Bahama-Krise
verbunden.
»Wo stecken Sie, Mr. Mangan?« fragte er entgeistert. »Ich soll
Sie beschatten, aber Sie sind nicht hier.«
»Tut mir leid, ich mußte dringend weg. Hören Sie zu, ich
möchte, daß einer Ihrer Leute Posten auf dem Hoteldach bezieht. Niemand
sonst darf aufs Dach. Niemand darf an die Wassertanks.«
»Und warum nicht?« fragte er zurück.
»Ich habe jetzt keine Zeit, Ihnen das zu erklären«, sagte ich
scharf. »Es wird gemacht, wie ich's gesagt habe! Außerdem stellen Sie
eine Wache in die Zentrale der Klimaanlage. Niemand darf da rein.«
»Auch die Service-Ingenieure nicht?«
»Kein Mann, keine Frau, kein Kind, keine Maus, niemand!« sagte
ich. Es war denkbar, daß Carrasco mit jemand vom Personal unter einer
Decke steckte. Ich durfte kein Risiko eingehen. »Wo ist Carrasco?«
»Er hat den Tag mit einem Spaziergang in West End verbracht«,
sagte Walker. Seine Stimme klang müde. »Im Augenblick sitzt er beim
Abendessen im ›Buccaneer Club‹, draußen beim Deadman Riff. Ich habe
zwei Leute auf ihn angesetzt, Rodriguez und Palmer.«
»Ich werde dafür sorgen, daß Sie von der Polizei Hilfe
bekommen«, sagte ich. »Ich werde gleich mit Perigord telefonieren.
Danach fliege ich nach Grand Bahama zurück.«
Ich hatte noch nicht aufgelegt, als Bethel ins Büro kam.
»Crossmann ist es nicht gewesen«, sagte er atemlos. »In den
Arbeitsberichten gibt es keine Eintragung.«
»Das habe ich mir schon gedacht. Er war es nicht.« Ich schaute
auf meine Uhr. »Kennen Sie Bobby Bowen, meinen Piloten?«
Er nickte.
»Dann stöbern Sie ihn auf, und sagen Sie ihm, wir fliegen
sofort nach Freeport. Sagen Sie Dr. Bosworth, er kommt mit mir, er soll
sich bereithalten. Mackay kann in der Zwischenzeit die Proben zum
Krankenhaus fahren.«
Bethel wandte sich zum Gehen. »Danke!« sagte ich. »Sie sind
fabelhaft.«
Als Bethel gegangen war, rief ich Perigord an. Er war nicht im
Büro. Was angesichts der späten Stunde aber nicht weiter ungewöhnlich
war. Allerdings konnte ich ihn auch über seinen Privatanschluß nicht
erreichen. Seine kleine Tochter meldete sich und informierte mich mit
piepsiger Stimme, daß Mami und Papi ausgegangen seien. Und zwar zum
Abendessen. Wohin, fragte ich. Sie gab mir eine kleine Auswahl.
Entweder waren Mami und Papi im ›Stoned Crab‹. Oder im ›Captain's
Charthouse‹. Oder im ›Japanese Steak House‹. Oder im ›Lobster House‹.
Vielleicht aber auch im ›Lucayan Country Club‹.
»Du bist ein sehr liebes Mädchen«, sagte ich und wartete mit
dem Fluchen, bis ich aufgelegt hatte. Dann holte ich mir das
Telefonbuch von Grand Bahama heran.
Perigord war in keinem der Restaurants, die mir seine kleine
Tochter genannt hatte. Nach längerem Telefonieren spürte ich ihn im
›Mai Tai‹ auf. Es dauerte fünf Minuten, bis ich ihn davon überzeugt
hatte, daß ich nichts getrunken hatte, und ebenso lange, bis er mir
versprach, ein Polizeiaufgebot in Bewegung zu setzen. Ob er noch
Appetit hatte, als das Gespräch zu Ende war, weiß ich nicht. Aber ich
bin sicher, daß sein Steak inzwischen kalt geworden war.
Zweiundzwanzigstes
Kapitel
A ls ich mit Dr. Bosworth die Eingangshalle
des ›Royal Palm Hotels‹ durchquerte, sah ich sie, die beiden
uniformierten Polizeibeamten, die Perigord als Wachen aufgestellt
hatte. Einer stand vor den Aufzügen, der andere am Fuß des
Treppenhauses. Ich ging zur Rezeption.
»Ist Kommissar Perigord im Hause?«
»Ja, im Büro des Managers.«
Ich bat Dr. Bosworth, mir zu folgen. Wir traten ein. Perigord
telefonierte. Er trug Zivil. Walker saß neben ihm und hörte ihm zu.
»Ich bin ganz Ihrer Meinung«, sagte Perigord in die Muschel.
»Ich werde das nachprüfen lassen. Dann bleibt es also dabei. Morgen bei
mir.« Er schaute auf. »Er ist gerade eingetroffen, er wird's mir in
allen Einzelheiten erzählen. Also gut, bis morgen. Wiederhören!« Er
legte auf. »Da sind Sie ja, Mr. Mangan. Ich möchte, daß Sie mir einiges
erklären …«
Ich fiel ihm ins Wort. »Erst einmal geben Sie Anweisung, daß
die beiden Polizisten aus der Eingangshalle verschwinden! Die werden
Carrasco verscheuchen, wenn er nicht längst über alle Berge ist.«
Er machte keine Anstalten, meine Weisung zu befolgen. Statt
dessen lehnte er sich mit den Ellbogen auf den Schreibtisch und
betrachtete mich, als sei ich eine alte Dame, die ihn mit einer
Verlustmeldung für ihren Spaniel nervte.
»Wenn man Ihren Worten glauben kann, Mr. Mangan, dann ist
Carrasco der Volksfeind Nummer eins
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