Back to Blood
hinunter, ohne vorher nur ein einziges Mal daran zu nippen. Dann marschierte er wie ein Mann, der eine Arbeit zu erledigen hat, aus der Küche. Dabei nahm er Nestors Anwesenheit in keiner Weise zur Kenntnis … schaute ihn nicht mal kurz aus den Augenwinkeln an …
Nestor wandte sich wieder seinem Kaffee zu, der aber inzwischen kalt war, zu schwarz, zu bitter … und nicht mehr wichtig … Er dachte und dachte und dachte und dachte … und wusste immer noch nicht, wo er stand …
Er fragte sich: »Existiere ich?«
Im nächsten Augenblick … setzt gleich außerhalb der Küche jede Art von Ächzen, Stöhnen, Keuchen und Schnaufen ein, die man üblicherweise mit mörderischer Arbeit verbindet.
Sein Vater — aber was zum Teufel macht er da? Sein Körper neigt sich nach rechts, weil er auf der rechten Schulter ein gewaltiges Ding trägt. Es ist lang, es ist klobig — es ist ein Sarg. Sein Vater ringt damit, er schwankt unter dem Ding … Es schaukelt auf und ab auf der Schulter des alten Mannes … rutscht seitwärts gegen seinen Hals … Es droht seinem Griff zu entgleiten … Er wuchtet es wieder auf die Schulter … Ein Arm kämpft gegen das Seitwärtsrutschen an … der andere versucht das Auf-und-ab-Schaukeln zu stoppen … Sein Gesicht ist rot … Er schnappt nach Luft … Aus seinem Mund dringt jeder unartikulierte Laut, den man von schwerer körperlicher Arbeit kennt …
»— messch … cinngch … neetz … guuhn arrrgh … mihfughh … nuuunmp … Scheiße … boggghh … frimp … ssluuusch … gessssuh hujuh … niiinch … arrrgh … iiiiioooomp.«
Die Beine des alten Mannes geben nach. Es ist kein Sarg — es ist die caja china, in der sie immer das Schwein braten — aber wann hatte jemals jemand versucht das verdammte Ding alleine zu tragen? Da — die Metallschlitze an den Enden, wo man die Griffe einklinkt, mit denen man das Ding trägt, ein Mann am einen Ende, der andere am anderen … Welcher Idiot hatte jemals versucht, das Ding auf der Schulter zu tragen? Ich-Camilo hatte vor Jahren die caja selbst gebaut … eine sargförmige Kiste aus drei Zentimeter dickem Sperrholz, verstärkt mit Dachblech … locker siebzig Pfund schwer … zu lang und zu groß, um sie mit einem Arm umfassen und festhalten zu können —
» DAD, WARTE, ICH HELFE DIR !«, schreit Nestor.
Doch sein Alter Herr dreht sich von ihm weg … du lässt deine Finger von dem Ding, Verräter … »Arggggh« … Diese kleine Drehung — sie gibt ihm den Rest! Jetzt bestimmt die caja china, wohin die Reise geht! Das verdammte Ding ist ein riesiger wütender Stier, der selbst auf einem kleinen Reiter reitet … Nestor sieht es kommen … wie in Zeitlupe … obwohl es in Wirklichkeit so schnell passiert, dass er wie im Boden verwachsen … regungslos … verharrt, als die caja china sich zu drehen beginnt. Sein Vater dreht sich mit, versucht die Drehung aufzufangen … seine Beine verhaspeln sich … er kippt … »Arggggh« … die wütende caja china drückt ihn nach unten … »Errrnafumph« … ein Ende schlägt gegen die Wand —
K R A A A C H!
— hört sich in der kleinen casita an, als würde ein Zug entgleisen —
»Dad!« Nestor steht gebückt über dem Trümmerhaufen und will seinem Vater die riesige Kiste von der Brust heben —
»Nein!« Sein Vater schaut senkrecht nach oben in Nestors Gesicht. »Nein! Nein!« … das Gesicht jetzt vollkommen verzerrt … die Augen wie Feuer … die Furche auf der Stirn … die oberen Zähne gefletscht … »Du — nein!«
Nestor hebt die caja china trotzdem herunter und stellt sie auf den Boden … Für jemanden mit Bizepsen, Rücken- und Trapezmuskeln, mit Oberarm- und Oberschenkelmuskeln wie seinen — bis zum Anschlag aufgepumpt mit Adrenalin — ist das nichts … könnte genauso gut ein Pappkarton sein …
»Dad! Alles okay!?«
Ich-Camilo-Camacho … auf dem Rücken liegend … sei nen Sohn düster anblickend, seinen Sohn düster anknurrend … »Finger weg von der caja china «, sagt er mit tiefem, aber klar verständlichem Knurren.
Sein Dad ist nicht verletzt … er ist vollkommen klar … die Wand hat die Wucht des Aufpralls der caja china gedämpft … sie ist nur auf Ich-Camilo-Camacho draufgerutscht … er hat anscheinend keine Schmerzen … Oh, nein … er will nur Schmerzen zufügen … Ein fast verzweifeltes Gefühl macht sich in Nestors zentralem Nervensystem breit … Seit er zwölf war, hatten er und sein Vater die caja china jedes Mal zusammen nach draußen
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