Bärenmädchen (German Edition)
Hals. Aufspringen und rauslaufen. Nur weg. Rennen, rennen, bis sie in Sicherheit war. Vielleicht fand sie etwas zum Anziehen, dann aus dem Gebäude heraus. Auf die Straße. Ein Auto anhalten. Sich weit, weit fortbringen lassen.
Anne wagte nicht einmal, ihre Beine von den beiden Aufsätzen herunter zu nehmen. Schon der Gedanke, von den schrecklichen Krankenschwestern oder etwa dem Fahrer, dem Cro-Magnon-Menschen, erwischt zu werden, ließ sie erzittern. Mit großen, ängstlichen Augen schaute sie auf die Tür, als jemand hereinkam. Es war die junge Frau in der Dienstmädchenkleidung. Diejenige, die sich in Abners Büro so genüsslich an ihrer Qual erfreut hatte. Anne war trotzdem erleichtert. Irgendwie war sie ja wohl eine Leidensgenossin. Eine Beta – so hatte es Abner genannt.
Das Mädchen huschte auf Anne zu. Ihre Beine waren nicht mehr gefesselt, so dass sie sich normal bewegen konnte. Sie hielt sich den Zeigefinger vor den geschlossenen Mund und legte ihn dann auf Annes Lippen. „Mikrofone“, hauchte sie so leise, dass Anne es kaum verstehen konnte, und dies blieb das einzige Wort, das sie in den nächsten Minuten sprach. Anscheinend war es verboten, miteinander zu reden. Anscheinend wachten verborgene Lauscher darüber.
Das Mädchen ging zu einem dem Schränken an der Wand und holte verschiedene Gegenstände heraus, die Anne nicht erkennen konnte. Bei jedem Schritt wiegte sie sich übertrieben deutlich in den Hüften, so dass Ihr vom Kleid nur halb bedecktes voluminöses Hinterteil, das Abner so begeistert hatte, mächtig in Bewegung geriet. Hatte man ihr diesen Gang befohlen? Gab es hier nicht nur Mikrofone, sondern auch Kameras?
Annes Augen huschten durchs Zimmer. Entdecken konnte sie nichts. Dann wurde sie abgelenkt. Das Mädchen hatte sich anscheinend Gel und Rasierer geholt. Jetzt machte sie sich daran ihre Schamhaare zu entfernen. Anne erinnerte sich, dass sie Kosmetikerin war und betete, dass sie geschickte Hände hatte. Bald spürte sie die Fingerspitzen des Mädchens an ihren intimsten Stellen. Vor Konzentration streckte es seine rosa Zungenspitzen ein klein wenig zwischen den Zähnen durch. Manchmal streiften die großen, nackten Brüste Annes Oberschenkel. Der Rasierer schien unablässig in Bewegung und ihre feingelockten, braunen Haare, die sie seit der Pubertät immer als intimes Zeichen ihrer Weiblichkeit empfunden hatte, schwanden dahin.
Einmal zuckte sie bei einem leichten ziependen Schmerz zusammen. Da kam das Mädchen zu ihren Kopf, streichelte ihr übers Haar und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. Anne spürte, wie ihr, bei dieser unerwarteten Zärtlichkeit, die Tränen kamen. Weil sie sich in einer liegenden Position befand, rannen sie links und rechts ihrer Schläfen herunter und wollten einfach nicht mehr aufhören zu fließen. Mit bloßen Händen wie ein Kind rieb sie sich die verheulten Augen und schniefte.
Als das Mädchen sie so sah, lächelte es und reichte ihr eines der Papiertücher, mit denen sie Gel und Haare wegwischte. Während ihrer Arbeit streichelte es daraufhin immer wieder in einer begütigenden Geste Annes Bauch, manchmal auch ihre Brüste und ihre Schenkel. Als das letzte Haar entfernt war, haucht sie ihr sogar einen Kuss auf die Schamlippen. Anne fand es auf irritierende Art tröstlich und sogar angenehm. Ihre Tränen versiegten. Mit einem Mal fiel ihr auch der Name des Mädchens wieder ein. „Jennifer“, hauchte sie so lautlos wie möglich und erntete ein Lächeln sowie einen weiteren Kuss auf ihre Schamlippen.
Dann, als sie fertig war, half ihr Jennifer beim Aufstehen aus dem Stuhl. Das Gefühl unten herum völlig bloß zu sein, war viel stärker, als Anne erwartet hatte. Jeder Millimeter ihrer freigelegten Haut schien sich aufdringlich prickelnd bemerkbar zu machen. Als sie an sich herunterschaute, kam sie sich fremd und verwandelt vor. Das Mädchen aber drängte zur Eile. Es nahm Anne bei der Hand und führt sie hinaus. Es ging eine Treppe herunter, dann einen weiteren breiten Korridor entlang. Das Gebäude war wirklich riesig. Schließlich blieb Jennifer vor einer der vielen Tür stehen.
„Immer die Augen gesenkt halten. Nur reden, wenn du angesprochen wirst “, flüsterte sie. Auf ihr Klopfen ertönte ein bellendes „Herein“. Als sie eintraten, sah Anne beklommen, dass Jennifer sie wieder zu der pausbäckigen Krankenschwester und ihrer Kupanin mit der Männerstimme gebracht hatte. Fast unwillkürlich ahmte sie Jennifers demütige Haltung nach.
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