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Bärenmädchen (German Edition)

Bärenmädchen (German Edition)

Titel: Bärenmädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Berlin
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dann Maximiliane Schröter auf. Da die Ärztin des Schlosses an diesem Abend nicht erreichbar war, hatte es die pausbäckige Krankenschwester übernommen, die lädierten Kämpferinnen zu versorgen. Ungläubig vernahm sie zunächst, was geschehen war, um dann kundzutun, dass sie Anne schon immer alles Mögliche zugetraut habe. Schon beim Entkleiden damals im Verwaltungsgebäude habe sich dieses „feine Früchtchen“ ja wie eine Wahnsinnige gesträubt, und die Sache mit dem Bären spräche ja wohl auch für sich.
    Voller Mitgefühl schaute sie sich Daschas Blessuren an. Wie weich und sanft sie sein konnte. Tröstend erklärte sie Dascha, dass sie wohl keine ernsthaften Verletzungen davongetragen habe. Sie tastete Daschas Nase ab. Das Bluten hatte inzwischen aufgehört. Dann schaute sie sich die Hand an. Annes Biss habe wohl eine schmerzhafte Quetschung verursacht, sei aber nicht durch die Haut gedrungen. So würden wenigstens keine bösartigen Erreger drohen, erklärte sie und schaute Anne an, als wäre sie ein tollwütiger Hund. Auch die Rippengegend wurde inspiziert, ebenso die Brüste. Wahrscheinlich waren aber auch dort nur blaue Flecken und Quetschungen zurückgeblieben. Man kam aber überein, Dascha morgen noch einmal im Verwaltungsgebäude vorsichtshalber zu röntgen und von der Ärztin untersuchen zu lassen.
    Schließlich kümmerte sich die pausbäckige Krankenschwester um Annes Kratzwunde auf dem Oberschenkel. Sie sprühte ein stark brennendes Desinfektionsmittel drauf und genoss sichtlich Annes schmerzerfülltes Aufstöhnen, das auch der Knebel nicht unterdrücken konnte. Dann erklärte sie zu Dascha gewandt: „Na, dem Weib hast du aber ordentlich eine verpasst. Bravo!“
    Da konnte Dascha sogar schon wieder ein kleines bisschen lachen. Erfreut darüber, dass es ihr gelungen war, das leidgeprüfte Verbrechensopfer aufzumuntern, legte die pausbäckige Krankenschwester nach. Sie verwette ihr rosafarbenes Cabriolet, dass diese Schlampe direkt in die Spezialausbildung komme, erklärte sie und ahmte das Wiehern eines Pferdes nach. Das klang so laut und schrill und hässlich, dass Anne erschrocken zusammenzuckte. Dascha aber lachte jetzt aus ganzem Herzen. Laut, kehlig und einfach hinreißend klang es, eben ihr typisches Dascha-Lachen, von dem so viele Menschen einfach nie genug bekamen.
    Nun aber war es Zeit, endlich Ruhe zu finden. Dascha bekam von der pausbäckigen Krankenschwester noch ein leichtes Beruhigungsmittel, damit sie nach dem „brutalen Schock“ schlafen könne. Danach wurden sie und die anderen Mädchen in ihre Betten verfrachtet.
    Anne aber wurde, nachdem der Keuschheitsgürtel angelegt war, in den benachbarten Speiseraum geführt. An einer der Wände befand sich etwa 30 Zentimeter über dem Boden ein eiserner Ring. Dort kettetete man sie so kurz an, dass sie nur liegen und nicht stehen konnte. Dann ließ man sie, geknebelt und gefesselt wie sie war, alleine auf dem harten Steinboden zurück. Das Licht wurde gelöscht, die Tür geschlossen. Dunkelheit umfing sie. Später kam noch einmal die Krähe herein. Sie löste die Fesseln an den Händen, entfernte den Knebel und legte eine Decke über sie. Anne befand sich da schon in einem erschöpften Dämmerzustand, halb wachend halb schlafend, so dass sie diesen mildtätigen Besuch nur mehr wie in Trance wahrnahm.
    Am Morgen dann wurde sie alleine und noch vor den anderen von einem der Engelsgesichter zum Waschen in den Baderaum geführt. Danach wurde ihr der Keuschheitsgürtel wieder angelegt. Sie durfte in einen der üblichen Trainingsanzüge schlüpfen. Dann führte sie das Engelsgesicht – zum Glück war es nicht Blau, sondern Braun – quer durch das Schloss, bis sie vor einer kleinen Kammer standen. Kammer? Es war eine Gefängniszelle mit nacktem Mauerwerk und einem winzigen Fenster hoch oben an der Wand, das noch dazu vergittert war! Innendrin fanden sich ein schmales Bett, ein Hocker und ein winziger an der Wand befestigter Tisch. Das war es. Punkt.
    Eine Zelle für die Schwerverbrecherin, wie überaus passend, dachte Anne bitter. Hatten die Zuchthäusler von heute nicht wenigstens Fernseher in ihren Zellen? Aber die trugen wahrscheinlich auch keinen Keuschheitsgürtel und weinten sich nicht vor Liebeskummer die Augen aus. Mit dem Ärmel ihrer Trainingsjacke wischte sie sich die Tränen weg, die jetzt wie auf Kommando ihre Wangen herunterkullerten. Da hörte sie, wie der Schlüssel im Schloss der Tür gedreht wurde. Die Krähe kam herein.

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