Back to Blood
ihm, dass John Smith dran war. Also warf er Ghislaine einen schnellen Dios-mío -Blick zu und rannte aus dem Ausstellungsraum in die Lobby. Dort verdeckte er mit beiden Händen den Apparat des Anstoßes und antwortete mit übertrieben gedämpfter Stimme.
»Camacho.«
»Nestor, wo sind Sie?«, sagte John Smiths Stimme. »Sie hören sich an, als würden Sie unter einer Ladung Sand stecken.«
»Ich bin im Museum. Ich dachte mir, ich schaue mir diese — na ja, Sie wissen schon. Ich bin —«
John Smith fuhr Nestor rüde über den Mund. »Hören Sie zu, Nestor. Igor hat angerufen. Der ist ganz schlecht drauf. Er hat gerade den Artikel gelesen — oder irgendwer hat ihn ihm vorgelesen.«
»Jetzt erst?«
»Jemand hat ihn angerufen. Ich bezweifele, dass Igor irgendwas auf Englisch liest. Und seine Freunde wahrscheinlich auch nicht, wenn er überhaupt welche hat. Egal, er ist jedenfalls ziemlich durch den Wind. Erst dachte ich, er ist sauer auf mich . Wahrscheinlich ist er das auch, aber er ist wegen was anderem so aufgeregt. Er hat Angst. Er glaubt, dass Koroljow ihn sich greifen will. Er ist ganz sicher. Er hat Angst, dass sie ihn in einen Hinterhalt locken, Hinterhalt wie in töten, umbringen . Er glaubt, dass sie schon ausgesucht haben, wo. Er hat sie nicht gesehen, sie haben ihn auch nicht bedroht oder so — er ist hyperparanoid. Ich sag zu ihm, ›Glauben Sie etwa, bloß weil Sie ein paar Witze über seine Bilder gemacht haben, will er Ihnen gleich ans Leder?‹ Eine Zeit lang sagt er gar nichts. Und dann, ›Nein‹ — aufgepasst! — ›deshalb nicht, aber weil ich der bin, der die Bilder gemalt hat. Warum mussten Sie das auch schreiben, dass ich solche Sachen schon mit verbundenen Augen gemalt habe? Sie haben mir das eingebrockt! Sie haben die praktisch mit der Nase drauf gestoßen‹ und so weiter und so weiter. Der dreht fast durch, Nestor … aber er hat es zugegeben!«
»Er hat wörtlich gesagt, dass er sie gefälscht hat? Hat irgendwer die Unterhaltung mitgehört — oder steht einfach Ihr Wort gegen seins?«
»Noch besser«, sagte John Smith. »Ich hab alles auf Band — mit seinem Einverständnis. Ich hab ihm erzählt, dass eine Aufzeichnung jedes seiner Schritte für ihn von Nutzen wäre.«
»Aber damit gesteht er doch ein, dass er ein Kunstfälscher ist?«
»Das ist jetzt die geringste seiner Sorgen. Er glaubt, dass die hinter ihm her sind. Außerdem, wenn Sie mich fragen, ist er ganz scharf drauf, dass sein großartiges Talent endlich bekannt wird.«
::::::Jesucristo.:::::: Etwas an John Smiths Begeisterung, an seinem Jagdfieber, an seiner Vorfreude auf einen kapitalen journalistischen Coup, erschreckte Nestor.
20
Die Zeugin
¡Caliente! Caliente baby … Got plenty fuego in yo’ caja china … Means you needs a length a Hose put in it ::::::Jesus! Wie spät ist es?:::::: Nestor drehte sich zu seinem iPhone um und nahm es in die Hand ::::::5:33 Uhr — mierda :::::: und knurrte so giftig, wie er noch nie in seinem Leben geknurrt hatte: »Camacho.«
Die Frau am anderen Ende sagte, »Nestor?« … mit einem großen Fragezeichen … Sie war sich nicht sicher, ob diese ungastliche, animalische Stimme überhaupt die von Nestor Camacho war.
»Ja«, sagte er in einem Ton, der die Botschaft aussandte, verpiss dich gefälligst .
Mit schwacher, fast tränenerstickter Stimme sagte die Frau, »Entschuldige, Nestor, aber ich würde dich nicht anrufen, wenn ich mir anders zu helfen wüsste. Ich bin’s … Magdalena.« Sie sprach mit stockender Stimme weiter. »Du bist der … einzige Mensch … der mir … helfen kann!«
::::::Ich bin’s … Magdalena! ::::::
Eine einzige Erinnerung klinkte sich unbemerkt, also unterbewusst, in Nestors Gehirn ein und sickerte in sein Nervensystem, ohne sich zu einem konkreten Gedanken zu verfestigen … blip Magdalena schmeißt ihn in Hialeah aus ihrem Wagen, dem BMW , zu dem sie auf rätselhafte Weise gekommen war, und rauscht mit quietschenden Reifen davon, wobei zwei buchstäblich vom Boden abheben, als sie um die Ecke biegt, um so schnell wie möglich von ihm wegzukommen. Die Erinnerung kam unbemerkt, aber sie tat ihre Wirkung und tötete Liebe, Lust, Libido, sogar Sympathie ab … um halb sechs Uhr früh.
»Nestor? … Bist du noch da?«
»Ja«, sagte er. »Du musst zugeben, das ist ziemlich verrückt.«
»Was?«
»Na ja, dass du mich anrufst. Egal, ¿qué pasa? «
»Ich weiß nicht, ob ich dir das alles am Telefon erklären kann, Nestor. Können wir uns
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