Bärenmädchen (German Edition)
erregter, lustvoller Spannung.
So hieß die Organisation Magnus also ihre neuen Betas willkommen. Anne musste zugeben, dass ihr das durchaus gefiel. Dann fiel ihr Blick auf die Band, die im hinteren Teil des Saales unter Stroboskop-Blitzen wild drauflos rockte. Es waren Frauen in ultrasexy aussehenden Sträflingskostümen! Mit einem starken französischen Akzent kiekste die Sängerin ihren Text ins Mikro und wackelte wild mit ihrem Hinterteil. Das dürfte den Herren Alphas gefallen, dachte Anne. Der Song kam ihr außerdem bekannt vor. Beim Refrain wusste sie es dann. Es war ein Stück der Ärzte: „Manchmal haben Frauen ein kleines bisschen Haue gern“. Fast widerwillig musste sie grinsen. Wer auch immer für die Musik zuständig war, einen gewissen Sinn für Humor konnte man ihm nicht absprechen.
Dann spielte die Band ein ruhigeres Stück, das sie nicht kannte, und Anne schaute wieder auf die Partygäste. Wo waren nur die Mädchen aus ihrer Gruppe? Da erspähte sie Miriam. Sie stand fast direkt unter ihr im Gespräch mit drei Männern. Anne hatte sie übersehen, weil sie nicht mehr ihre Zöglingskleidung trug. Jetzt hatte sie einen langen schwarzen Rock mit einem atemberaubenden Gehschlitz an. Als sie das Bein anwinkelte. öffnete er sich bis hinauf zu ihrem Schoß, den ein praktisch durchsichtiges rotes Höschen eher präsentierte als bedeckte.
Oben herum trug sie ein fliederfarbenes Korsett, das ihre Brüste immerhin vergleichsweise züchtig bedeckte. Ihr Haar schmückte eine Blume. Sie war ebenso fliederfarben wie das Korsett. Ihre braunen Haare schienen zudem dunkler gefärbt und waren hochgesteckt, so dass ihr fein geschwungener Nacken zur Geltung kam. Miriam sah wunderschön aus.
Nach und nach entdeckte sie nun auch immer mehr der anderen Mädchen. Beatrice, Sarah, Nicole und Larissa sah sie. Keine grauen Mäuse in Zöglingskleidung, sondern umwerfende Party-Schönheiten. Auf den ersten Blick wirkte ihr Outfit sogar recht sittsam, auf den zweiten Blick aber gewährte es so intime Einblicke, dass es anderswo für einen mittelschweren Skandal gesorgt hätte. Verlockend blitzten nackte Schösse, Brüste und Pos hervor.
„Wenn du das Fenster aufmachst, kannst du sogar verstehen, was geredet wird.“
Erschrocken blickte Anne sich um. Der Junge war wieder da. Er stand am Fuße der Treppe, die zur Empore hinauf führte. Wie schnell die Zeit verflogen war. Sie schaute zum Fenster. Ja, da war tatsächlich ein Hebel, mit dem man es aufstellen konnte. Aber sie wandte sich zunächst dem Jungen zu.
„Möchtest du nicht auch mal schauen?“, fragte sie.
„Papa hat gesagt, ich darf nicht. Dafür bin ich zu klein. Aber neugierig wär ich schon“, sagte er auf seine ernste Art.
Anne hob abwehrend die Hände. Oh nein, sie wollte den Kleinen nicht verderben. Nachher reichte der Anblick dieser erstaunlichen Veranstaltung aus, ihn auf der Stelle zum glühenden Fan der Organisation Magnus zu machen. Die Welt brauchte auch noch ein paar normale Menschen, fand sie, und nicht nur Rockenbachs und Abners und Holly Rüschenbergs.
„Warte, ich komme runter“, rief sie und lief die Stufen hinab. Erst jetzt bemerkte sie, dass er ein Tablett mit Essen und Trinken dabei hatte. Er hielt es ihr entgegen und sie drückte ihm vor Freude einen dicken Kuss auf die Wange, denn ihr wurde plötzlich klar, wie hungrig sie war. Vor mehr als 24 Stunden hatte sie zum letzten Mal gegessen. Das war noch, bevor das Schreckliche im Schlafsaal passiert war. Ihr Blick fiel auf ein knusprig aussehendes Baguettebrot, einen Teller mit kleingeschnittenem Fleisch und eine große Flasche Orangenlimonade. Vor Freude drückte sie ihm noch einen Kuss auf die andere Wange. Er schaute sie überrascht an. Dann sagte er: „Wenn du das machst, gefällt mir das viel besser, als wenn Mama das macht. Soll ich nächstes Mal noch mehr zu essen mitbringen?“
Dafür hätte sie ihn am liebsten gleich noch einmal geherzt, aber das Terrain überließ sie doch lieber seiner Mutter. So schüttelte sie nur lächelnd den Kopf. Dann nahm sie das Tablett in Empfang, berichtete, an welchen Tischen Getränke zur Neige gingen – er notierte es auf einem kleinen Zettel –, und stieg wieder die Treppe hoch. Sie war fast oben, als der Junge ihr noch etwas zurief: „Papa sagt, es würde dich bestimmt interessieren, was für Fleisch er dir herausgesucht hat. Es ist von dem Bären. Das zarteste Stück. Tatze.“
Während der Junge jetzt endgültig in Richtung Küche
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