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Bacons Finsternis: Roman (German Edition)

Bacons Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Bacons Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Steiner
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ich.
    »Alligatoren«, sagte Isabel. »Für meine Badewanne.«
    In diesem Moment läutete mein Mobiltelefon. Maia. Ich konnte sie beruhigen. Mit mir war alles in Ordnung.
    Ich holte mir zur Stärkung einen Toblerone-Riegel aus dem Kühlschrank und legte mich wieder aufs Bett. Lange Zeit sah ich nur die Decke, sonst nichts. Wollte schon aufgeben, als das Flimmern wieder einsetzte. Szenen eines Schwarzweißfilms: ein Mann mit Tropenhelm, der sich mit Kollegen über archäologische Funde unterhielt. Dann fuhr die Kamera zurück, und ich sah Mia Farrow, in Farbe, mit verzückten Gesichtszügen dem Film hingegeben. Der Mann in Schwarzweiß entdeckte Mia, stieg unter Gekreische des Kinopublikums von der Leinwand und reichte ihr die Hand. »Come with me to Cairo«, hörte ich noch, dann verschwand das Bild, und meine Zimmerdecke wurde wieder weiß.
    Ripley hatte mir den Film gezeigt, ich erinnerte mich. The Purple Rose of Cairo . Sie hatte einen Essay verfasst über Momente des Fantastischen im amerikanischen Autorenkino, oder so ähnlich. Ich mochte die Geschichte. Die arme Kellnerin aus New Jersey und der Archäologe aus Ägypten, der einfach aus dem Film stieg und ihr seine Liebe gestand. Leider war mir entfallen, ob den beiden ein Happy End vergönnt war.
     
    Ich verbrachte noch ein paar Tage in Basel, pendelte mit Tram Nr. 6 zwischen meinem Hotel und der Fondation, saß zu Füßen von George und Isabel, trank Tee mit Milch in der Villa Berower und vertilgte Nüsse und Schokoriegel aus der Minibar.
    Ich widerstand der Versuchung, in eine Videothek zu gehen und mir The Purple Rose of Cairo auszuleihen. Falls der Film schlecht ausging, wollte ich es nicht wissen.
    Meine Unruhe wuchs. Nachts blätterte ich die Abbildungsnachweise in meinen Büchern und Katalogen durch. Mir wurde immer klarer, was ich mir wünschte.
    Bilder von Bacon sehen, die ich noch nicht kannte.
    Bilder mit Isabel als Modell.
    Keine Ahnung, was ich mir davon erwartete.
    Vielleicht wollte ich, dass Isabel aus den Bildern stieg und mir die Hand reichte.
    Aber selbst wenn sie es täte: Es wäre doch die falsche Isabel.
    Und wenn schon. Hier war ich, in der einzigen Gegenwart, die ich hatte, und ich kam langsam in Fahrt. Ein ausrangiertes Boot, dessen Außenbordmotor wie durch ein Wunder wieder angesprungen war. Das endlich nicht mehr ziellos auf den Wellen schaukelte.
    Was machte es da schon aus, dass der Steuermann nicht ganz bei Trost war.

 
    Dreizehn
     
    Die Wohnung, in der ich in Berlin weilen durfte, war eine einzige kleine Bösartigkeit von Maia. Eine Korrektur meines Altherren-Luxusspleens, wie sie sagte. »Die Residenz einer alten Freundin, die für ein Jahr nach Bombay gezogen ist.« Ich hatte mir eingebildet, Maia hätte ein Kichern unterdrückt, als sie mir dieses großzügige Angebot unterbreitet hatte. »Drei Zimmer mit ein wenig Menschengeruch, das wird dir guttun.«
    »The reek of human blood …«, sagte ich.
    »Vielleicht«, sagte Maia und lächelte schelmisch.
     
    Meine ferne Gastgeberin stammte aus Dortmund und hieß Bernadette. Die Behausung lag in Schöneberg, unweit der Yorckstraße. Nachdem ich mich durch das nach Schimmel duftende Treppenhaus in den fünften Stock hinaufgekämpft hatte, versuchte ich den Schlüssel aus der Hosentasche zu fischen, ohne meine Reisetasche auf der dunkelbraunen Fußmatte abstellen zu müssen.
    Beim Drehen des Schlüssels atmete ich kurz durch und schloss die Augen. Für einen Moment flammte Isabel Rawsthornes Arm hinter meinen Lidern auf, an deren Ende die Hand mit dem Schlüssel saß wie der Kopf einer blutigen Gans, die einen Wurm im Schnabel hielt. Bald würde ich sie endlich sehen, die Three Studies of Isabel Rawsthorne on single canvas.
    Als ich die Augen wieder öffnete, war das Bild verschwunden. Dafür zeigte sich mir ein erster Eindruck von meiner künftigen Wirkungsstätte.
    Staublurche, mausgroß, huschten erschreckt vor mir davon. An den Wänden des Flurs hingen goldene Buddhamasken, gehärtetes PVC, spätes 20. Jahrhundert. Über der Wohnzimmercouch, deren Farben sich in heftigem Widerstreit ineinander verbissen, prangte das Antlitz Gandhis, dezenter Glasrahmen, spiegelfrei. Auf dem Pilgerweg zur Nase des großen Mannes waren ein paar Käfer und Motten vorzeitig verschieden. In einem kleinen Regal lungerten vereinsamte Bücher herum, Diätratgeber, Augustinus, Paulo Coelho, aber weit und breit kein Siddhartha . Zwei Buchstützen in Drachengestalt verhinderten das Auseinanderfallen der

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