Bad Monkeys
Flur bis zum Ende, zu einem riesigen Wohnzimmer mit weiteren reflektierenden Flächen: noch einer Spiegelwand; einer ganzen Front von deckenhohen Fenstern, die auf den Strip gingen; verschiedenen Tischen und Kommoden mit Glas- oder Marmoraufsätzen. Hier wurde mein Blick allerdings zu der Gestalt auf dem Fußboden abgelenkt – und zu dem Blut, das sich von ihr aus fächerartig in alle Richtungen ausgebreitet hatte und schon stellenweise zu einer matten Lasur getrocknet war.
Man hatte John Doyle die Kehle aufgeschlitzt, und an seinem Gesicht, seinen Handflächen und seiner Brust klafften breite Schnittwunden. Seine Beine waren unter ihm eingeknickt, so als hätte er gekniet und wäre dann rückwärts umgefallen. Die Vorstellung, dass er im Augenblick des Todes um Gnade gebettelt hatte, brach mir zwar nicht gerade das Herz, aber bezüglich seiner Vernehmungsfähigkeit sah ich doch gewisse Probleme.
Als ich das Headset aus meiner Tasche fischen wollte, nahm ich eine Bewegung im Raum wahr. Ich sah hoch, aber es war offenbar eine optische Täuschung, die sich in der Glaswand vor mir spiegelte: Da war ich, über Doyles Leiche gebeugt, während über und ein Stückchen hinter mir eine zweite Jane von der Decke herunterragte . Ich dreh mich um und heb den Kopf; und tatsächlich steht da die schlechte Jane an der Decke, und ihr Haar und ihre Jacke hängen nach oben, als ob sich die Schwerkraft eigens für sie umgepolt hätte. »Na?«, sagte sie, und während ich noch versuchte, aus der Sache schlau zu werden, streckte sie die Arme nach unten, nahm meinen Kopf in beide Hände und verpasste ihm einen scharfen Seitwärtsruck .
Ich wachte, gelähmt, in einem Sessel auf, mit Blick auf die Spiegelwand. Doyles Leiche lag zu meinen Füßen, meine NT-Waffe auf einem Beistelltisch rechts neben mir, zum Greifen nah – wenn ich hätte greifen können. Die schlechte Jane stand hinter mir, jetzt mit beiden Füßen auf dem Boden wie ein ganz normaler Mensch, nur eben nicht normal : Während ich sie im Spiegel anstarrte, flimmerte und flackerte sie in einem fort, verschwand und erschien wieder, genauso, wie sie es auf dem Parkplatz des Diners getan hatte.
»Was macht der Nacken?«, sagte sie und materialisierte sich lange genug, um mir eine kühle Hand an die Halsschlagader zu legen. »Ich hoffe, ich hab nicht übertrieben. Phil wäre ganz schön sauer, wenn ich bleibende Schäden angerichtet hätte.«
Ich konnte mich zwar nicht rühren, aber reden konnte ich: »Was zum Teufel sind Sie?«
»Was, du erkennst deine böse Zwillingsschwester nicht? Oder meinst du das? « Sie zwinkerte und war weg. Ihre Stimme kam jetzt aus dem Nichts: »Das liegt an den Drogen, Jane.«
»Man hat mich unter Drogen gesetzt?«
»Nicht dich, dumme Kuh. Mich.« Sie war wieder da, kauerte jetzt hinter mir und stützte das Kinn auf meine Schulter. »Die Altered -State -Theorie, Jane. Erinnerst du dich?«
Ich erinnerte mich.
Die »Theorie vom veränderten Zustand«, das war was aus Berkeley. Sie hatte da wohl auch studiert. Die Welt ist ein Dorf.
Was ist die Theorie vom veränderten Zustand?
So ’ne blödsinnige Acid - head -Idee über die Beziehung zwischen Bewusstsein und Wirklichkeit. Da gab’s so einen Irren, so ’n Überbleibsel aus der Flower-Power-Ära, der sich auf dem Campus rumtrieb. Er hatte echt geiles Dope, und er gab auch gern was ab, aber das war wie bei der Heilsarmee, wo man die Gratissuppe erst kriegt, wenn man sich vorher eine Predigt angehört hat. Und genau so laberte einen dieser Typ mit seiner Theorie zu von wegen, jedes Mal, wenn man seine Wahrnehmung der Wirklichkeit verändert, passiert eine entsprechende Veränderung der Art und Weise, wie die Wirklichkeit einen selbst wahrnimmt, oder irgendwas in der Art …
Sich antörnen verändert die Gesetze der Physik?
Mit einfachen Worten ausgedrückt, ja. Was natürlich – das brauchen Sie mir nicht erst zu sagen – dieselbe hirnverbrannte Art von Logik ist, die Leute dazu bringt, von Dächern zu springen, weil sie davon überzeugt sind, fliegen zu können. Aber dieser Typ hatte lange an seiner Theorie herumgefeilt , und wenn man ihn darauf hinwies, dass die Schwerkraft sich einen Dreck darum schert, wie man sie betrachtet, sagte er, es sei keine Eins-zu-eins-Entsprechung, das Bewusstsein sei, wie man leicht feststellen könne, flexibler als die Wahrheit, und deswegen brauche man eine große Veränderung der Wahrnehmung, um auch nur eine kleine Veränderung der Wirklichkeit zu
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