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Backup - Roman

Backup - Roman

Titel: Backup - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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dabei mit Insiderwissen. Nach einer Weile verlieren selbst die fröhlichsten Ensemblemitglieder die Geduld und entwickeln instinktiv eine Abneigung gegen die Fans.
    Die Ad-hocs von Liberty Square, die im Spukhaus arbeiteten, waren regelrecht überfahren worden, damit sie der Modernisierung zustimmten. Mit sanftem Druck hatten wir sie erpresst, sich am Umbau zu beteiligen, und jetzt mussten sie auch noch diese aufgeblasenen Megafans ertragen. Wäre ich dabei gewesen, als es losging
– anstatt zu schlafen! –, hätte ich ihre gebeutelten Egos vielleicht massieren können, aber dafür, vermutete ich, war es jetzt wohl zu spät.
    Manchmal weiß man einfach, was zu tun ist. Ich schlüpfte in einen Tunnel, zog mein Kostüm über, trat wieder hinaus ins Rampenlicht, fiel voller Enthusiasmus in das Frage-und-Antwort-Spiel ein, mischte mich unter die Ad-hocs und brachte sie dazu mitzumachen, auch wenn sie’s vielleicht nur widerwillig taten.
    Als der Chor schließlich verschwitzt und erschöpft verstummte, wurde er von einer Gruppe Ad-hocs abgelöst und ich führte meine neuen Mitstreiter in einen Pausenraum hinter den Kulissen.
     
    Auch nach einer Woche hatte Suneep die Prototypen für die Roboter noch nicht geliefert. Er teilte mir mit, es werde wohl noch eine weitere Woche dauern, bis er mir zumindest fünf Produktionseinheiten zur Verfügung stellen könne. Obwohl er nichts dergleichen sagte, schwante mir, dass er seine Jungs nicht mehr im Griff hatte. Da sie derzeit nicht von Ad-hocs überwacht wurden, spielten sie offenbar völlig verrückt und genossen die neue Freiheit. Suneep selbst war ein regelrechtes Wrack, nervös und fahrig. Ich unterließ es, ihn noch mehr unter Druck zu setzen.
    Außerdem hatte ich selbst Probleme. Ständig
meldeten sich neue freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Fanpost, die wir zu unseren Umbauplänen erhielten, sichtete ich auf einem Terminal, das ich in meinem Hotelzimmer hatte installieren lassen. Kim und ihre ortsansässigen Kollegen verzeichneten jeden Tag Millionen Netzzugriffe. Ihr Woppel schoss in ungeahnte Höhen, weil sich überall auf der Welt neidische Fans einloggten, um die Fortschritte auf dem Baugerüst zu verfolgen.
    Soweit lief alles nach Plan. Was nicht nach Plan lief, war allerdings, dass die neuen Rekruten ihrerseits neue Mitstreiter rekrutierten und ihre Netz-Kumpanen dazu einluden, nach Florida zu kommen, auf ihren Sofas und Gästebetten zu nächtigen und sich bei mir als potenzielle Mitarbeiter zu bewerben.
    Als es das zehnte Mal geschah, knüpfte ich mir Kim im Pausenraum vor. Ihr Kehlkopf arbeitete heftig, ihre Augen überflogen unsichtbare Zeilen in mittlerer Entfernung. Offenbar setzte sie gerade ein weiteres begeistertes Rundschreiben über die faszinierende Arbeit im Spukhaus auf. »Na du«, sagte ich. »Hast du einen Moment Zeit für mich?«
    Sie hob einen Finger und lächelte mich gleich darauf strahlend an. »Hallo Julius, na klar!«
    »Wie wär’s, wenn du in deine privaten Klamotten wechselst, wir einen kleinen Spaziergang
durch den Park machen und ein bisschen plaudern? «
    Kim trug ihr Kostüm bei jeder Gelegenheit. Ich hatte darauf bestanden, dass sie es jeden Abend in die Waschmaschine steckte, anstatt es auch noch zu Hause zu tragen.
    Widerwillig ging sie in eine Umkleidekabine und zog sich ihre Mönchskutte an. Wir nahmen den Tunnel zum Ausgang Fantasyland und spazierten durch den frühabendlichen Andrang von Kindern und ihren erwachsenen Begleitern, die in mehreren langen Reihen für Schneewittchen, Dumbo und Peter Pan anstanden.
    »Wie gefällt’s dir hier eigentlich?«, fragte ich. Kim machte einen kleinen Luftsprung. »Oh, Julius, so eine schöne Zeit hab ich noch nie erlebt, wirklich nicht! Ein Traum ist wahr geworden. Ich lerne so viele interessante Leute kennen und fühle mich echt kreativ. Ich kann’s gar nicht abwarten, bis ich endlich die Fernsteuerung der Roboter ausprobieren kann.«
    »Also, ich freue mich wirklich über den Eifer, den du mit deinen Freunden an den Tag legst. Ihr arbeitet hart und macht eine gute Show. Ich mag auch die Lieder, die ihr euch ausgedacht habt.«
    Sie vollführte einen dieser Doppelknie-Sprünge, die damals die Grundlage für jede Menge Action-Videos bildeten, und plötzlich stand sie vor
mir, legte mir eine Hand auf die Schulter und sah mir in die Augen. Sie wirkte ernst.
    »Gibt’s ein Problem, Julius? Wenn ja, würde ich gern darüber reden, statt locker zu plaudern.«
    Ich lächelte und

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