Backup - Roman
Park verlassen, mich im Kälteschlaf an irgendeinen anderen Ort auf der Welt verfrachten lassen und neu anfangen können. Ich hätte Dan, Debra, Lil und dem ganzen Scheiß den Rücken zukehren können.
Ich tat es nicht.
Ich rief den Doktor an.
Acht
Doktor Pete nahm nach dem dritten Klingeln ab, meldete sich aber nur auf dem Audio-Kanal. Im Hintergrund hörte ich einen Chor weinender Kinder, die ständige Geräuschkulisse der Krankenstation im Magischen Königreich.
»Hallo, Doktor«, sagte ich.
»Hallo, Julius. Was kann ich für Sie tun?« Hinter der freundlichen Fassade eines professionellen Mediziners und Mitarbeiters im Magischen Königreich spürte ich Verärgerung.
Mach alles wieder gut. »Ich bin mir nicht ganz sicher. Ich wollte nur fragen, ob ich mit Ihnen mal reden kann. Ich habe einige ziemlich große Probleme. «
»Ich habe bis um fünf Dienst. Kann es bis danach warten?«
Ich hatte keine Ahnung, ob ich dann noch den Nerv haben würde, ihn aufzusuchen. »Ich glaube nicht – ich hatte gehofft, wir könnten uns sofort treffen.«
»Wenn’s ein Notfall ist, kann ich Ihnen eine Ambulanz schicken.«
»Es ist dringend, aber kein Notfall. Ich muss persönlich mit Ihnen reden. Wäre das möglich?«
Er seufzte auf eine äußerst unprofessionelle Art. »Julius, ich habe hier wichtige Dinge zu erledigen. Sind Sie auch sicher, dass das nicht warten kann?«
Ich unterdrückte ein Schluchzen. »Ganz sicher, Doktor.«
»Na gut. Wann können Sie hier sein?«
Lil hatte deutlich gemacht, dass sie mich im Park nicht sehen wollte. »Könnten Sie herkommen? Ich kann Sie nicht selbst aufsuchen. Ich bin im Contemporary, Turm B, Zimmer 2334.«
»Eigentlich mache ich keine Hausbesuche, mein Junge.«
»Ich weiß, ich weiß.« Es war kaum auszuhalten, wie jämmerlich ich mich anhörte. »Können Sie nicht mal eine Ausnahme machen? Ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden könnte.«
»Ich komme so schnell wie möglich. Ich muss aber erst jemanden finden, der mich vertritt. Aber das soll nicht zur Gewohnheit werden, ja?«
Ich schnaufte vor Erleichterung. »Versprochen. «
Er unterbrach die Verbindung abrupt, und ich ertappte mich dabei, dass ich Dan anrief.
»Ja?«, fragte er vorsichtig.
»Doktor Pete kommt vorbei, Dan. Ich weiß nicht, ob er mir helfen kann – ob mir überhaupt jemand helfen kann. Ich wollte nur, dass du es weißt.«
Seine Reaktion verblüffte mich und rief mir ins Gedächtnis, dass er immer noch mein Freund war, ganz gleich, was geschehen war. »Möchtest du, dass ich auch vorbeikomme?«
»Das wäre sehr nett«, sagte ich leise. »Ich bin im Hotel.«
»Ich bin in zehn Minuten da.« Er legte auf.
Er gesellte sich zu mir auf die Terrasse, wo ich auf das Schloss und die Anhöhe des Weltraumbahnhofs hinausblickte. Zu meiner Linken breitete sich das funkelnde Wasser der Lagune der Sieben Meere aus, zur Rechten erstreckte sich über viele gepflegte Kilometer hinweg das Parkgelände. Die Sonne brannte auf meiner Haut. Der Wind trug eine Ahnung fröhlichen Gelächters heran. Alle Blumen blühten. In Toronto war es um diese Jahreszeit stets kalt und regnerisch. Und zwischen den grauen Gebäuden und dem lauten Schnellverkehr – ich kam darauf, weil gerade eine
Einschienenbahn vorbeizischte – herrschte eine Atmosphäre eisiger Anonymität. Genau das, wonach ich mich jetzt sehnte.
Dan zog einen Stuhl heran und setzte sich wortlos neben mich. Beide genossen wir eine Zeitlang die Aussicht, ohne uns zu mucksen.
»Das ist schon einzigartig, nicht?«, bemerkte ich schließlich.
»Ganz bestimmt. – Hör mal, ich möchte dir etwas sagen, ehe der Doktor vorbeikommt, Julius. «
»Nur raus damit.«
»Lil und ich sind auseinander. Es hätte sowieso nie passieren dürfen, ich bin keineswegs stolz auf mich. Hättet ihr zwei euch wirklich trennen wollen, wäre das allein eure Sache gewesen, jedenfalls hätte ich es nicht noch beschleunigen dürfen.«
»Schon gut«, sagte ich. Ich war zu erschöpft für Gefühlsduseleien.
»Ich hab mir hier ein Zimmer genommen und meine Sachen mitgebracht.«
»Wie kommt Lil damit klar?«
»Oh, sie hält mich für einen totalen Dreckskerl. Vermutlich hat sie recht.«
»Jedenfalls teilweise.«
Er versetzte mir einen leichten Klaps auf die Schulter. »Vielen Dank auch.«
In einvernehmlichem Schweigen warteten wir
auf den Arzt. Schließlich eilte er geschäftig herein, die Lachfalten zu einer säuerlichen Miene verzogen, und blieb erwartungsvoll stehen. Ich
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