Bär, Otter und der Junge (German Edition)
Wohnzimmer, allerdings nicht, bevor ich den verletzten Ausdruck in seinen Augen sehen konnte.
Er blieb eine Woche. Ty durfte ihn sehen, aber ich arrangierte es immer so, dass Anna oder Creed ihn abholten, um ihn mitzunehmen. In seiner Nähe traute ich mir selbst nicht. Außer einem einzigen Mal, machte er während seines gesamten Aufenthalts nie Anstalten, Kontakt mit mir aufzunehmen. Ty war an Neujahr heimgekommen, nachdem ich mit der Arbeit fertig war. Die eineinhalbfache Zeit, die man sich für Feiertage aufschreiben durfte, brauchte ich dringend. Der Junge hatte den Tag mit Creed und Otter bei ihnen zu Hause verbracht. Ty sagte, dass Otter ihn abgesetzt und sich dann zurück auf den Weg nach San Diego gemacht hatte. Mein Herz und mein Kopf fühlten sich schwer an, aber es gab nichts, was ich hätte tun können. Ich wollte mit Anna reden, nur um eine andere Stimme zu hören und bemerkte, dass ich mein Handy im Auto gelassen hatte. Ich erklärte Ty, dass ich gleich wieder da wäre und versicherte ihm, dass es lediglich eine Minute dauern würde.
Auf dem Weg zum Wagen dachte ich daran, wie gut es sich anfühlte, dass Otter wieder fort war, welche Last dadurch von meinen Schultern genommen wurde. Es bedeutete Überzeugungsarbeit, aber ich konnte es beinahe glauben. Als ich mich meinem Auto näherte, sah ich ein Stück Papier, dass unter einen der Scheibenwischer geklemmt war. Als ich es abpflückte, dachte ich noch, dass es sich wohl um einen Flyer für ein Restaurant handeln musste; bis ich die vertraute Handschrift erkannte:
Ich weiß, dass Du verletzt warst und du hast jeden Grund, wütend zu sein, aber ich will, dass Du weißt, dass nicht ein Tag vergangen ist, an dem ich nicht an Dich und Ty gedacht habe. Vielleicht ist das meine Strafe; zu wissen, dass es Dir gut geht und zu wissen, dass ich nichts damit zu tun habe. Nebenbei bemerkt, bin ich stolz auf Dich, für das, was Du geleistet hast, obwohl Menschen ihre Versprechen Dir gegenüber brechen.
Es war gut, Dich zu sehen, auch wenn es nur für einen Moment war. Ich bin froh, dass ich ihn bekommen habe. Ich habe Dich vermisst, Papa Bär.
Es war nicht unterschrieben, aber das war auch nicht nötig. Ich faltete den Zettel vorsichtig und schob ihn in meinen Geldbeutel.
„W ARUM bist du hier?“, stöhne ich. „Warum bist du zurückgekommen?“
Er greift nach meinem Kinn und zwingt mich, ihm in die Augen zu sehen. „Es hat nichts damit zu tun, was zwischen uns geschehen ist. Soweit es mich betrifft, war das ein Fehler. Wir hätten uns niemals küssen dürfen.“
Ich versuche halbherzig, mich aus seiner Umarmung zu winden. Ich versuche ihn nicht anzusehen, aber er hält mich noch immer am Kinn. Da sind noch immer goldene Flecken in seinen grünen Augen.
„Ist das der Grund dafür, dass du fortgegangen bist?“, frage ich und versuche meine Stimme ruhig klingen zu lassen. „Wegen... deshalb ?“
Er schüttelt den Kopf. „Es war nicht nur das, Bär.“ Er lässt mich los und macht einen Schritt zurück. „Es gab eine Menge Gründe und ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte.“ Er sieht mich mit flehendem Blick an. „Du musst mir glauben, wenn ich sage, dass ich zurückgehen und die Dinge anders machen würde, wenn ich nur könnte.“
„Drei Jahre“, antworte ich.
Sein Unterkiefer spannt sich. „Ich weiß. Du musst mich nicht dran erinnern. Es ist nur so“, beginnt er, hält dann jedoch inne, und scheint über seine nächsten Worte nachzudenken. „Ich weiß, dass das jetzt dumm klingen wird, aber ich dachte, dass ich dich irgendwie beeinflusse und ich glaubte nicht, dass das fair ist. Ich fand, dass du das, zu allem Anderen, nicht auch noch brauchtest. Ich versuche hier nicht mich rauszureden, ich will es dir nur verständlich machen.“
„Was meinst du mit; mich beeinflussen?“
Er verzieht das Gesicht. „Bär, ich war selbst gerade mitten in meinem Coming-Out. Meine Eltern haben es nicht gerade gut aufgenommen und dann die ganze Sache mit deiner Mom... Du hast Leute gebraucht, die für dich stark sein konnten. Ich dachte, ich könnte das. Aber dann kam diese Nacht und mir wurde klar, wie schwach ich wirklich war. Du warst betrunken und hast gelitten und brauchtest einen Freund und dann haben wir uns geküsst und mir wurde klar, dass ich nicht der Stärkere sein konnte. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich dir aufzwinge und dass es... ich weiß auch nicht, Bär. Ich dachte, Abstand zwischen uns zu schaffen, wäre zu diesem Zeitpunkt
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