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Bacons Finsternis: Roman (German Edition)

Bacons Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Bacons Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Steiner
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nachvollziehen. Aber wir waren nicht immer einer Meinung, wenn es um Kunst ging.«
    Ich versuchte meine Aufregung zu verbergen.
    »Nur theoretisch«, sagte ich. »Wie viel würde es denn kosten?«
    »Zehn«, sagte Lady Catherine.
    »Zehn Millionen«, rief ich entsetzt.
    Lady Catherine sah mir über den Rand ihrer Brille in die Augen.
    »Sie haben wirklich keine Ahnung von Geld, nicht wahr?«
    »Hab ich ja gesagt.«
    Sie lachte. »Dieses Bild«, sagte sie, »ist natürlich kein echter Jawlensky.«
    Da war er, der Name. »Eine Fälschung?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte Lady Catherine. »Einer seiner Schüler hat es gemalt. Ein begabter Schüler. Zehntausend, und Sie können es mitnehmen.«
    »Sind Sie sicher, dass es nur von einem Schüler ist? Haben Sie es denn einem Experten gezeigt?«
    »Die Expertin bin ich«, sagte sie spitz. Sie ließ die silberne Glocke erklingen, und Natalie brachte auf einem Tablett eine Flasche Single-Malt-Whisky, zwei Gläser, einen Aschenbecher und einen Humidor. Sie goss uns beiden zwei Fingerbreit Whisky in die Gläser und lächelte schelmisch. Lady Catherine öffnete das Holzkästchen und reichte es mir. Es enthielt keine Zigarren, sondern lange, dünne Zigarillos. Ich nickte ihr zu, nahm einen davon heraus und gab den Humidor zurück. Als sie sich selbst auch einen Zigarillo genommen hatte, beugte ich mich über den Tisch und gab ihr Feuer.
    Ich nahm, wie ich es gewohnt war, einen tiefen Lungenzug. Ein Feuersturm raste durch meine Bronchien und entfachte einen wilden Hustenanfall.
    »Sie dürfen nicht inhalieren«, sagte Lady Catherine. Es klang eher fürsorglich als vorwurfsvoll.
    »Ich weiß«, keuchte ich.
    Sie hob ihr Glas und hielt es gegen das Licht der Deckenlampe. »Eine perfekte Farbe, sehen Sie?« Ich tat es ihr gleich und sagte etwas wie »tatsächlich« oder »erstaunlich«, obwohl ich nicht die leiseste Ahnung von Whiskyfarben hatte. Lady Catherine prostete mir zu und stellte das Glas auf den Tisch zurück. Sie musterte mich ein paar Sekunden, dann sagte sie: »Sie haben noch etwas auf dem Herzen.« Eine Feststellung, keine Frage. Ich griff nach meinem Glas und trank einen Schluck. Als ich die Wärme durch den Körper rinnen spürte, kehrte mein Mut zurück.
    »Ich interessiere mich«, sagte ich, »besonders für Lucian Freud. Es geht das Gerücht, dass sich ein von ihm gemaltes Porträt in Ihrer Sammlung befindet. Ich würde es gerne sehen.«
    »Sie sehen nicht aus wie ein Mann, der wegen eines Gerüchtes von Wien nach Hamburg reist«, sagte Lady Catherine. »Obgleich es offenbar ein hartnäckiges ist. Erst vor zwei Tagen war jemand hier, der nach Freud fragte.«
    Mir wurde schlagartig heiß. »Ein Pärchen?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte Lady Catherine. »Sie wirkten sehr verliebt. Der Mann sah aus, als hätte er genug Geld, um einen Freud zu kaufen. Leider besitze ich keinen.«
    »Lohmeier«, sagte ich schwach.
    »Sie kennen sich?«
    »Flüchtig«, sagte ich und spürte, wie mir Farbe ins Gesicht stieg. An Lady Catherines Blick sah ich, dass sie sofort verstanden hatte.
    »Es tut mir leid für Sie«, sagte sie.

 
    Zweiundzwanzig
     
    »Ich bin im Begriff, etwas Seltsames zu tun«, sagte ich.
    »Ach«, sagte Maia, »ganz was Neues.« Sie war nicht besonders gut auf mich zu sprechen, seit ich ihr eröffnet hatte, dass ich allein nach Hamburg reisen wollte. Mein Argument, es sei zu ihrer Sicherheit, hatte sie mit erbostem Gelächter quittiert. Die Stimmung zwischen uns war ein wenig frostig geworden. Trotzdem tat es gut, ihre Stimme zu hören.
    »Isabel und Lohmeier waren bei Lady Catherine. Vor zwei Tagen. Er hat nach Freud gefragt.«
    »Und?«
    »Sie besitzt keinen. Sagt sie. Ich habe auch keinen gesehen. Und Lohmeier ist unverrichteter Dinge abgezogen.«
    »Was du nicht zu tun gedenkst, nehme ich an.«
    »Nein.«
    »Lass mich raten: Du versteckst dich in ihrem Garten und wartest, bis die beiden zurückkommen.«
    »Es gibt da ein Bild«, sagte ich, »das mich eigentümlich berührt. Eine junge Frau mit Pfingstrosen, in leuchtendem Grün und Rot.«
    »Klingt nach Jawlensky«, sagte Maia.
    »Nicht schlecht geraten«, sagte ich kühl. Ich war beeindruckt, aber das musste sie ja nicht gleich bemerken.
    »Es ist von einem seiner Schüler. Eine seiner Besonderheiten ist, dass es sehr klein ist.«
    »Wie klein?«
    »Wie eine Postkarte. Vielleicht 18 mal 13 Zentimeter.«
    Maia schwieg für ein paar Sekunden. Ich hörte ihre Atemzüge am anderen Ende der Verbindung.
    »Und jetzt

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