, waren Cris ty und Nicky bei Ricky’s:::::: … und sofort blippte wieder die freischwebende Lust, die Cristy schon immer bei ihm ausgelöst hatte, in seine Lenden und besserte seine Laune ein bisschen.
    Jetzt ging er auf dem Gehsteig an den miesen und klapprigen kleinen Geschäften entlang, an denen er auf dem Weg zu Ricky’s vorbeimusste. Und da war er … der alberne Santería-Laden, wo Magdalenas Mutter ihren ganzen Voodoo-Tand kaufte … Tja, und wer hätte das gedacht? Mitten im Schaufenster stand eine einen Meter große Statue des heiligen Lazarus, in der widerlich blassgelben Farbe, die die widerlich schwarzbraunen, schrundigen Lepraknoten hervorhob, die seinen Körper bedeckten — Magdalenas Mami … meine eigene Mami … Warum erinnerte mich dieser jammervolle Aussätzige an meine Mami? … eine jammervolle Seele, die vom Leiden anderer zehrte … Sie hat natürlich an ihren caudillo zu glauben … aber sie ist auch zur Liebe für ihren verräterischen Sohn verpflichtet … und bietet ihm trotz seiner Verfehlungen ein nettes weiches Lager aus Mitleid … »Ich verzeihe dir, mein verlorener Sohn, ich verzeihe dir« … Widerlich, einfach widerlich!
    Aber jetzt steigt ihm der erste Dufthauch der pastelitos in die Nase, was heißt, nur noch ein paar Meter bis zu Ricky’s. Ambrosia! Er steht vor der Tür … und er kann bereits spüren, wie seine Zähne den Blätterteig zerteilen, und sehen, wie sich die Blätterteigflocken wie winzige Blumen von dem pastelito lösen, und schmecken, wie sich das Rinder- und Schweinehack in einem Bett aus Blätterteigblüten zwischen seinen Zähnen hindurch auf seine Zunge schieben. Er geht hinein … Es kommt ihm wie eine Ewigkeit vor, seit er zuletzt in dieser Tür gestanden hat, aber nichts hat sich verändert. Da

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