Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
Vom Netzwerk:
ausgebrannte Hülle. Sein ganzer Körper war wund, so wund wie noch nie in seinem Leben. Die Gelenke der Hüften und Beine zu bewegen war so schmerzhaft, dass er sich fragte, ob sie überhaupt sein Gewicht tragen würden. Aber sie mussten . Er musste unbedingt raus hier! … Irgendwohin … und die Zeit totschlagen, bis um vier seine Schicht bei der Marine Patrol anfing. Er schob die Füße über die Bettkante und setzte sich langsam auf … saß eine Minute völlig erledigt da … ::::::Ich fühle mich zu schrecklich … Ich kann nicht aufstehen. Was dann? Willst du etwa noch weiter hier rumhängen und dich beschimpfen lassen?:::::: Mit äußerster Willenskraft die reinste Tortu r ! zwang er sich aufzustehen. Behutsam, sachte ging er auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer, stellte sich an eins der beiden Fenster des kleinen Häuschens, die zur Straße hinausgingen, und beobachtete die Frauen. Es war Samstagmorgen, und sie waren schon alle draußen und spritzten straßauf, straßab die Betonflächen vor ihren Häusern ab.
    Nie würde man einen Mann mit einem von diesen Gartenschläuchen erwischen. Das war Frauenarbeit. Es war das Erste, was seine Mutter nach dem Aufstehen tat: mit dem Dampfstrahler den fünfzehn mal sechs Meter großen Betongarten abspritzen. Zu schade, dass Beton durch Wasser nicht wuchs. Dann wäre ihr Vorgarten jetzt schon fünfzig Stockwerke hoch.
    Solange er zurückdenken konnte, bestand Nestors Bild von Hialeah aus Tausenden von Straßen wie dieser hier, aus endlosen Reihen casitas mit kleinen gepflasterten Vorplätzen … aber ohne Bäume … da und dort ein beschriftetes Auto … aber ohne Bäume … Booten, die schrien: Freizeitgestaltung!!! … aber ohne Bäume. Nestor hatte von einer Zeit gehört, als der Name Hialeah überall im Land das Bild des Hialeah Park heraufbeschworen hatte, der glamourösesten und distinguiertesten Pferderennbahn in Amerika, eingebettet in eine traumhafte Landschaft, ein üppig grüner, ganz von Menschenhand geschaffener, hundert Hektar großer Park mit einer eigenen Population der rosarotesten Flamingos … heute ein stillgelegtes, verrammeltes Relikt, ein großes zerfallendes Memento an eine unbeschwerte Zeit, als in Miami noch die Anglos das Sagen hatten. Heute genügte ein Insektenvergasungslieferwagen mit deinem Namenszug, um La Casita de Camacho einen distinguierten Status in Hialeah zu sichern. Er hatte seinen Vater dafür bewundert. Jeden Abend, wenn sein Alter Herr nach Hause gekommen war, hatte seine Kleidung nach Malathion gerochen. Aber Nestor hatte das als Zeichen des geschäftlichen Erfolgs seines Vaters betrachtet … Und der gleiche Vater wendet sich jetzt, da er seine Unterstützung am nötigsten hat, gegen ihn!
    Jesus Christus! Es war fast halb sieben, und er stand immer noch da und ließ seinen Gedanken freien Lauf … Nicht mehr lange, dann wäre die ganze Bande auf den Beinen … Camilo-der Caudillo, Lourdes, die ewig besorgte und händeringende Frau des Caudillos, und Yeya und Yeyo —
    Yeya!
    Das hatte er völlig vergessen! Heute war ihr Geburtstag! Es war ausgeschlossen, sich vor Yeyas Geburtstag zu drücken. Da wurde immer ein Spanferkel gegrillt … so groß, dass es locker für hundert Leute reichte … mit allen Verwandten … zahllosen, allein hier in Hialeah … plus all den Nachbarn aus ihren nassen Betongärten. Seine Eltern, Yeya und Yeyo und sogar er selbst kannten die Nachbarn so gut, dass sie sich angewöhnt hatten, sie Tía und Tío zu nennen, als ob sie richtige Tanten und Onkel wären. Unerlaubtes Fernbleiben von der Party würde man ihm niemals verzeihen. Großmutters Geburtstagsfeier war eine Riesensache im Reich der Camachos … praktisch ein Feiertag … der umso heiliger wurde, je älter sie wurde.
    Großeltern, die im Haus ihrer Kinder mittleren Alters lebten, waren nichts Ungewöhnliches in Hialeah. Bis seine zwei Brüder und seine Schwester sich aus dem Haus geheiratet hatten, war es in ihrer casita zugegangen wie im YMCA . Ein Bad für acht Leute aus drei Generationen. So viel zum Thema Familienstreit …
    Oh, Magdalena! Wenn sie jetzt nur bei ihm wäre! Er würde ihr den Arm um die Schulter legen … vor allen anderen … in diesem Augenblick … und sie würde ihre Witze machen über all die Betonvorgärten und all die unterdrückten Ehefrauen von Hialeah. Warum taten sie sich nicht alle zusammen und wässerten wenigstens einen Baum? Genau das würde sie sagen. Sie würde sagen: Wetten, dass es in ganz Hialeah kein

Weitere Kostenlose Bücher