Backup - Roman
die Mönchskutte und die Speichermodule aus der Halle, die noch auf dem Rücksitz meines Sportwagens lagen.
Als ich eine halbe Stunde, bevor der Park öffnete, die Garderobe verließ und durch die Tunnel auf Liberty Square zumarschierte, pfiff ich meine eigene poppig-beschwingte Version von Grim Grinning Ghosts vor mich hin.
Unversehens sah ich mich mit Lil und Debra konfrontiert. Debra hielt meine Kutte und die Brechstange in den Händen, Lil die Speichermodule.
Ich hatte mir die MediPatches an diesem Morgen noch nicht aufgeklebt, deshalb waren meine Empfindungen ungedämpft, ungezügelt und würdelos.
Ich lief weg.
Ich lief an ihnen vorbei, die Straße zum Abenteuerland entlang, am Tiki Room vorbei, wo man mich umgebracht hatte, am Tor des Abenteuerlandes vorbei, wo ich durch den Graben gewatet war, die Hauptstraße hinunter. Ich lief immer weiter, stieß die frühen Parkbesucher mit dem
Ellbogen beiseite, trampelte Blumen nieder, rannte gegenüber der Penny Arcade an der Hauptstraße einen Apfelkarren um. Lief weiter bis zum Haupteingang, wo ich mich umwandte, in der Hoffnung, ich hätte Lil, Debra und all meine Probleme hinter mir gelassen. Was ein Irrtum war: Keuchend und mit rot angelaufenen Gesichtern standen beide nur einen Schritt hinter mir. Debra hielt meine Brechstange wie eine Waffe und schwang sie in meine Richtung.
»Du bist ein gottverdammter Idiot, weißt du das?«, sagte sie. Wären wir allein gewesen, hätte sie mir mit der Brechstange vermutlich eins übergezogen.
»Du kannst es nicht vertragen, wenn andere ebenfalls mit harten Bandagen kämpfen, was, Debra?«, höhnte ich.
Lil schüttelte angewidert den Kopf. »Sie hat recht, du bist wirklich ein Idiot. Das Ad-hoc trifft sich im Abenteuerland. Du kommst mit.«
»Warum?«, fragte ich streitlustig. »Wollt ihr mich etwa für meine harte Arbeit auszeichnen?«
»Wir wollen über die Zukunft reden, Julius. Oder über das, was davon noch übrig ist.«
»Um Himmels willen, Lil, begreifst du denn nicht, was hier vor sich geht? Sie haben mich umgebracht ! Sie haben’s getan, und jetzt kämpfen wir gegeneinander statt gegen sie! Warum willst du nicht einsehen, wie unsinnig das ist?«
»Du hältst dich mit deinen Anschuldigungen besser ein wenig zurück, Julius«, sagte Debra ruhig und eindringlich. Es klang fast wie ein Fauchen. »Ich weiß nicht, wer dich umgebracht hat oder warum, aber im vorliegenden Fall bist du der Schuldige. Du brauchst Hilfe.«
Ich reagierte mit freudlosem Lachen. Inzwischen strömten Gäste in den soeben geöffneten Park und einige sahen neugierig zu den drei kostümierten Ensemblemitgliedern herüber, die sich gegenseitig anbrüllten. Ich spürte förmlich, wie mein Woppel in den Keller sackte. »Debra, du bist das reinste Stück Scheiße und deine Arbeit ist banal und fantasielos. Du bist eine elende Schmarotzerin und hast nicht einmal den Anstand, es zuzugeben.«
»Das reicht jetzt, Julius«, sagte Lil mit starrem Gesicht. Sie konnte ihre Wut kaum noch im Zaum halten. »Wir gehen jetzt.«
Debra ging einen Schritt hinter mir, Lil einen Schritt vor mir, als wir uns einen Weg durch das Gedränge vor dem Abenteuerland bahnten. Ich sah ein Dutzend Gelegenheiten, mich ihnen durch eine Lücke im Strom menschlicher Leiber zu entziehen und so ihrer Bewachung zu entkommen. Doch ich versuchte es nicht einmal, denn ich sehnte mich geradezu danach, der ganzen Welt zu erklären, was ich getan hatte und warum.
Debra folgte uns, als wir die Treppe zum Sitzungssaal hinaufstiegen. Lil drehte sich um. »Ich glaube, du solltest besser nicht dabei sein, Debra«, sagte sie in beherrschtem Ton.
Debra schüttelte den Kopf. »Du weißt, dass du mich nicht außen vor lassen kannst. Und es wäre auch dumm von dir. Wir stehen auf derselben Seite.«
Ich schnaubte höhnisch, und ich glaube, das gab für Lil den Ausschlag. »Dann komm jetzt«, sagte sie.
Im Sitzungssaal gab es nur noch Stehplätze. Bis auf meine neuen Rekruten hatte sich das ganze Ad-hoc versammelt und füllte den Saal bis zum Bersten. Also war die Modernisierung im Moment ausgesetzt und die Liberty Belle würde an ihrem Pier liegen bleiben. Selbst das Restaurantpersonal war anwesend. Liberty Square musste eine Geisterstadt sein. Die Gewissheit, dass in diesem Moment Besucher ziellos durch Liberty Square streiften und Hilfe suchend nach Ensemblemitgliedern Ausschau hielten, verlieh der Versammlung eine Atmosphäre höchster Dringlichkeit. Es konnte natürlich auch sein,
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