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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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war. Ein echtes Paar guajiros , das da vor ihm stand. Das Wichtigste war, sie von ihrem Sohn, Ich-Camilo-Camacho, fernzuhalten … Yeya war klein und korpulent und trug ein geblümtes Mu’umu’u, ein weites Kleid, das ihre beträchtliche Körperfülle verhüllte. Aber hauptsächlich stach ihr Haar ins Auge. Es handelte sich dabei um eine blaue Kugel, die Blaue Kugel von Hialeah für Damen eines gewissen Alters. Alte Damen in Hialeah färbten ihr weißes Haar nicht, zumindest nicht auf die übliche Art … Um sich für ihre große Geburtstagsparty herrichten zu lassen, war Yeya vor achtundvierzig Stunden zum Friseur gegangen. Der stutzte ihr das Haar auf die für eine Frau ihres Alters angemessene Kürze, behandelte es mit einem blauen Färbemittel, um dem Grau einen blauen Schimmer zu verleihen, föhnte es, kämmte es nach hinten und toupierte es auf, bis es zu einer gespinstartigen blauen Kugel geworden war, dem sogenannten Hialeah-Sturzhelm. Weil sie beim Schlafen darauf gelegen hatte, war er jetzt an der Seite etwas abgeflacht, aber solange das Gespinst nicht zerrissen war, konnte sie es problemlos wieder aufplustern. Die Haare direkt über der Stirn waren um zwei Lockenwickler gewickelt. Hinter ihr stand Yeyo, ein hoch aufgeschossener Mann. Früher war er kräftig und muskulös gewesen. Er hatte immer noch einen breiten Körper, ging aber inzwischen etwas gebückt. Der altmodische Schlafanzug und der Bademantel hingen an ihm wie an einem breiten, aber knochigen Kleiderständer. Im Moment machte er den Eindruck, als wäre er gegen seinen Willen aus einem angenehmen Rendezvous mit dem Sandmann erwacht. Sein graues Haar war noch herrlich voll. Gott musste ihm die Haare einzeln auf den Kopf getackert haben … Er war ein wahrhaft attraktiver Mann gewesen, der vor Selbstbewusstsein und Kraft geradezu strotzte — ganz zu schweigen von seinem anmaßenden Charakter … Aber in diesem unwilligen Augenblick standen ihm die Haare kreuz und quer vom Kopf ab, wie bei einem kaputten Besen —
    All das registrierte Nestor binnen einer Sekunde … das und ihren Gesichtsausdruck. Heute Morgen waren sie nicht seine liebevollen abuelo und abuela . Ganz und gar nicht. Wenn er das richtig interpretierte, dann verübelten sie ihm, dass er die gleiche Luft atmete wie sie …
    Er musste sie ablenken. Das war das Entscheidende.
    »Herzli… feliz cumpleaños, Yeya!«
    Verdammt. Schon hatte er es irgendwie vermasselt. Er hätte fast »Herzlichen Glückwunsch« gesagt. Solche Sachen kamen bei Yeya und Yeyo gar nicht gut an — dass die nächste Generation etwas so Traditionelles wie Feliz cumpleaños in der fremden Sprache anstatt auf Spanisch sagte. Yeya schaute Nestor an. War er so dumm? Ein Trottel? Bluffte er? Sie schaute auf sein absichtlich zu kleines T-Shirt.
    »Ahhh, der Kraftmensch«, sagte sie. »Unser Fernsehstar. Wir haben dich gesehen, Nestorcito. Wir haben viel von dir gesehen.« Sie begann mit dem Kopf zu nicken, wobei die gespitzten und geschürzten Lippen unter ihrer Nase aussahen wie ein kleiner, fest verschnürter Beutel. … Oh, ja, Nestorcito, wir haben viel zu viel von dir gesehen …
    Bevor Nestor etwas sagen konnte, sagte Yeyo (auf Spanisch), »Warum hast du ihnen deinen Namen gesagt?«
    »Wem, Yeyo?«
    »Den Fernsehleuten.«
    »Ich hab ihnen meinen Namen nicht gesagt.«
    »Wer dann?«, fragte Yeya. »Ein kleines Vögelchen?«
    »Keine Ahnung. Irgendwer eben.«
    »Du weißt schon, dass das auch mein Name ist, oder?«, sagte Yeyo. »Und der von deinem Vater. Weißt du nicht, dass wir unseren Namen in Ehren halten? Dass der Name der Camachos Generationen zurückreicht? Dass wir eine stolze Geschichte haben?«
    ::::::Und weiß ich nicht, dass dein Kampf gegen die reißenden Scheißefluten in den Wasserwerken von Havanna auch zu dieser stolzen Geschichte beigetragen hat? Ja, das weiß ich, du anmaßender alter Schwachkopf.:::::: Echte Wut, ohne jede Beimischung von Schmerz, kroch Nestors Stammhirn hinauf. Er musste hier weg, bevor ihm die Worte aus dem Mund sprudelten.
    Sein Mund war trocken, die Kehle eingeschnürt. »Ja, Yeyo«, presste er heraus. »Das weiß ich. Ich muss jetzt gehen.«
    Er hatte sich gerade umgedreht, um das Haus zu verlassen, als … polter-ächz-quietsch -Rumms … polter-ächz-quietsch- Rumms … polter-ächz-quietsch- Rumms … hinten im Durchgang … um Himmels willen … seine Mutter versuchte seinem Vater aufzuhelfen … Ich-Camilo stützte sich mit dem Ellbogen auf Mamas Unterarm, der

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