Bahama-Krise
ausgeschlafen sein«, sagte er. »Ich werde nur noch die
amerikanische Küstenwache anfunken. Während der Nacht wird ein Mann vom
Verein hier die Stellung halten.«
Ich fuhr nach Hause. Bevor ich zu Bett ging,
kam es noch zu einem kurzen Wortwechsel mit Billy. »Ich bleibe am
Telefon«, sagte er. »Das mache ich selbst«, widersprach ich. »Nein«,
beharrte er. »Du mußt dich ausschlafen. Wenn irgendein Anruf kommt,
wecke ich dich.« Er ging in die Küche und kam mit einem Glas heißer
Milch zurück, in die er einen Spritzer Brandy goß. Nachdem ich das Glas
getrunken hatte, sagte er mir, daß er Luke, den Hausdiener, aufgeweckt
und um eine Schlaftablette gebeten hatte. Die Tablette war in der Milch
aufgelöst gewesen.
Es war fünf, als Billy mich weckte. Ich war noch ganz
benommen. Ein paar Sekunden lang grübelte ich darüber nach, was Billy
wohl in meinem Schlafzimmer zu suchen hatte. Dann fiel es mir
siedendheiß ein. »Irgendwelche Neuigkeiten?« fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Nur ein Anruf von der BASRA. Die
amerikanische Küstenwacht hat zugesagt, daß sie ein paar
Suchhubschrauber starten lassen, sobald es hell genug ist.«
Ich stand auf und machte mich mit ein paar Spritzern Wasser
frisch. Im Wohnzimmer fand ich Debbie. Billy hatte sie angerufen und
gebeten, ins Haus hinüberzukommen. Keiner von uns sprach viel. Es gab
wenig zu sagen. Debbie bestand nur darauf, daß sie im Haus bleiben
würde, um auf Karen zu achten. Der Hausdiener hatte unterdes ein
kleines Frühstück zubereitet. Hastig stürzte ich eine Tasse Kaffee
hinunter, dann brauste ich zum Flugplatz.
Joe Kimble von der BASRA war bereits da, er erwartete mich im
Büro der Lucayan Beach Air Services. Zusammen mit meinem Chefpiloten
Bobby Bowen, Bill Pinder, einem weiteren Piloten unserer Holding und
drei Piloten der BASRA stand er vor den Seekarten, die an die Wand
gepinnt waren. »Wir müssen uns während des Fluges mit der
amerikanischen Küstenwacht abstimmen«, sagte Kimble. »Es ist sehr
wichtig, daß jeder von uns in den Planquadraten bleibt, die
abgesprochen sind. Achtet gut auf eure Höhe, und habt ein scharfes Auge
auf die Hubschrauber. Ein Zusammenstoß in der Luft ist das letzte, was
wir jetzt brauchen können.«
Wir gingen auf das Flugfeld hinaus. Als die ersten Vorboten
der Morgendämmerung den Horizont röteten, starteten wir. Ich saß mit
Bobby Bowen in der gleichen Maschine. Er ging auf Kurs nach Westen.
Schnell gewann die Maschine an Höhe. Und dann ging in schmerzlicher
Schönheit die Sonne auf.
Die ›Lucayan Girl‹, die wir suchten, ist ein Bootstyp, den die
Amerikaner ›Trawler‹ nennen. Dieser Bootstyp entstand, als die Ölkrise
die Konstrukteure zur Beachtung ganz bestimmter Konstruktionsmerkmale
zwang. Das Boot, das dabei herauskam, ist nicht besonders schnell, aber
es hat eine recht gute Reichweite. Der Treibstoffverbrauch ist gering,
das Boot liegt ganz ordentlich in der See. Trawler dieser Art werden
von einer ganzen Reihe von Werften hergestellt, sie ähneln sich wie ein
Ei dem anderen. Und da lag unser Problem. Zwischen den Bahamas und den
Vereinigten Staaten fahren recht viele von diesen Booten herum. Man muß
schon nah heranfliegen, um festzustellen, ob es das Boot ist, das man
sucht.
Es gibt nicht viele Leute, die bereits am frühen Morgen auf
hoher See unterwegs sind. Trotzdem waren wir erst zwanzig Meilen
geflogen, als wir auf den ersten Trawler stießen. Gemäß der Absprache
mit der amerikanischen Küstenwacht flogen wir in einer Höhe von 830
Metern. Um das Boot unten zu identifizieren, ging Bobby Bowen auf 330
Meter herunter, wobei er die Höhenänderung per Funk an die
amerikanischen Kollegen durchgab. Ich sah mir das Boot durch das
Fernglas an und schüttelte den Kopf.
Bowen ging wieder auf Höhe.
Und so ging es weiter. Wir stießen auf sechs Boote, deren Typ
und Größe der ›Lucayan Girl‹ entsprach. Jedesmal die gleiche
Enttäuschung. Wie ich dem Geplapper in den Kopfhörern entnahm, hatten
die anderen Suchflugzeuge auch nicht mehr Glück als wir. Die Sicht zu
Beginn war gut gewesen. Nachdem die Sonne aufging, bildeten sich die
ersten Wolken. Und dann kam der Moment, wo Bowen auf den
Kraftstoffanzeiger tippte und sagte: »Wir müssen jetzt zurück.«
Wir flogen also nach Grand Bahama zurück. Als wir landeten,
spuckte der Motor, so knapp war der Treibstoff, der im Tank verblieb.
Die anderen waren schon am Boden. Keiner hatte eine Spur von der ›Girl‹
gesehen, auch die
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