Bärenmädchen (German Edition)
Aufenthalt im Käfig dagegen würde derlei gleich von Anfang an im Keim ersticken.
„Lass die Kleine für heute einfach im Käfig. Außerdem solltest du ihre Hände in den nächsten Nächten fixieren. Ich würde die gute alte Zwangsjacke empfehlen“, gab die pausbäckige Krankenschwester zum besten, bevor sie sich von „ihrer Holly“ herzlich verabschiedete. Man sei ja wieder einmal so im Stress, aber ihr, Holly Rüschenberg, würde es ja sicher genauso ergehen. Tschüss dann und sähe das beringte Vögelchen nicht ganz entzückend aus, wie es da so bedröppelt und dümmlich dreinschauend in seinem Käfig hocken würde?
Weg war ihre Peinigerin.
Rockenbach ließ es sich dagegen nicht nehmen, Ines noch einmal zu sich her zu zitieren. Er ließ sie die verschiedenen Kommandos vollführen und begutachtete das nackte Mädchen gründlich, vor allem in der „Zeig“-Position. Bevor er ging, flüsterte er ihr noch etwas ins Ohr, das sie vor Schreck geradezu erstarren ließ. Trotz ihrer eigenen misslichen Lage fragte sich Anne besorgt, was es war. Aber die Antwort würde warten müssen, denn nun trieb die Krähe ihre Schäfchen zusammen, um sie zum Fitnesstraining nach draußen zu führen. Nur Dascha blieb zurück, denn sie hatte an diesem Tag Putzdienst in ihren Räumen.
Annes Furcht klang unterdessen langsam ab. Auch der Schmerz war weniger schlimm als befürchtet. Dafür wurde ihr immer bewusster, was man ihr angetan hatte. Ring und Glöckchen konnte sie sogar selbst sehen, wenn sie ihre Augen auf die Nase richtete. Aus dieser Perspektive kam ihr das Glöckchen riesig groß vor. Sie versuchte ihren Kopf so wenig wie möglich zu bewegen, um wenigstens nicht ihren Klang hören zu müssen. Als sie daran dachte, dass er sie von nun an in den nächsten Wochen immer und überall begleiten wurde, spürte sie, wie ihr die Tränen kamen.
Durch einen Tränenflor sah sie, wie Dascha ihrer Arbeit nachging. Anfangs schien sie sich überhaupt nicht um Anne zu kümmern. Beflissen und strebsam, wie es ihre Art hier im Schloss war, ging sie ihren Aufgaben nach. Nachdem sie den Tisch abgetragen hatte und das schmutzige Geschirr in den Servierwagen gestellt hatte, begann sie zu fegen. Bald kam sie in ihrer Arbeit wie zufällig aber immer näher. Anne war nicht nach Reden zumute und auch Dascha blieb stumm. Sie machte sich schließlich, anscheinend sehr gründlich, schräg hinter Annes Käfig mit dem Besen zu schaffen, so dass Anne nur manchmal einen Blick auf ihre Gazellen-Beine und ihren nackten kleinen Po erhaschen konnte. Plötzlich aber hörte das Geräusch des Fegens auf. Sie spürte Daschas Atem in ihrem Nacken. Als nächstes schob sich ihr Kopf mit den langen weizenblonden Haaren in ihr Gesichtsfeld. Anne versuchte zu lächeln, auch wenn ihr jetzt etwas unheimlich zumute war. Daschas rauchblaue Augen waren ganz nah und betrachteten neugierig den Ring und das Glöckchen. Auch ihre rosa Zungenspitze schob sich zwischen ihre perlweißen Zähen hervor, so als wäre sie ebenso neugierig wie die Augen.
„Nick mal, Glöckchen. Ich will es hören“, verlangte Dascha.
„Bitte Dascha, nicht“, erwiderte Anne. In ihren Kummer mischte sich Ärger. Es war ihr unangenehm, dass Dascha sie so ganz selbstverständlich bei diesem Namen nannte.
„Biiiittte, biiiitttteee“, wünschte sich Dascha und klatschte wie ein kleines Kind in die Hände.
In ihrer hilflosen Lage beschloss Anne, das Mädchen zu ignorieren. Starr blickte sie geradeaus und versuchte einfach durch Daschas Kopf hindurchzuschauen. Aber da fasste Dascha nach dem Ring und zog ihn ein wenig nach vorne. Anne keuchte erschrocken auf.
„Bitte Glöckchen, lass es für mich klingen “, flötete sie.
Da begann Anne ihren Kopf hin und her zu bewegen, so dass bald der helle Ton des Glöckchens durch den Raum klang.
Dascha lachte wie ein kleines Kind und Anne sah, wie sich ihre rosa Zungenspitze wieder zwischen den Zähnen hervorschob.
„Jetzt küss mich“, forderte Dascha.
„Nein.“ Anne schüttelte reflexartig ihren Kopf und schon erklang das Glöckchen wieder. Aber nicht lange, denn Dascha griff ein zweites Mal zum Ring. Diesmal zog sie fester und Anne stieß einen Klagelaut aus.
„Küssen, küssen“, verlangte Dascha. Sie war jetzt ein Kind, das spielen wollte. Eines, dass ein gefangenes Vögelchen entdeckt hatte, mit dem sich kindlich-grausamer Scherz treiben ließ. Und so öffnete Anne ergeben ihren Mund, spitzte leicht ihre Lippe und sah, wie sich Daschas
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