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Bärenmädchen (German Edition)

Bärenmädchen (German Edition)

Titel: Bärenmädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Berlin
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Sie wollte doch nur erklären, was passiert war, wie es dazu gekommen war, was Dascha Böses gesagt hatte und dass sie Ines überhaupt keine schlechte Freundin war.
    All das wollte Anne sagen, aber es war zu spät. Schon mit dem ersten Wort schob ihr Blau den gummiartigen Pfropfen, eine Art überdimensionierten Schnuller, in den Mund. Die nächsten Worte waren nur ein unverständliches Murmeln, der Rest war Schweigen.
    Anne spürte, wie Riemen rund um ihren Kopf festgezurrt wurden. Dann schwoll der abscheuliche Fremdkörper in ihrem Mund sogar an! Sie riss die Augen auf. Man konnte ihn von außen aufpumpen, und das tat Blau nun mit größtem Vergnügen. Grinsend zeigte er ihr seine Hand, die einen kleinen Ball aus Gummi immer wieder zusammenpresste. Wie bei einem Blutdruckmessgerät pumpte er über einen Schlauch Luft in den Knebel. Er schien sich in ihrem Mund geradewegs auf Fußballgröße anzuschwellen. Ihre Backen wurden grausam nach außen gedrückt und ihre Zunge an den Gaumen gequetscht. Sie musste doch schon aussehen wie ein Teletubby, aber Blau hörte einfach nicht auf. Ihr Kopf würde platzen. Sie würde ersticken. Sie würde hier und jetzt sterben. Panisch warf sie ihren Oberkörper hin und her, versuchte vergeblich, sich aus dem Griff der anderen beiden Engelsgesichter zu winden.
    Da endlich machte ein scharfes Kommando der Krähe der Quälerei ein Ende. Blau ließ soweit Luft aus dem Knebel heraus, bis ihre Panik nachließ. Um ihren Brechreiß zu unterdrücken, atmete sie so flach wie möglich. Als sie dann das Kommando „Platz“ von der Krähe hörte, mühte sie sich in die befohlene Position. Leicht schwankend, unfähig zu reden und mit starrem geradeaus gerichteten Blick saß sie nun inmitten einer Lache aus weißem Schaum.
    Dascha aber schien das Kommando „Platz“ anscheinend nicht gehört zu haben. Herzergreifend schluchzend stand sie vor der Krähe. „Ich hatte immer schon solche Angst vor ihr. Sie hat mich nie gemocht“, stammelte sie und warf panische Blicke zu Anne hin, wobei Anne sah, dass sie sich ein blutdurchtränktes Taschentuch vor die Nase hielt. Und dann – Anne kam es völlig unwirklich vor - barg sie sogar ihr Gesicht an der Schulter der Krähe. Grotesk sah das aus, weil sie viel größer als die Zofenmeisterin war. Vielleicht wurde Dascha das selbst auch bewusst, denn im nächsten Augenblick ließ sie sich – dramatisch schwankend – auf einem der Hocker nieder. Zerknirscht brachte sie hervor, dass sie ja zugebe, als eine der ersten ein Kissen geworfen zu haben. Dafür wolle sie auch büßen, aber sie habe doch niemandem wehtun wollen. Als sie dabei beschwörend und fast flehentlich ihre Arme hob, fiel ihr Blick wie zufällig auf die Bissspuren, die Anne auf Rücken und Ballen ihrer rechten Hand hinterlassen hatte. Da schüttelte sie sofort ein neuer Weinkrampf und ihre lädierte Hand knickte herab wie eine verwelkte Blume, so, als würde sie niemals wieder zu gebrauchen sein.
    Plötzlich war allen sonnenklar, dass dieses zerzauste Häschen mit der wehen Hand niemals von sich aus eine Prügelei angefangen hätte. Was für ein absurder Gedanke. Die Schuldfrage klärte sich dann ohnehin wie von alleine. Gleich drei Mädchen hatten gesehen, wie Anne ihren Ellenbogen in Daschas Rippen gerammt hatte. Daschas geflüsterte Gemeinheiten hatte natürlich keine wahrgenommen. Beatrice, das Mädchen mit dem Puppengesicht und seit einiger Zeit Daschas beste Freundin, hatte auch noch etwas beizutragen. Sie berichtete, dass Anne ihr auch schon einmal aus heiterem Himmel Gewalt angedroht habe. Sie würde sie so zurichten, dass sie wie Chucky, die Mörderpuppe, aussehen würde. Wer auch immer das sei. Seitdem habe Beatrice, wie Dascha auch, extreme Angst vor dieser Person.
    Angesichts dessen hatte Anne immer mehr das Gefühl eine kleine zerbrechliche Kugel zu sein, die schneller und schneller eine abschüssige Bahn herabrollte. Da war kein Halten oder Bremsen mehr, nur eine massive Wand, an der sie in tausend kleine Splitter zerschellen würde. Gequält schaute sie in die Runde. Ihr Blick viel auf Ines und Miriam, die nebeneinander standen. Sie schienen drauf und dran sich einzumischen, um für sie Partei zu ergreifen. Aber Anne schüttelte kaum merklich den Kopf und war froh zu sehen, dass beide mit betroffenen und traurigen Mienen davon abließen. Sie wollte niemanden in ihr selbstverschuldetes Unglück hineinziehen und schon gar nicht diese beiden.
    Herbeigerufen von der Krähe tauchte

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