BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
waidwund im brutalen Bewusstsein ihres nun nicht mehr aufzuhaltenden Untergangs.
Jerusalems Fall war beschlossene Sache. Und der Vernichter war unerbittlich.
Auf den Ölberg, draußen am Rande der Altstadt, zog sich ein junger Mann, hinter dessen gutgeschnittenen Zügen sich kein anderer als der leibhaftige Teufel verbarg, mit seiner "Ersten Kriegerin" aus dem Schlachtengetümmel zurück, als ginge ihn das bestialische Morden der Werwölfe, die wie eine biblische Plage über Jerusalem gekommen waren, nichts mehr an.
So war es natürlich nicht. Im Gegenteil. Kein anderer als der Satan hatte dieses Szenario erdacht und Wirklichkeit werden lassen. Er, Gabriel,
war
die Bosheit, der Hass, der krankhafte Heißhunger, all das, was seine Armee dazu trieb, jeden Bewohner aufzuspüren, mochte er sich auch noch so gut versteckt haben.
Ein Entkommen gab es nicht. Für keinen.
Nicht nur mit Monstern, auch mit Blindheit und Todessehnsucht hatte Gabriel die Menschen der Stadt geschlagen – und dieses Schicksal blühte einem jeden, der es wagte, von außerhalb in die Zone des Todes vorzudringen.
Manche hatten es getan, nicht ahnend, dass es eine Einbahnstraße war, die zwar mühelos zum Ort des Verderbens hinein – aber nicht wieder heraus führte!
Warum hältst du mich von meiner Pflicht ab?
Unzufrieden sah sich das Ungetüm an Gabriels Seite, die Werwölfin Rona, um. Blutiges Rot durchwob die Schwärze, die auf der Stadt lastete. Ein schreckliches Licht, das die Augen der Archonten streuten und dessen Anblick Menschenaugen blendete – Ronas Augen nicht. Sie war anders, ebenso wie sämtliche Soldaten des Satans, deren menschliche Gestalt noch Bestandteil des Tieres war, in das der alte Fluch sie verwandelt hatte.
Unter dem dichten, dunklen Fell hoben und senkten sich die kleinen, festen Brüste schnell, während Rona ungeduldig auf Gabriels Antwort wartete.
Endlich fragte der teuflische Jüngling neben ihr, den Blick zur Stadt gerichtet: "Was, meinst du,
ist
deine Pflicht?"
Goldene Wolfsaugen spähten dorthin, wohin Gabriel schaute. Nicht in das Labyrinth der sterbenden Stadt hinein, sondern über die Bauten hinweg zum Berg Skopus, wo eines seiner Kinder die Position bezogen hatte, die ihm befohlen worden war.
Die Erkenntnis, dass das, was hier geschah, von langer Hand vorbereitet worden war – geplant von der unbegreiflichen Macht, die sich als "Gabriel" manifestiert hatte –, ließ Rona in ihrem innersten Kern erbeben. Dort, wohin vielleicht nicht einmal Gabriel zu blicken vermochte. Am meisten erschütterte sie dabei das Bewusstsein, dabei gewesen zu sein, als der Vorgänger
dieses
Teufels hier vor mehr als drei Jahrhunderten tote Kinder von Perpignans Friedhöfen geraubt und mit seinem Odem wiederbelebt hatte.
Die toten Kinder von damals waren die Archonten von heute – Stiefkinder des Satans, die jetzt gerade ihre besonderen Fähigkeiten entdeckten, die ihr "Vater" ihnen mit in dieses zweites Leben gegeben hatte.
Deine Armee führen. Diese Stadt mit ihr zu erobern. Sich jedem entgegenzustellen, der von draußen zu Hilfe eilen will. Und nach Jerusalem die nächste Stadt auslöschen, den nächsten Widerstand brechen.
"Das, glaubst du also, ist deine Aufgabe?"
Verwirrt zog Rona ihren Blick vom Skopus zurück.
Hast du sie mir nicht selbst so beschrieben?
"Man darf nicht alles glauben, was ich sage."
Die Konfusion der Werwölfin wuchs. In dieser Gestalt war sie unfähig, sich der Sprachen, die sie im Laufe ihres Lebens erlernt hatte, zu bedienen. Doch das war auch nicht nötig. Der Teufel vermochte ihre geheimsten Gedanken nach Belieben zu lesen. Sogar den Hass, den sie gegen ihn hegte, seit er sie zu Sardons Leichnam geführt hatte.
Ja, irgendwo in dieser Stadt war nach dem Doppelgänger nun auch der echte Kelchhüter gestorben, ihr Gefährte durch die Jahrhunderte!
Mörder!
"... sagte der Mörder", spöttelte Gabriel unbeeindruckt von den Wellen der Abscheu, die ihm aus ihrem Denken und Fühlen entgegenschlugen. "Denk nicht mehr an ihn. Vielleicht finden ihn von deinesgleichen welche, die sich vor Aas nicht ekeln. Dann können sie –"
Schweig, du Scheusal!
Ein Lächeln von abstoßender Arroganz schmiegte sich um den Mund der Maske, die das Böse für seinen Aufenthalt unter Menschen und Vampiren gewählt hatte. "Ich erlaube dir, mich so zu nennen. Das allein sollte dich von meinem Großmut überzeugen – aber du solltest ihn auch nicht überstrapazieren. Ich habe dir den toten Narren gezeigt, damit
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