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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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Wege nach Miami bringen. Diese Zigarettenboote machen hundertzehn Sachen, auf dem Wasser. Das dauert vielleicht … na ja, sagen wir, zwei Stunden bis hier. Höchstens drei. Und von wegen offenes Boot. Die haben Kajüten mit Dach. Und von wegen Hunger. Der Bursche hatte wahrscheinlich nicht mal die Zeit, den Riesenlunch zu verdauen, den er vor der Abfahrt verdrückt hat!«
    »Nun ja — das spielt keine Rolle. Das Prinzip ist das gleiche —«
    »Welches Prinzip, Dad? Der Sergeant hat mir einen direkten Befehl erteilt! Ich habe einen direkten Befehl ausgeführt!«
    Verächtliches Schnauben. »Einen direkten Befehl ausgeführt.« Noch ein Schnauben. »Das machen Fidels Leute auch. Die führen auch direkte Befehle aus — die verprügeln Menschen und foltern Menschen und lassen Menschen verschwinden und stehlen alles, was sie haben. Hast du noch nie was von Ehre gehört? Ist dir die Ehre deiner Familie egal? Erbärmliche Ausreden, ich will nichts mehr davon hören … Einen direkten Befehl ausgeführt …«
    »Jetzt komm schon, Dad! Der Bursche hängt da oben am Mast, schreit den Leuten auf der Brücke irgendwelches Zeug zu und fuchtelt wild mit den Armen rum.« Er demonstriert, wie er mit den Armen rumfuchtelt. »Der Kerl war völlig neben der Spur! Der wäre abgestürzt und hätte sich den Hals gebrochen, und oben auf dem Causeway alle sechs Fahrspuren dicht, Freitag, Rushhour, der schlimmste —«
    »Oho! Ein Verkehrsstau . Warum sagst du das nicht gleich? Wow, ein Verkehrsstau . Das ändert natürlich alles … Du willst mir also sagen, dass ein Verkehrsstau schlimmer ist als Folter und Tod in Fidels Kerkern?«
    »Dad, ich wusste doch gar nicht, wer oder was der Kerl war! Ich weiß es jetzt noch nicht! Ich wusste auch nicht, was der da gebrüllt hat! Der war zwanzig Meter über mir!«
    Tatsächlich hatte er es schon gewusst, mehr oder weniger, aber das war jetzt nicht die Zeit für Feinheiten. Er musste dieser Tirade, diesem schrecklichen Tribunal — von seinem eigenen Vater! — ein Ende bereiten.
    Aber nichts konnte Ich-Camilo-Camacho-Herr-über-dieses-Reich aufhalten. »Du sagst, er wäre abgestürzt und hätte sich den Hals gebrochen. Du warst doch der, wegen dem er fast abgestürzt wäre und sich den Hals gebrochen hätte! Du warst doch ganz verrückt danach, ihn zu verhaften, egal was passiert!«
    »Jesus Christus, Dad! Ich habe ihn nicht verhaftet! Wir verhaften keine Einwan —«
    »Alle haben gesehen, dass du es getan hast, Nestor! Alle haben gewusst, das ist ein Camacho, der das macht. Wir haben es mit unseren eigenen Augen gesehen!«
    Es stellte sich heraus, dass sein Vater, seine Mutter und seine Großeltern sich die ganze Geschichte ohne Ton im amerikanischen Fernsehen angeschaut und dazu WDNR gehört hatten, einen spanischsprachigen Radiosender, der sich liebend gern über die Sünden der americanos ereiferte. Nichts, was Nestor noch sagen konnte, würde seinen Vater auch nur im Mindesten besänftigen. Ich-Camilo-Camacho warf die Hände in die Luft, als wollte er sagen, »Es ist hoffnungslos … es ist hoffnungslos …«, drehte sich um und ging.
    Seine Mutter rührte sich nicht vom Fleck. Als sie sicher war, dass Ich-Camilo-Camacho in ein anderes Zimmer gegangen war, schlang sie die Arme um Nestor und sagte, »Mir ist es egal, was du getan hast. Du bist am Leben, und du bist zu Hause. Das ist die Hauptsache.«
    Mir ist es egal, was du getan hast. Der indirekte Schuldspruch deprimierte Nestor so, dass er nichts sagen konnte. Er konnte nicht mal ein geheucheltes Danke, Mami krächzen.

Erschöpft ging er in sein kleines Zimmer. Sein ganzer Körper schmerzte, die Schultern, die Hüftgelenke, die Schneidermuskeln an den Innenseiten der Oberschenkel und die Hände, die immer noch wund waren. Seine Hände! Die Gelenke, die Knöchel — allein der Versuch, die Faust zu ballen, war eine Qual. Schuhe, Hose und Hemd auszuziehen und dann ins Bett zu steigen — eine Qual ::::::Schlaf, lieber Gott. Schlag mich bewusstlos … das ist alles, worum ich dich bitte … segel mit mir hinaus aus esta casita … in die Arme des Sandmanns … Lösche meine Gedanken aus … sei mein Morphin …::::::
    Aber Morpheus ließ ihn im Stich. Er döste ein und dann — schreckte er mit rasendem Herzschlag hellwach auf … döste ein — schreckte hellwach auf … döste ein — schreckte hellwach auf! … immer wieder, die ganze Nacht … bis er schließlich um 6 Uhr morgens hellwach aufschreckte . Er fühlte sich wie eine

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