Baeuerin sucht Frau
einem Regalfach der untersten Reihe.
»Und irgendwas gefunden?«
Erschrocken fährt Antje zusammen. Es gibt einen dumpfen Laut und ein unterdrücktes »Aua!« Antjes Kopf taucht aus dem Dunkel auf. Sie legt ihre Hand mit schmerzverzogenem Gesicht auf die Stelle auf ihren Hinterkopf. »Musst du mich so erschrecken?« Und dann: »Nein, bisher nichts.«
»Wäre ja auch zu schön gewesen. Bei mir auch Fehlanzeige«, unterrichte ich sie von meiner erfolglosen Suche.
»Was ist denn das da?«, fragt Antje und leuchtet auf eine Tür am Ende des Ganges. Jetzt fällt mir auf, dass die Regalreihen hier kürzer sind.
»Da muss es noch einen Raum geben«, sage ich.
Was sonst, wenn dort eine Tür ist. Sehr schlau bemerkt Sylvia!
»Wahrscheinlich die Heizungsanlage«, vermutet Antje.
»Hm.«
»Hol doch mal Otto, damit er die Tür aufmacht.«
Für Otto ist auch dieses Schloß kein Hindernis, dann verschwindet er wieder.
Neugierig betreten wir den Raum, der bei der Renovierung, abgesehen von der Außenmauer, augenscheinlich ausgelassen wurde. Ich schätze ihn auf zehn mal zehn Meter. Das einzige Fenster, einen knappen Meter breit und einen reichlichen hoch, ist im Rahmen morsch. In der unteren rechten Ecke ist ein Stück der Scheibe ausgebrochen. Im Licht unserer Taschenlampen mache ich Reste alten Gebälks aus. Die Luft riecht modrig, trotz des fortgeschrittenen warmen Sommers.
Von der sortierten Sauberkeit der Lagerhalle fehlt hier jede Spur. Regale gibt es zwar auch. Oder besser das, was von ihnen übrig ist. Die alten Holzkonstruktionen scheinen jedoch jeden Moment zusammenbrechen zu wollen. Ein Wagnis darin noch etwas aufzubewahren. Dennoch ist jemand dieses Risiko eingegangen. Vielleicht Roswitha. Denn auf den ersten Blick mache ich hauptsächlich alte Einweckgläser und Weinballons aus. Die nächsten beiden Schritte sagen mir aber, dass der Raum wohl doch nicht Roswithas alte Vorratskammer allein ist, denn ich entdecke jede Menge verrostetes Werkzeug. Wahrscheinlich von Großvater Wuttke, Gott hab ihn selig.
Die Zeitreise geht weiter. Ein Bettgestell, an dem sich die Holzwürmer schon seit mindestens zehn Jahren gütlich tun. Ein Schrank, gleiches Schicksal.
Eigentlich habe ich genug gesehen. Wuttkes Rumpelkammer eben. Kein Trödelhändler würde ihm für das alte Zeug noch was geben. Das alte Waschbecken hier vielleicht, ja das hat was, wenn man mal von den Rostflecken an der Armatur absieht. Daneben eine Sitzbadewanne. Eindeutig für kleine Menschen gemacht, wie sie früher Durchschnitt waren.
»Komm, lass uns gehen«, sage ich zu Antje, die bereits bis zum Ende des Raumes durchgelaufen ist.
»Das glaub ich nicht«, murmelt Antje jetzt vor sich hin.
Etwas neugierig bin ich schon, welches rustikale Stück ihr diesen Ausruf entlockt. Deshalb gehe ich hin.
Antje steht vor einem Haufen alter Lumpen. Keine Ahnung warum sie darin herumgewühlt hat, aber mitten in diesem Berg Lumpen, schimmert Plastik. Alt, zerkratzt und genau die Farbe des Kanisters, den Weinhaus in meinem Schuppen fand. Soweit ich das bei der Beleuchtung beurteilen kann. Ich hocke mich hin, schiebe die Lumpen weiter zur Seite, lege vier Kanister frei. Leider ohne Aufschrift. Doch ich hab so ein Gefühl, dass wir hier richtig sind! Behutsam schraube ich den Kanister auf, schnuppere vorsichtig. Knoblauch!
»Jetzt haben wir dich Wuttke«, triumphiere ich.
Freudestrahlend drehe ich mich um, leuchte Antje an. Natürlich nicht direkt, damit würde ich sie blenden, sondern ich halte die Taschenlampe so, dass das Licht neben sie in den Raum fällt.
Da sehe ich es. An der Decke, fast direkt über uns im Gebälk. Selbst mir wird beim Anblick des weissen, faustgroßen Gespinst mulmig zumute, eingedenk des Raumes in dem wir uns befinden. Ein riesiges Wespennest! Antje darf es auf gar keinen Fall sehen!
Mit Schrecken nehme ich wahr, wie in diesem Moment zwei Wespen an der Unterseite des Nestes aus dem Loch krabbeln. Schnell senke ich den Lichtkegel, um so die Kundschafterinnen hoffentlich von der Gefahrlosigkeit der Situation zu überzeugen. Die machen ihren Job aber sehr gründlich. Überdeutlich höre ich das leise Summen, welches ihre Flügel aussenden, während sie, in der Luft schwebend, wohl die Ursache für die ungewöhnlichen nächtliche Störung zu erkunden versuchen. Antje muss das Summen jeden Moment hören.
»Antje, sieh nicht hoch«, sage ich. Es ist der Versuch, trotz leiser Stimme, das Summen der Wespen zu übertönen. Ich erhebe mich
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