Bad Fucking
Er trug trotz der Hitze einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd, das bereits ziemlich schmutzig war. Als sich die Blicke der Innenministerin und die des Mannes trafen, hatte sie zum ersten Mal das Gefühl, dass sie die Hütte nicht mehr lebend verlassen würde.
Der Mann und die Frau wechselten ein paar Worte in einer Sprache, die Maria Sperr nicht verstand. Die Frau griff der Innenministerin prüfend durch die Haare, so wie eine Friseurin, die sich erst von der Qualität der Haare überzeugen muss, bevor sie zur Schere greift. Die Frau legte ihre Umhängetasche ab und krempelte die Ärmel ihres dunklen Kleides hoch. Maria Sperr starrte sie an und war wie gelähmt. Sie war unfähig, sich zu bewegen oder einen Laut von sich zu geben. Die Frau nahm ihr Kopftuch ab, und Maria Sperr sah, dass sie tatsächlich schwarze, kurz geschnittene Haare hatte. Sie hatte keine Ahnung, was hier vor sich ging. ›Diese Frau ist keine Mörderin‹, dachte sie und fragte sich, warum sie die beiden nicht schon längst befreit hatten. Als der Mann aus der Umhängetasche eine Schere herausholte, verstand sie noch immer nicht, was hier passierte. Erst als der Mann der Frau die Schere überreichte und die Frau hinter sie trat, glaubte Maria Sperr zu wissen, was als Nächstes geschehen würde. ›Sie werden mir die Schere in den Hals rammen und mich umbringen. Um Gottes willen, nein, bitte nein, bitte nicht, lieber Gott, bitte nicht, nein, nein.‹ Maria Sperr würgte und wand sich, aber es nützte nichts. Der Mann hielt sie an den Schultern fest, und die Frau begann, der Innenministerin der Republik Österreich die Haare zu schneiden.
Philipp saß am Küchentisch und las den Abschiedsbrief seiner Stiefmutter bereits zum dritten Mal. Ihm war mittlerweile klar geworden, dass Karin Hintersteiner bereits tot gewesen sein musste, als sein Vater nach Hause kam. Philipp redete sich ein, dass sein Vater nach der Lektüre des Briefes am Schock gestorben war und nicht an den Folgen der vergifteten Pilze. Klar war für ihn aber, dass der Brief verschwinden musste. Kein Mensch durfte je erfahren, dass Kilian Schallmoser in Wirklichkeit sein Halbbruder war, der nach dem Tod seines Vaters nun ebenfalls Anspruch auf das Hotel
Zum Hohen Hirn
gehabt hätte.
Philipp ging ins Wohnzimmer und hielt den Atem an. Bildete er sich das nur ein oder war der Gestank tatsächlich schlimmer geworden? Er sah sich noch einmal um und rief dann bei der Gendarmerie und im Gemeindeamt an. Er hoffte inständig, dass niemand dumme Fragen stellte.
Zehn Minuten später standen die beiden Gendarmen Wellisch und Stallinger im Wohnzimmer und kannten sich hinten und vorne nicht mehr aus. Kurz darauf tauchte auch noch Frau Sussalek auf, die sofort einen Weinkrampf bekam. Wellisch sah ständig auf die Uhr und schimpfte, weil er bei der Zubereitung des Aalfutters unterbrochen worden war. Außerdem wollte er zur Feier des Tages wieder einmal in den Futterkübel onanieren, was sich wegen der ständigen Ablenkungen aber bisher nicht ausgegangen war. »Das darf doch alles nicht wahr sein«, raunte er und verscheuchte eine Fliege, die sich frecherweise auf seinen Sheriffstern gesetzt hatte. »Die bringen mir meinen ganzen Plan durcheinander. Stallinger, hol sofort den Schreckenschlager und den Stöckl her, die sollen sich um die Leichen kümmern. Der Zahnarzt soll dann direkt zum Pamminger in die Metzgerei gehenund sich die beiden dort anschauen. Und eines ist ganz wichtig, Stallinger: Sag im
Neger
nicht, was passiert ist.«
»Ja, ja«, antwortete Stallinger wenig begeistert und murmelte im Hinausgehen etwas von seinem kaputten Rasenmäher, der noch immer nicht funktionierte.
Frau Sussalek hörte zu weinen auf und sah Wellisch entgeistert an. »Was, ihr wollt die Karin und den Lois auch zum Pamminger ins Kühlhaus bringen? Und was ist mit einer Untersuchung der Leichen? Der Lois war doch gesund, wie ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Dass die Karin massenhaft Tabletten geschluckt hat, war ja bekannt, aber der Lois war doch nicht krank. Was sagst du, Philipp?«
Philipp stand am offenen Fenster und sah, wie Stallinger mit seinem Dienstmoped hinter der Kurve verschwand. Jetzt war es wichtig, Ruhe zu bewahren. »Ja, so genau weiß ich das auch nicht. Ab und zu hat er schon gesagt, dass ihm irgendwas weh tut, aber eigentlich kenne ich mich da nicht aus.«
»Philipp, hast du einen Fotoapparat, damit wir ein paar Fotos machen können?« Wellisch warf einen skeptischen Blick auf die
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