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Bärenmädchen (German Edition)

Bärenmädchen (German Edition)

Titel: Bärenmädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Berlin
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irgendwo in eine dunkle Ecke schieben, wo es schließlich zu Staub zerfallen würde. Eigentlich war es ja nicht mehr als eine Art Rollenspiel, fand sie. Ihr war dabei die Figur der Sklavin zugefallen. Noch besser gefiel ihr die Vorstellung, dass sie eine Prinzessin sei, die ein widriges Schicksal zur Sklavin werden ließ. Wie eine Prinzessin wollte sie heldenhaft und innerlich unbefleckt auch die schlimmsten Torturen und Demütigungen über sich ergehen lassen. Sollte man sie doch peitschen, sollte doch ihr Räuberhauptmann selbst die Peitsche schwingen. Der Hass auf ihn würde sie erst recht stark machen. Er war der Oberschurke in diesem Spiel, Harry Potters Voldemort und Luke Skywalkers Darth Vader.
    Manchmal sah sie ihn tagsüber, wenn er gerade in einen Helikopter stieg, oder wenn er wie ein Wilder in einem riesigen Geländewagen über das Gelände düste. Oft hatte er ein Handy am Ohr oder er sprach in ein Mikro vor seinem Kopf. Der Wichtigtuer. Zofen hatten ihr zugewispert, dass sein Name Adrian Götz sei, dass seine Narben von einem Bombenattentat im Irak herrührten und dass dabei eine Frau im Spiel gewesen sein sollte. Das interessierte Anne besonders, aber die Zofen wussten nicht mehr zu berichten.
    Natürlich konnte sie ihm nicht entgehen, wenn er wieder Hand an sie legen wollte, aber sie würde es voller Verachtung und Kälte über sich ergehen lassen. Sie beschloss, ihn so intensiv zu studieren und zu beobachten, wie ihr das möglich war, um ihn später auf irgendeine Art, die ihr noch einfallen würde, umso mehr treffen zu können.
    Zunächst aber traf es sie. Es war am Nachmittag ihres dritten Ausbildungstages. Da es draußen immer noch regnerisch und ungewöhnlich kühl war, hatte die Krähe entschieden, dass der Unterricht in „Zofenkommandos“ im Schlafsaal stattfinden würde. „Zeig“ hatte sie gerade verlangt und die Mädchen führten brav vor, wie sicher sie nun auch dieses Kommando beherrschten. Sie hatten sich umgedreht, gebückt und mit den Händen ihre Schienbeine umfasst. So präsentierten sie der Krähe nun ihre Hinterteile. Weil sie ihre Fersen dabei nach außen drücken mussten, spreizten sich automatisch auch ihre Pobacken auseinander, so dass sie dem Betrachter ihre intimsten Körperstellen offenlegten.
    Anne, die ganz außen an der Wand stand, wurde es daher sehr unwohl, als sie hörte, wie die Tür aufging. Schritte näherten sich. Es schienen zwei Personen zu sein. Dann sagte eine weibliche Stimme, deren affektierter Tonfall ihr unangenehm bekannt vorkam: „Du hast die Mädels ja richtig schön gedrillt, Holly. Ihre Mösen zeigen die rolligen Kätzchen aber bestimmt auch furchtbar gerne. Die mit dem dicken Arsch ganz rechts ist garantiert diejenige, die wir uns jetzt vornehmen. An den Hintern erinnere ich mich noch aus der Voruntersuchung.“
    Anne, der klar war, dass sie gemeint war, spürte heiße Scham in sich aufsteigen. Es war Maximiliane Schröter, die pausbäckige Krankenschwester, die sich auf so erniedrigende Weise über sie ausließ. Aber es kam noch schlimmer, denn als die Krähe „Steh“ kommandierte und Anne brav die gewünschte Position einnahm, erspähte sie unter ihren gehorsam gesenkten Lidern nicht nur die Krankenschwester, sondern auch Rockenbach!
    Sie wusste, dass es dumm und sinnlos war, aber sofort überlief sie eine neue Welle der Scham bei dem Gedanke daran, was sie ihm gerade vorgeführt hatte. Dann fiel ihr Blick auf den Metallkäfig, den er in der Hand hielt und mit einem Schlag wurde ihr klar, dass Verlegenheit derzeit ihr kleinstes Problem war. Der Käfig war vielleicht doppelt so groß wie ein Tragekorb für Katzen. Der Boden bestand aus einer schwarzen gummierten Fläche. Seitenwände und Oberteil wurden aus engen runden Metallstreben gebildet. Das Oberteil war zudem mit Scharnieren versehen und es besaß im hinteren Drittel eine gepolsterte kreisrunde Öffnung. „Für den Hals“, wusste Anne in dem Augenblick, als sie das Konstrukt sah.
    „Anne und Ines hier“, kommandierte da schon die Krähe. Beide kamen sie im vorgeschriebenen Zofengang angetrippelt, bemüht, alles richtig zu machen, und doch steif vor Angst. „Madame Rüschenberg haben gerufen“, sagten sie im Chor. Annes Stimme war hoch und zittrig. Bei Ines glaubte Anne sogar ein unterdrücktes Schluchzen herauszuhören. Mit großen Augen starrte auch die Rothaarige auf den Käfig.
    Die Krähe begann zu sprechen: „Ihr wisst, dass ihr beide auf dem Weg zum Schloss ein schweres

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